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George, Elizabeth

George, Elizabeth

Titel: George, Elizabeth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wer dem Tod geweiht
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betrachten, schritt sie durch das hohe
Gras zu einer Steinbank ohne Rückenlehne. Wenn sie sich umdrehte, um sich auf
die Bank zu setzen, würde er in ihr Blickfeld geraten, deshalb machte er einen
Satz zum Rand der Lichtung, wo ein von grünen Flechten bedeckter Engel ein
riesiges Kreuz umfasst hielt. Hinter diesem Engel versteckte er sich gerade
rechtzeitig, ehe sie auf der Bank Platz nahm. Sie öffnete ihre Handtasche und
nahm ein Buch heraus, sicherlich nicht den Stadtplan, denn inzwischen würde sie
ja wissen, wo sie sich befand. Wahrscheinlich handelte es sich um einen Roman
oder einen Gedichtband oder ein Gebetbuch. Sie begann zu lesen, und schon kurz
darauf sah er, dass sie in ihre Lektüre vertieft war. Leichtsinnig, dachte er. Sie ruft nach Remie!, sagten die Stimmen. Sie
übertönten das Cello und die Geigen. Wie gelang es ihnen nur, so laut zu rufen?
    Sie braucht einen Beschützer,
sagte er sich, von den Stimmen alarmiert. Sie sollte auf der Hut sein.
    Und da sie das nicht war,
würde er über sie wachen. Dies und nichts anderes war die Pflicht, die er
übernahm.
     
    3
     
    Sie hieß Gina Dickens, erfuhr
Meredith, und anscheinend war sie Gordon Jossies neue Lebensgefährtin, auch
wenn sie sich selbst nicht als solche bezeichnete. Sie sagte nicht neu, weil sie, wie sich
herausstellte, nichts von einer ehemaligen Lebensgefährtin wusste oder wie auch immer man Jemima
Hastings titulieren wollte. Sie benutzte auch nicht das Wort Lebensgefährtin, da sie eigentlich nicht mit
Gordon Jossie zusammenlebte. Sie mache sich jedoch Hoffnungen, fügte sie
lächelnd hinzu. Sie halte sich inzwischen tatsächlich häufiger auf dem Hof auf
als in ihrem Pensionszimmer über dem Mad Hatter Tea Rooms, vertraute sie Meredith an. Die
Teestube lag an der Lyndhurst High Street, wo es vom frühen Morgen bis zum
späten Nachmittag unerträglich laut sei. Wenn sie es sich recht überlege, gehe
der Lärm bis in die späten Abendstunden weiter; immerhin sei Sommer, und in der
Straße gebe es mehrere Hotels, einen Pub, Restaurants ... und bei all den
Urlaubern um diese Jahreszeit... Sie könne von Glück reden, wenn sie vier
Stunden Schlaf bekam, wenn sie dort übernachtete. Was sie, ehrlich gesagt, zu
vermeiden suche.
    Sie waren ins Haus gegangen.
Meredith stellte schnell fest, dass sämtliche Spuren von Jemimas Anwesenheit
getilgt waren, zumindest in der Küche. Weiter kam Meredith nicht, und weiter
wollte sie auch nicht vordringen. In ihrem Kopf schrillten Alarmglocken, ihre
Handflächen wurden feucht, und Schweiß lief ihr am Körper hinunter. Das war
einerseits der unerträglichen Hitze geschuldet, vor allem aber der Tatsache,
dass hier einfach überhaupt nichts stimmte.
    Bereits draußen hatte Meredith
einen extrem trockenen Mund bekommen. Als hätte sie dies geahnt, hatte Gina sie
ins Haus eingeladen, ihr einen Platz an dem alten Eichentisch angeboten und
aus dem Kühlschrank Designerwasser in einer eiskalten Flasche geholt - etwas,
wofür Jemima nur Verachtung übrig gehabt hätte.
    Sie füllte zwei Gläser und
sagte: »Sie sehen aus, als wären Sie... Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll.«

»Heute ist unser Geburtstag«,
stotterte Meredith.
    »Ihrer und Jemimas? Wer ist
sie?«
    Meredith konnte nicht glauben,
dass Gina Dickens nichts über Jemima wusste. Wie konnte jemand so lange mit
einer Frau zusammenleben wie Gordon und seiner nächsten Geliebten jede
Information über die Existenz seiner Exfreundin vorenthalten? War Gina
überhaupt seine nächste Geliebte? War sie gar eine von vielen? Und wo waren
dann die anderen? Wo war Jemima? Meredith hatte von Anfang an das Gefühl
gehabt, dass man Gordon Jossie nicht über den Weg trauen durfte.
    »... in Boldre Gardens«, sagte
Gina gerade. »In der Nähe von Minstead. Kennen Sie das? Er arbeitete dort
gerade an einem Dach, und ich hatte mich verlaufen. Ich hatte zwar einen Plan
von der Gegend, aber das nützt bei mir überhaupt nichts. Ich habe einfach
keinen Orientierungssinn. Norden, Westen, was weiß ich. Das sagt mir alles
überhaupt nichts.«
    Meredith bemühte sich
zuzuhören. Gina erzählte ihr, wie sie und Gordon Jossie sich kennengelernt
hatten, aber das interessierte sie nicht. Sie wollte etwas über Jemima
Hastings wissen. »Hat er Jemima denn nie erwähnt?«, unterbrach sie Gina. »Oder
die Cupcake
Queen? Den
Laden in Ringwood, wo sie ihre Törtchen verkauft hat?«
    »Törtchen?«
    »Ihre Spezialität. Anfangs hat
sie sie hier gebacken und von hier aus verkauft,

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