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George, Elizabeth

George, Elizabeth

Titel: George, Elizabeth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wer dem Tod geweiht
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oder?«
    »Genauso, wie ich mit Paolo
befreundet bin. So wie ich mit Ihnen befreundet bin.«
    »Sicher«, sagte Bella. Sie
konnte nicht umhin, sich geschmeichelt zu fühlen, weil er sie beide als
Freunde bezeichnete. »Aber wenn man mit jemandem befreundet ist, lernt man ihn
besser kennen. Man erfährt, was in der Person vorgeht. Meinen Sie denn nicht,
dass sie sich in letzter Zeit verändert hat? Hatten Sie nicht auch den
Eindruck, dass irgendetwas sie belastete?«
    Frazer rieb sich nachdenklich
das Kinn. Bella hörte das kratzende Geräusch seiner Fingerkuppen auf den
Bartstoppeln. Er würde sich rasieren müssen, ehe er zur Arbeit ging. »Ich habe
kein Händchen dafür, Leute zu durchschauen«, sagte er schließlich. »Nicht so
wie Sie.« Wieder schwieg er.
    Auch das gefiel Bella an ihm.
Er gab nicht voreilig eine Meinung zum Besten, die sich auf nichts gründete,
so wie man es von vielen jungen Leuten kannte. Er war bedächtig und scheute
sich nicht, sich Zeit zu lassen.
    »Könnte sein«, sagte er
schließlich, »falls sie es ist, aber das will ich nicht behaupten, weil es
wirklich keinen Sinn ergeben würde... Vielleicht ist sie dorthin gefahren, um
nachzudenken? Ein Friedhof ist schließlich ein stiller Ort.«
    »Um nachzudenken?«, rief Bella
aus. »Sie meinen, sie könnte bis nach Stoke Newington gefahren sein, um nachzudenken! Das könnte sie doch überall
tun! Im Garten. In ihrem Zimmer. Oder bei einem Spaziergang an der Themse.«
    »Stimmt. Also, was war es
dann?«, fragte er. »Angenommen, dass sie es ist. Warum hätte sie nach Stoke
Newington fahren sollen?«
    »Sie war in letzter Zeit
ziemlich geheimnistuerisch - ganz anders als sonst. Wenn sie es ist, kann sie
nur einen schlechten Grund dafür gehabt haben.«
    »Was denn für einen?«
    »Sich dort mit jemandem zu treffen. Mit ihrem Mörder.«
    »Das ist doch der reine Wahnsinn!«
    »Kann sein, aber ich rufe trotzdem an.«
    »Wen?«
    »Die Polizei, mein Lieber. Die
Polizei bittet um Informationen, und wir haben schließlich welche. Sie und
ich.«
    »Und was wollen Sie denen
sagen? Dass eine Mieterin zwei Nächte lang nicht nach Hause gekommen ist? So
etwas passiert doch dauernd hier in der Stadt.«
    »Mag ja sein. Aber meine
Mieterin hat ein braunes und ein grünes Auge, und ich bezweifle, dass diese
Beschreibung auf eine einzige weitere vermisste Person zutrifft.«
    »Aber wenn sie es ist und wenn
sie tot ist...«
    Als Frazer abbrach, blickte
Bella von der Zeitung auf. Irgendetwas lag in seinem Ton, das Bella hellhörig
machte. Sie beruhigte sich jedoch sofort wieder, als er fortfuhr: »Sie ist so
eine nette Frau, Mrs. McH. Sie ist immer offen und freundlich, nicht wahr? Sie
wirkt überhaupt nicht wie jemand, der Geheimnisse hat. Falls sie es also ist,
dann sollten wir uns weniger den Kopf darüber zerbrechen, warum sie dort war,
sondern darüber, wer in Gottes Namen einen Grund gehabt hätte, sie
umzubringen.«
    »Irgendein Wahnsinniger, mein
Lieber«, erwiderte Bella. »Wir wissen doch beide, dass es in London nur so
davon wimmelt.«
     
    Von unten waren die üblichen
Geräusche zu hören: akustische und elektrische Gitarren, beide schlecht
gespielt. Die akustischen Gitarren waren halbwegs erträglich, weil die zögernd
gespielten Akkorde nicht verstärkt wurden. Was aber die elektrischen Gitarren
anging, so kam es ihm vor, als würden die schlechtesten Schüler die größten
Verstärker benutzen. Als würde es ihnen besonderen Spaß machen, schlecht zu
spielen. Oder vielleicht machte es dem Lehrer Spaß, seine Schüler möglichst
schlecht und möglichst laut spielen zu lassen, als hätte der Unterricht
überhaupt nichts mit Musik zu tun.
    Er begriff einfach nicht, wie
so etwas sein konnte, aber er versuchte schon lange nicht mehr, die Menschen zu
verstehen. Wenn
du verkündigen würdest, würdest du verstehen. Wenn du dich als derjenige zeigen
würdest, der du sein könntest. Neun Ordnungen, aber wir - wir - sind die höchste. Wer Gottes
Plan vereitelt, stürzt wie die anderen. Willst du...
    Ein Kreischen, verursacht
durch einen falschen Akkord. Es vertrieb die Stimmen. Das war ein Segen. Er
musste nach draußen, wo er sich meistens aufhielt während der Stunden, in denen
der Laden unter ihm geöffnet war. Aber die letzten zwei Tage hatte er das Haus
nicht verlassen können. So lange hatte er gebraucht, um das Blut auszuwaschen.
    Er bewohnte ein Einzimmerapartment,
und er hatte das Waschbecken benutzt. Aber das Becken war winzig und befand
sich in

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