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George, Elizabeth

George, Elizabeth

Titel: George, Elizabeth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wer dem Tod geweiht
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verriegelt, also durchsuchte sie ihn von vorne bis
hinten, sah unter den Sitzen und im Handschuhfach nach, fand aber nichts von
Interesse.
    Der Figaro stand am hinteren
Ende der Scheune, sodass vorn ausreichend Platz für andere Dinge war. Dort
standen eine ganze Menge unverschlossener Kisten, die mit Gordon Jossies Arbeit
zu tun haben müssten. Die nahm sie sich als Nächstes vor.
    Reetnägel ohne Ende, was
Barbara nicht wunderte, da sie das wichtigste Handwerkszeug eines
Reetdachdeckers darstellen. Man musste auch kein Experte sein, um sich ihren
jeweiligen Einsatzzweck vorstellen zu können. Das gebogene Ende war dafür da,
die Reetbunde zusammenzufassen und zu fixieren. Die Spitze wurde in die Balken
darunter geschlagen. Dass so ein Ding sich prima als Mordwaffe eignete, lag auf
der Hand. Das gebogene Ende diente in diesem Fall als Griff, mit der Spitze
machte man dem Opfer den Garaus.
    Interessant an Jossies
Reetnägeln war, dass sie nicht alle gleich aussahen. Drei Holzkisten, drei
verschiedene Sorten. Die Enden waren je nach Verwendungszweck unterschiedlich
gebogen, und jede Spitze war anders geformt. In einer Kiste waren die Spitzen
mit Kerben versehen. Die Spitzen in der nächsten Kiste waren vom Schmied
viermal gedreht und gehämmert worden, bevor der Nagel aus dem Feuer genommen
worden war. In der dritten Kiste waren die Spitzen glatter - wahrscheinlich
entstanden, indem das Eisen im geschmolzenen Zustand gedreht worden war. Das
Ergebnis war in allen Fällen dasselbe, aber die Herstellungsweise zeigte die
Handschrift des jeweiligen Schmieds. Für eine Stadtpflanze wie Barbara war die
Tatsache, dass solches Werkzeug in der heutigen Zeit noch von Hand gefertigt
wurde, äußerst erstaunlich. Es zu betrachten, kam einer Reise in die Ver gangenheit
gleich. Aber dasselbe galt ja eigentlich auch für den Anblick von Reetdächern.
    Sie musste
unbedingt Winston anrufen. Zu dieser Tageszeit hielt er sich wahrscheinlich
gerade im Besprechungsraum auf, und er könnte sich das Foto von der Mordwaffe
noch mal genauer ansehen und ihr sagen, wie die Spitze geformt war. Damit würde
man zwar niemandes Schuld an Jemimas Tod nachweisen können, aber zumindest
würden sie wissen, ob die Haken in Jossies Scheune irgendeine Ähnlichkeit mit
demjenigen aufwiesen, mit dem seine ehemalige Geliebte ermordet worden war.
    Sie ging
zum Scheunentor, um ihr Handy aus dem Wagen zu holen. In dem Moment hörte sie,
wie draußen ein Auto hielt. Eine Tür wurde zugeschlagen, ein Hund bellte.
Offenbar kam Gordon Jossie gerade von der Arbeit nach Hause. Er würde nicht
begeistert sein, wenn er feststellte, dass sie hier in seiner Scheune
herumstöberte.
    Damit lag
sie richtig. Jossie kam mit energischen Schritten auf sie zu, und trotz der
Baseballmütze, die sein Gesicht zum Teil verschattete, war nicht zu übersehen,
dass er alles andere als erfreut war.
    »Was zum
Teufel tun Sie hier?«
    »Sie haben
ja jede Menge Reetnagel da drin«, erwiderte sie. »Wo haben Sie die her?«
    »Was geht
Sie das an?«
    »Erstaunlich,
dass die immer noch von Hand gemacht werden. Das werden sie doch, oder? Ich
hätte erwartet, dass sie seit der industriellen Revolution in Fabriken
hergestellt würden. Kann man die nicht aus China bestellen? Oder aus Indien?
Irgendwer muss die doch massenhaft produzieren.«
    Der Golden
Retriever - als Wachhund ein hoffnungsloser Fall - hatte sie offenbar von ihrem
früheren Besuch wiedererkannt. Er sprang an ihr hoch und leckte ihr die Wange
ab. Barbara tätschelte seinen Kopf.
    »Tess!«,
sagte Jossie. »Schluss jetzt! Verschwinde!«
    »Schon in Ordnung«, sagte
Barbara. »Im Prinzip ziehe ich Männer vor, aber in der Not tut's auch ein
Hund.«
    »Sie haben meine Frage nicht
beantwortet«, sagte Jossie.
    »Dann sind wir ja quitt. Sie
haben meine auch nicht beantwortet. Warum werden die Nägel von Hand gemacht?«
    »Weil die anderen Schrott
sind, und ich arbeite nicht mit Schrott. Ich bin stolz auf meine Arbeit.«
    »Da sind wir uns ähnlich.«
    Er fand das nicht witzig. »Was
wollen Sie?«
    »Von wem bekommen Sie sie? Von
jemandem hier aus der Gegend?«
    »Einer ist hier in der Gegend.
Die anderen kommen aus Cornwall und Norfolk. Man braucht mehr als einen
Lieferanten.«
    »Warum?«
    »Liegt doch auf der Hand. Man
braucht Unmengen davon für ein Dach, und sie dürfen einem während der Arbeit
nicht ausgehen. Können Sie mir vielleicht erklären, warum wir über Reetnagel
reden?«
    »Ich denke darüber nach, den
Beruf zu

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