George, Elizabeth
James
Dugues Computerbildschirm gesehen hatte. Lynley betrachtete ihn in der
Hoffnung, die Münze könnte ihm irgendetwas über Jemima Hastings sagen, die eine
solche vermutlich irgendwann besessen hatte. Wenn, wie Honor Robayo so blumig
formuliert hatte, eine Münze noch keinen Schatz ausmachte, dann bestand
durchaus die Möglichkeit, dass Jemima sie lediglich als Erinnerungsstück oder
als Glücksbringer aufbewahrt hatte und dass sie in Erwägung gezogen hatte, das
Kleinod zu verkaufen, als sie nach London gezogen war und Geld brauchte. Dann
hatte sie sich als Erstes nach dem Wert der Münze erkundigt. Das war absolut
vernünftig. Aber ein Teil dessen, was sie dem Münzhändler erzählt hatte, war
eine glatte Lüge gewesen: Ihr Vater war nicht vor Kurzem gestorben. Aus Havers'
Bericht wusste Lynley, dass Jemimas Vater schon seit Jahren tot war. Spielte
diese Lüge eine Rolle? Lynley wusste es nicht. Er musste unbedingt mit Havers
reden.
Er wandte sich von der Vitrine
mit dem Aureus ab und bedankte sich bei Honor Robayo dafür, dass sie ihm ihre
Zeit geopfert hatte. Offenbar hatte sie den Eindruck, ihn irgendwie enttäuscht
zu haben, denn sie entschuldigte sich bei ihm und sagte: »Tja. Wie auch
immer... Ich hätte mir gewünscht, dass ich irgendetwas für Sie hätte tun
können. Konnte ich Ihnen überhaupt weiterhelfen?«
Wieder wusste er es nicht so
recht. Sicherlich besaß er jetzt mehr Informationen als vorher. Aber in Bezug
auf die Frage, warum Jemima Hastings ermordet worden war...
Er runzelte die Stirn.
Plötzlich erregte der Thetford-Schatz seine Aufmerksamkeit. Diese Vitrine
hatten sie sich bisher nicht näher angesehen. Sie enthielt keine Münzen, sondern
Tafelbesteck und Schmuck. Das Erstere bestand hauptsächlich aus Silber. Das
Letztere war aus Gold. Er trat näher heran.
Es war der Schmuck, der ihn
interessierte. Ringe, Schnallen, Anhänger, Armbänder und Halsketten. Die Römer
hatten es verstanden, sich zu schmücken: mit Edelsteinen und Halbedelsteinen.
In die größeren Stücke, darunter einige Ringe, waren Granate, Amethyste und
Smaragde eingearbeitet. Und dann gab es noch einen besonderen Stein von
rötlicher Farbe. Lynley erkannte ihn sofort als Karneol. Aber was ihm vor
allem auffiel, war die Art und Weise, wie der Stein gestaltet war: Laut
Beschreibung waren auf dem Stein Venus, Amor und die Waffen des Mars
dargestellt. Und er war nahezu identisch mit dem Stein, der bei Jemimas Leiche
gefunden worden war.
Lynley drehte sich zu Honor
Robayo um. Sie hob die Brauen, als wollte sie sagen: Was gibt's?
»Nicht zwei Münzen«, sagte er,
»sondern eine Münze und ein Edelstein. Ist das schon ein Schatz, der gemeldet
werden müsste, wie Sie eben erwähnten?«
»Ob das unter das Gesetz
fällt?« Sie kratzte sich den Kopf, während sie überlegte. »Man könnte es so
sehen. Aber man könnte genauso gut argumentieren, dass jemand, der zufällig
zwei Objekte findet - die oberflächlich betrachtet nicht miteinander in
Verbindung stehen -, diese reinigt, zur Seite legt und gar nicht auf die Idee
kommt, dass man den Fund melden muss. Ich meine, wie viele Leute kennen dieses
Gesetz überhaupt? Wenn jemand einen Schatz wie den Hoxne-Hort findet, dann
wird er sicherlich herumfragen und sich erkundigen, wie er damit verfahren
soll. Aber wenn jemand eine einzelne Münze und einen Stein findet - die
wahrscheinlich beide erst einmal gründlich gereinigt werden müssen -, warum
sollte der deswegen gleich zum Telefon greifen? Es ist ja nicht so, dass den
Fernsehzuschauern einmal pro Woche mitgeteilt wird, sie müssten in dem
unwahrscheinlichen Fall, dass sie beim Tulpenpflanzen auf einen Schatz stoßen,
den Coroner rufen. Abgesehen davon denken die Leute bei einem Coroner eher an
den Tod als an einen Schatz.«
»Aber laut Gesetz bilden zwei
Fundstücke schon einen Schatz, richtig?«
»Hm... ja. Das ist richtig.«
Es war reichlich wenig, dachte
Lynley, und Honor Robayo hätte seine Annahme ruhig mit ein bisschen mehr
Nachdruck bestätigen können. Aber immerhin war es etwas. Wenn schon keine
Fackel, dann wenigstens ein Streichholz, und er wusste auch, dass ein
Streichholz immer noch besser war als nichts, wenn man im Dunkeln tappte.
Barbara Havers hatte an der
Raststätte gehalten, weil sowohl ihr Wagen als auch sie selbst Energienachschub
brauchten. Ihr Handy klingelte. Normalerweise hätte sie es tapfer ignoriert.
Aber sie hatte gerade den Wagen in einer Parkbucht abgestellt und war auf dem
Weg ins
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