George, Elizabeth
Meredith Powells Halsschlagader bohren, genau so, wie
ein anderer Nagel sich auf dem Friedhof im Abney Park in Jemimas Schlagader gebohrt
hatte.
Jetzt
Verstärkung zu rufen, wäre vollkommen sinnlos, erkannte Barbara. Bis die
Kollegen aus Lyndhurst einträfen, wäre Meredith Powell längst schwer verletzt
oder tot. Wenn sie das verhindern wollte, würde sie sich selbst etwas einfallen
lassen müssen.
Er nannte
sie George. Das soll der Name einer Frau sein?, dachte Meredith, bis sie
begriff, dass es die Kurzform für Georgina war. Gina nannte ihn Frazer. Und sie
war nicht sonderlich erfreut, ihn zu sehen.
Sie hatten
Gina offenbar bei einem Anfall von gärtnerischer Arbeitswut auf der Koppel
gestört, wo Gordon für gewöhnlich Ponys hielt, wenn sie besonderer Pflege
bedurften. Sie hatte in der hinteren Ecke der Koppel eine Menge Unkraut und Gestrüpp
abgeschnitten und ausgerissen und einen alten Steintrog freigelegt, der dort
wahrscheinlich schon seit zweihundert Jahren stand.
Sie hatte
gerufen: »Was zum Teufel willst du...«, den Satz jedoch abgebrochen, als sie
sich umgedreht und Meredith erblickt hatte, die offensichtlich unfreiwillig in
ihre Richtung geschoben wurde. Dann fügte sie hinzu: »Scheiße, Fraze. Was soll
das?«
Worauf er
antwortete: »Überraschung!« Nach einem kurzen Blick zu Meredith sagte sie:
»Musstest du sie...«
»Ich konnte
sie ja schlecht dort lassen, oder?«
»Na, das
ist ja großartig. Was sollen wir denn in Gottes Namen mit ihr machen?« Sie
deutete auf ihr Gärtnerprojekt. »Es muss hier sein. Es gibt keine andere
Möglichkeit. Wir haben keine Zeit, uns noch mehr Probleme aufzuhalsen, als wir
sowieso schon haben.«
»Daran
lässt sich jetzt nichts mehr ändern.« Frazer klang gelassen. »Ich hab sie ja
schließlich nicht auf der Straße aufgelesen. Sie ist in dein Zimmer
eingebrochen. Wir müssen uns um sie kümmern, und basta. Und das machen wir am
besten hier.«
Um sie kümmern. Meredith
wurde ganz übel. Sie sagte: »Ihr wollt es Gordon in die Schuhe schieben,
stimmt's? Das habt ihr doch von Anfang an vorgehabt.«
»Siehst
du?«, sagte Frazer zu Gina. Seine Stimme hatte einen bedeutungsvollen Unterton.
Sie musste
keine Intelligenzbestie sein, um zu verstehen, was er meinte: Die blöde Kuh ist uns auf die
Schliche gekommen, und jetzt muss sie sterben. Sie würden
sie genauso töten, wie sie Jemima getötet hatten. Dann würden sie ihre Leiche
auf Gordons Grundstück vergraben. Vielleicht würde es einen Tag oder eine
Woche oder einen Monat oder auch ein ganzes Jahr dauern, bis man sie fand. Und
wenn man sie entdeckte, würde man Gordon für den Schuldigen halten, denn bis
dahin würden die beiden längst über alle Berge sein. Aber warum?, fragte sich
Meredith. »Warum?«
Ihr wurde
erst bewusst, dass sie die Frage laut ausgesprochen hatte, als Frazer seinen
Griff um ihre Taille verstärkte und sich die Spitze seiner Waffe in ihre Haut
bohrte. Sie spürte, wie die Haut platzte, sie fing an zu wimmern, und er sagte:
»Das ist nur ein Vorgeschmack«, und: »Halt gefälligst die Klappe.« Und dann zu
Gina: »Wir brauchen ein Grab.« Er stieß ein rohes Lachen aus. »Wo du schon mal
beim Buddeln bist. So schlägst du zwei Fliegen mit einer Klappe.«
»Hier auf
der Koppel?«, fragte Gina. »Das glaubt doch kein Schwein, dass er sie
ausgerechnet hier vergraben würde.«
»Wir können
uns leider den Luxus nicht leisten, uns darüber den Kopf zu zerbrechen,
Georgina. Los, fang schon an zu graben.«
»Wir haben
keine Zeit.«
»Wir haben
keine andere Wahl. Es muss ja nicht tief sein. Gerade so, dass die Leiche
reinpasst. Hol dir 'ne bessere Schaufel. In der Scheune ist bestimmt noch
eine.«
»Ich will
nicht mit ansehen, wie du...«
»Meinetwegen.
Mach einfach deine gottverdammten Augen zu, wenn es so weit ist. Jetzt hol
endlich die verfluchte Schaufel, und fang an zu graben, verdammt noch mal! Ich
kann sie nicht töten, solange wir kein Loch haben, wo sie ausbluten kann.«
Meredith
wimmerte. »Bitte. Ich hab eine kleine Tochter. Das könnt ihr doch nicht
machen.«
»Oh, da
irrst du dich aber gewaltig«, sagte Frazer.
Sie fuhren
schweigend weiter. Hin und wieder pfiff Whiting eine heitere Melodie vor sich
hin. Ab und zu gab Tess ein lang gezogenes Winseln von sich, für Gordon ein deutliches
Zeichen, dass seine Hündin genau spürte, dass etwas faul war.
Die Fahrt
von Fritham nach Sway dauerte nicht länger als normalerweise um diese
Tageszeit. Aber Gordon hatte das
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