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George, Elizabeth

George, Elizabeth

Titel: George, Elizabeth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wer dem Tod geweiht
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dass sie die Wahrheit sagte.
Aber als DS Havers anrief und fragte, warum Gina nicht bei ihr im Hotel in Sway
erschienen war, begriff er, dass dies reines Wunschdenken gewesen war und
nichts mit der Wirklichkeit zu tun hatte. Welch passende Beschreibung seines
gesamten Erwachsenenlebens, dachte er verbittert. Es hatte zumindest zwei
Jahre in seinem Leben gegeben - die Jahre mit Jemima -, in denen er sich eine
Zukunft zurechtfantasiert hatte. Es hatte so ausgesehen, als hätte die Fantasie
Wirklichkeit werden können - wegen Jemima, weil sie ihn gebraucht hatte. Sie
hatte ihn gebraucht, wie eine Pflanze guten Boden und ausreichend Wasser
brauchte, und er hatte geglaubt, dass diese Bedürftigkeit die simple Tatsache,
einen Mann in ihrem Leben zu haben, wichtiger erscheinen ließ als die Frage,
wer dieser Mann war. Und sie schien genau die Frau gewesen zu sein, die er gesucht
hatte, auch wenn er in Wirklichkeit gar nicht gesucht hatte. Es wäre sinnlos
gewesen zu suchen, weil die Welt, die er um sich herum aufgebaut hatte - oder
besser gesagt, die Welt, die für ihn errichtet worden war -, ihm jederzeit um
die Ohren fliegen konnte. Und dann war sie plötzlich da gewesen am Longslade
Bottom mit ihrem Bruder und dessen Hund. Er war mit Tess dort gewesen. Sie
hatte den ersten Schritt gemacht, wie man so sagte. Eine Einladung zu ihrem
Bruder nach Hause, wo auch sie selbst lebte, eine Einladung auf einen Drink an
einem Sonntagnachmittag, obwohl er keinen Alkohol trank und nie einen Drink
riskieren konnte und wollte.
    Er war hingegangen wegen ihrer
Augen. Jetzt kam es ihm lächerlich vor, dass er deswegen nach Burley gefahren
war, um sie wiederzusehen, aber so war es gewesen. Er hatte noch nie jemanden
mit zwei verschiedenfarbigen Augen gesehen, und es gefiel ihm, in diese Augen
zu schauen, das hatte er sich zumindest eingeredet. Also war er hingefahren.
Und der Rest... Welche Rolle spielte es noch? Der Rest hatte ihn dorthin
gebracht, wo er jetzt war.
    Ihr Haar war länger gewesen,
als er sie, Monate nachdem sie ihn verlassen hatte, in London wiedergesehen
hatte. Es schien auch eine Spur heller gewesen zu sein, aber seine Erinnerung
konnte ihm auch einen Streich gespielt haben. Ansonsten war sie ganz die Alte
gewesen.
    Er hatte erst gar nicht
verstanden, warum sie für ihr Treffen ausgerechnet den Friedhof in Stoke
Newington ausgesucht hatte, aber als er den Ort gesehen hatte mit seinen
gewundenen Pfaden, zerfallenen Monumenten und der wuchernden Vegetation, war
ihm klar geworden, dass ihre Wahl damit zu tun hatte, dass sie nicht mit ihm
gesehen werden wollte. Allein das hätte ihn in Bezug auf ihre Absichten
beruhigen können, aber er hatte es aus ihrem Mund hören wollen. Außerdem hatte
er die Münze und den Stein zurückhaben wollen. Und zwar unbedingt. Denn wenn
sie sie behielt, konnte sie Gott weiß was damit anstellen.
    Sie hatte gefragt: »Und wie
hast du mich gefunden? Ich weiß von den Postkarten. Aber wie... Wer...«
    Er hatte geantwortet, dass er
nicht wisse, wer ihn angerufen habe, nur dass es ein Mann gewesen sei, der ihm
von dem Zigarrenladen in Covent Garden erzählt habe.
    Sie sagte: »Ein Mann«, mehr zu
sich selbst. Sie schien in Gedanken die verschiedenen Möglichkeiten
durchzugehen. Es gab sicherlich viele. Jemima hatte nie viele Freundinnen
gehabt, sondern hatte immer Männer gesucht, Männer, die sie auf irgendeine
Weise ergänzt hatten, wie sie es bei Frauen nicht fand. Er fragte sich, ob das
womöglich der Grund war, warum Jemima jetzt tot war. Vielleicht hatte ein Mann
ihre Bedürftigkeit missverstanden und etwas von ihr gewollt, das weit über das
hinausgegangen war, was sie von ihm wollte. Das würde auf eine Weise den Anruf
erklären, den er erhalten hatte - den man als Verrat betrachten konnte. Wie du
mir, so ich dir. Du tust nicht, was ich will, also liefere ich dich aus an...
nun, an wen auch immer, der nach dir sucht, weil es mir egal ist, wer es ist,
weil ich nur will, dass es dir genauso dreckig geht wie mir.
    »Hast du es irgendwem
erzählt?«
    »Deshalb suchst du mich also?«
    »Jemima, hast du es jemandem
erzählt?«
    »Glaubst du wirklich, ich
möchte, dass jemand davon erfährt?«
    Er verstand, was sie meinte,
auch wenn es sich eher anfühlte wie eine Verletzung und nicht wie eine Antwort
auf seine Frage. Aber etwas an der Art, wie sie es gesagt hatte, weckte sein
Misstrauen. Er kannte sie zu gut.
    »Hast du einen Neuen?«, fragte
er sie unvermittelt, nicht weil er es wirklich wissen

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