George, Elizabeth
Little
Chef - das
Wichtigste zuerst, lautete ihre Devise, und das Wichtigste war im Moment eine
ordentliche Mahlzeit, damit sie den Tag überstand -, als »Peggy Sue« in ihrer
Umhängetasche erklang. Sie kramte das Handy hervor und warf einen Blick aufs
Display. Es war DI Lynley. Sie nahm den Anruf entgegen, während sie
hoffnungsfroh in Richtung Essen und Klimaanlage marschierte.
»Wo sind Sie, Sergeant?«,
fragte Lynley ohne Umschweife.
Sein Tonfall verriet ihr, dass
jemand sie verpfiffen hatte, und das konnte nur Winston Nkata gewesen sein,
denn niemand anderer wusste, was sie vorhatte. Und Winnie befolgte Anweisungen
absolut gewissenhaft, unabhängig davon, wie bescheuert sie waren. Tatsächlich
befolgte Winnie sogar Nicht-Anweisungen. Er nahm Anweisungen vorweg, verdammt
noch mal.
»Ich stehe kurz davor, mir ein
kalorienhaltiges Essen aus der Fritteuse einzuverleiben, und es ist mir im
Moment egal, wie gesund das ist. Ausgehungert beschreibt meinen Zustand noch
nicht einmal ansatzweise, falls Sie verstehen, was ich meine. Wo sind Sie?«
»Havers«, sagte Lynley, »Sie
haben meine Frage nicht beantwortet. Bitte tun Sie das.«
Sie seufzte. »Ich bin in einem Little
Chef, Sir.«
»Aha. Die Adresse für gesunde Ernährung.
Und wo befindet sich die spezielle Filiale dieses vornehmen Etablissements?«
»Hm, lassen Sie mich überlegen...«
Sie dachte nach, wie sie die Information beschönigen konnte, aber sie wusste
auch, dass es zwecklos war, sich auf Verschleierungsmanöver zu verlegen. Also
sagte sie schließlich: »An der M3.«
»Und wo an der M3, Sergeant?«
Widerstrebend nannte sie ihm
die Raststätte.
»Weiß Superintendent Ardery,
wohin Sie unterwegs sind?«
Sie gab keine Antwort. Sie
wusste, dass es eine rhetorische Frage war. Sie wartete ab, was als Nächstes
kam.
»Barbara, kann es sein, dass
Sie Ihren beruflichen Selbstmord planen?«, fragte Lynley höflich. »Ich hab sie
angerufen.«
»Aha.«
»Ich hab nur ihre Mailbox
erreicht. Ich hab ihr gesagt, dass ich eine Spur verfolge. Was hätte ich denn
sonst tun sollen?«
»Vielleicht ihre Anweisungen
befolgen? In London?«
»Was soll ich in
London? Hören
Sie, Sir, hat Winnie Ihnen von diesem Haken erzählt? Das ist ein
Dachdeckerwerkzeug und heißt...«
»Er hat mir tatsächlich davon
erzählt. Und was genau beabsichtigen Sie, in Hampshire zu tun?«
»Das ist doch klar wie
Kloßbrühe: Jossie hat Dachdeckerwerkzeug. Ringo Heath hat Dachdeckerwerkzeug.
Rob Hastings hat wahrscheinlich früher Dachdeckerwerkzeug hergestellt, das vermutlich
noch in seiner Scheune herumliegt. Dann ist da dieser Typ, der bei Jossie
arbeitet, Cliff Coward, der Zugang zu Dachdeckerwerkzeug hat. Und dann haben
wir's außerdem noch mit diesem Polizeichef zu tun, diesem Whiting, mit dem
irgendetwas faul ist, nur für den Fall, dass Sie mir nahelegen wollen, ich
soll in Lyndhurst anrufen und ihm von dem Reetnagel berichten. Ich habe
übrigens einen Maulwurf beim Innenministerium aufgetan, der Whiting auf den
Zahn fühlen soll.«
Das ist mehr, als Sie bisher
herausgefunden haben, hätte sie am liebsten hinzugefügt, ließ es aber bleiben.
Falls sie erwartet hatte,
Lynley ließe sich von den rasanten Fortschritten beeindrucken, die sie erzielt
hatte, während er in London herumgegondelt war, um zu befolgen, was immer Isabelle
Ardery von ihm verlangte, wurde sie eines Besseren belehrt. »Barbara, ich
möchte, dass Sie bleiben, wo Sie sind«, sagte er.
»Wie bitte?«, antwortete sie. »Sir, hören Sie mir
zu...«
»Sie können die Dinge nicht...«
»Selbst in die Hand nehmen?
Das wollen Sie doch sagen, stimmt's? Also, das müsste ich auch nicht, wenn
Superintendent Ardery - besser gesagt: Acting Superintendent Ardery - nicht mit Scheuklappen
rumlaufen würde. Sie liegt absolut falsch mit diesem Japaner, und das wissen
Sie genau.«
»Und sie weiß es mittlerweile
auch.« Er berichtete ihr, was Ardery bei ihrer Befragung von Yukio Matsumoto in
Erfahrung gebracht hatte.
»Zwei Männer waren mit ihr auf dem
Friedhof? Außer Matsumoto? Ja, verdammt noch mal, Sir, sehen Sie denn nicht,
dass einer davon aus Hampshire gekommen sein könnte? Und vielleicht sogar
beide?«
»In diesem letzten Punkt bin
ich Ihrer Meinung«, sagte Lynley. »Aber Sie haben nur einen Teil des Puzzles
im Ärmel, und Sie wissen so gut wie ich, dass Sie, wenn Sie diesen Joker zu
früh in den Ring schicken, das Spiel verloren haben.«
Barbara musste lachen. »Ist
Ihnen eigentlich klar, wie viele
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