George, Elizabeth
»Ich
weiß es nicht, Meredith. Eines Tages hat sie mir erklärt, sie würde gehen, und
am nächsten Tag ist sie abgehauen. Sie war weg, als ich von der Arbeit kam. Ich
nehme an, sie ist mit dem Taxi nach Sway gefahren und dort in den Zug
gestiegen. Und?«
»Du hast ihr etwas angetan!«
Meredith hatte nicht vorgehabt, ihn zu beschuldigen, nicht auf diese Weise und
nicht so schnell. Aber der Gedanke an das Auto und die Lügen und die Tatsache,
dass Gina Dickens bei ihm eingezogen war, während Jemimas Sachen noch auf dem
Dachboden in Kartons lagen... »Stimmt's?«, herrschte sie ihn an. »Rob hat
mehrmals versucht, sie anzurufen, aber sie geht nicht ans Telefon. Sie reagiert
nicht auf seine Nachrichten, und...«
»Ach, du bist an ihm
interessiert? Na ja, er ist immerhin noch zu haben und, wenn ich's mir recht
überlege, gar keine schlechte Partie.«
Am liebsten hätte sie ihn
geohrfeigt - weniger wegen der Bemerkung, denn die war einfach nur lächerlich,
sondern weil er tatsächlich annahm, sie sei genau wie Jemima ständig auf der
Suche nach einem Mann, weil sie ohne Mann unvollständig und frustriert und
überhaupt so... so... so verzweifelt wäre, dass sie ihre Fühler ständig
ausgestreckt hielt für den Fall, dass ein verfügbarer Typ in ihre Nähe käme.
Was in Rob Hastings' Fall vollkommen absurd war, denn er war fünfzehn Jahre
älter als sie, und sie kannte ihn, seit sie acht war.
»Wo kommt diese Gina überhaupt
her?«, fragte sie. »Seit wann kennst du sie? Du hattest schon was mit ihr,
bevor Jemima verschwunden ist, stimmt's, Gordon? Ihretwegen ist sie gegangen.«
Er schüttelte den Kopf,
ungläubig und angewidert zugleich.
Er zog an seiner Zigarette und
inhalierte tief und wütend, wie es Meredith schien.
»Du hast diese Gina
kennengelernt...«
»Sie heißt Gina Dickens,
Punkt. Nenn sie nicht diese Gina, das gefällt mir nicht.«
»Wieso sollte mich
interessieren, was dir gefällt und was nicht? Du hast diese Gina kennengelernt
und Jemima ihretwegen fallen lassen, richtig?«
»Das ist verdammter
Schwachsinn! Ich gehe wieder an die Arbeit.« Er wandte sich zum Gehen.
»Du hast sie vertrieben!«,
schrie Meredith ihm nach. »Kann ja sein, dass sie jetzt in London ist, aber der
einzige Grund dafür bist du. Sie hatte hier ein eigenes Geschäft. Sie hatte
eine Angestellte. Sie hatte Erfolg mit der Cupcake Queen, aber das hat dir nicht
gefallen, stimmt's? Du hast es ihr schwer gemacht. Und irgendwie hast du das
Geschäft oder ihre Begeisterung dafür oder die Stunden, die sie darauf
verwendet hat, oder irgendetwas benutzt, um ihr das Gefühl zu geben, dass sie gehen
musste. Und dann hast du auch noch Gina angeschleppt...« Es kam Meredith völlig
plausibel vor - so typisch für die Art, wie Männer sich verhielten.
Er sagte noch einmal: »Ich
gehe wieder an die Arbeit«, und machte Anstalten, auf das Gerüst zu klettern,
das sich über die gesamte Front des Hauses erstreckte. Am Fuß der Leiter blieb
er jedoch noch einmal stehen und drehte sich zu ihr um. »Fürs Protokoll,
Meredith: Gina wohnt erst hier - im New Forest - seit Juni. Vorher hat sie in
Winchester gewohnt, und...«
»Du kommst doch auch aus
Winchester! Du hast in Winchester studiert. Da hast du sie kennengelernt.«
Ihre Stimme klang ganz schrill, aber sie konnte nichts daran ändern. Aus irgendeinem
Grund, der ihr nicht klar war, hatte sie plötzlich das beinahe verzweifelte
Bedürfnis, in Erfahrung zu bringen, was hier los war, was schon seit Monaten vor
sich ging und dazu geführt hatte, dass sie und Jemima sich immer mehr
voneinander entfremdet hatten.
Gordon winkte ab. »Glaub doch,
was du willst! Ich wüsste nur gern, warum du mich von Anfang an nicht ausstehen
konntest.«
»Das hier hat nichts mit mir
zu tun.«
»Es hat alles mit dir zu tun,
auch der Grund, warum du mich vom ersten Moment an verachtet hast. Denk darüber
nach, ehe du noch mal herkommst! Und lass gefälligst Gina in Ruhe!«
»Jemima ist der Grund...«
»Jemima«, entgegnete er ruhig,
»hat garantiert inzwischen einen anderen gefunden. Das weißt du doch so gut wie
ich. Und ich schätze, auch das macht dich stinkwütend.«
Als Robbie Hastings an den
hohen Hecken vorbei in die Einfahrt des Grundstücks einbog, war Gordon Jossies
Pick-up nirgendwo zu sehen. Aber davon ließ er sich nicht beirren. Gordon
mochte nicht zu Hause sein, aber vielleicht würde er die neue Frau antreffen.
Dann würde er sie gleich mal kennenlernen, und daran war ihm genauso
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