George, Elizabeth
Wagen entfernt, wie es seine Pflicht war?
Er wusste es nicht.
Aber eines wusste er genau. Er
musste die Waffe unbedingt finden.
Meredith Powell stand vor ihrem
Chef, aber sie konnte ihm nicht in die Augen sehen. Er war im Recht, sie war im
Unrecht, daran ließ sich nicht rütteln. Sie war aus dem Tritt geraten. Sie war
extrem unkonzentriert. Sie hatte sich unter den fadenscheinigsten Vorwänden
von ihrem Arbeitsplatz entfernt. Das alles ließ sich nicht leugnen, also blieb
ihr nichts anderes übrig als zu nicken. Noch nie hatte sie sich derart
gedemütigt gefühlt, selbst nicht in den schlimmsten Momenten vor all den Jahren
in London, als sie sich hatte eingestehen müssen, dass der Mann, dem sie ihre
Liebe geschenkt hatte, nicht mehr gewesen war als ein bedeutungsloses Objekt
ihrer weiblichen Fantasie, genährt von Filmschnulzen, Liebesromanen und
geschickter Werbung.
»Also, das muss sich ändern«,
sagte Mr. Hudson abschließend. »Können Sie mir das garantieren, Meredith?«
Ja, natürlich könne sie das.
Das war es, was er hören wollte, also sagte sie es. Sie fügte hinzu, dass ihre
beste und älteste Freundin vor Kurzem in London ermordet worden sei, und das
beschäftige sie ungemein, aber sie werde sich zusammenreißen.
»Ja, ja, tut mir ja auch
leid«, sagte Mr. Hudson unwirsch, so als wüsste er längst genau Bescheid über
die Umstände von Jemimas Tod, was wahrscheinlich sogar den Tatsachen
entsprach. »Das ist sicherlich tragisch. Aber für uns andere geht das Leben
weiter, und das tut es bestimmt nicht, wenn wir um uns herum alle Wände
einstürzen lassen, nicht wahr?«
Nein, nein, natürlich nicht.
Er habe ja recht. Es tue ihr wirklich leid, dass sie sich nicht mehr für Gerber & Hudson eingesetzt habe, aber damit
werde sie gleich am nächsten Tag wieder beginnen. Es sei denn, Mr. Hudson
wolle, dass sie bis zum Abend bleibe, um die verlorene Zeit aufzuarbeiten, was
sie na türlich
tun werde, allerdings habe sie eine fünfjährige Tochter zu Hause...
»Das wird nicht notwendig
sein.« Mr. Hudson war dabei, sich mit einem Brieföffner den Dreck unter den
Fingernägeln zu entfernen, was er so emsig betrieb, dass Meredith hätte kotzen
können. »Hauptsache, ich sehe die alte Meredith morgen wieder hier an ihrem
Schreibtisch.«
Das werde er, auf jeden Fall
werde er das, gelobte Meredith. »Danke, Mr. Hudson. Ich weiß Ihr Vertrauen in
mich wirklich sehr zu schätzen.«
Er entließ sie, und sie kehrte
an ihren Arbeitsplatz zurück. Sie hatte Feierabend, eigentlich könnte sie also
nach Hause gehen. Aber unmittelbar nach Mr. Hudsons Verweis zu verschwinden,
würde nicht gut aussehen, ganz gleichgültig, wie er das Gespräch beendet hatte.
Sie sollte auf jeden Fall mindestens eine Stunde länger als üblich bleiben und
sich in das vertiefen, was von ihr erwartet wurde.
Was das war, daran konnte sie
sich allerdings nicht mehr erinnern. Und natürlich war das exakt der Grund von
Mr. Hudsons Rüge gewesen.
Auf ihrem Schreibtisch hatte
sich ein Stapel Telefonnotizen angesammelt, den sie in der Hoffnung auf
irgendeinen Hinweis durchblätterte. Es gab sicherlich Namen und auch gezielte
Fragen, und bestimmt konnte sie bei irgendetwas anfangen, denn wenn man von
den telefonischen Anfragen ausging, wollten die Leute hauptsächlich wissen, wie
weit das Design für dies und jenes gediehen sei. Aber sie war nicht mit dem
Herzen dabei, und ihr Kopf wollte absolut nicht kooperieren. Sie kam zu dem
Schluss, dass sie weit Wichtigeres zu tun hatte, als sich über irgendein
Farbschema den Kopf zu zerbrechen, das sie einem Buchladen für seine
Werbeplakate für einen neuen Lesezirkel empfehlen konnte.
Sie legte die Nachrichten
beiseite. Sie nutzte die Zeit, um ihren Schreibtisch aufzuräumen. Sie gab sich
Mühe, geschäftig zu erscheinen, als ihre Kollegen sich verabschiedeten und in den Spätnachmittag
entschwanden, aber die ganze Zeit über waren ihre Gedanken wie ein Schwarm
Vögel, die um Essensreste kreisten, sich kurz irgendwo niederließen und wieder
aufflogen. Statt um etwas Fressbares kreiste der Vogelschwarm jedoch um Gina
Dickens, nur um festzustellen, dass es einfach zu viele Landeplätze gab, von
denen allerdings keiner sicheren Halt oder Schutz vor Feinden bot.
Aber wie sollte es auch anders
sein?, fragte sich Meredith. Bei allem, was irgendwie mit Gina zu tun hatte,
war Meredith von Anfang an getäuscht worden.
Sie rief sich alle Begegnungen
mit der Frau in Erinnerung, und je länger sie
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