George Soros: Gedanken und Lösungsvorschläge zum Finanzchaos in Europa und Amerika
Häusermarktes einsetzen. Wenn er das getan hat, sollte er sich wieder wegen einer Genehmigung für die richtige Art der Rekapitalisierung der Banken an den Kongress wenden.
DIE VERSORGUNG DER PERIPHERIE SOLLTE DAS HAUPTANLIEGEN SEIN
Financial Times , 22. März 2009
Das bevorstehende Treffen der G-20 ist eine Veranstaltung, bei der es um alles oder nichts geht. Wenn sie keine praktischen Maßnahmen zur Stützung der weniger entwickelten Länder, die noch verwundbarer sind als die entwickelten, vorschlägt, werden die Märkte wieder genauso an Fallsucht leiden wie im vergangenen Monat, als Finanzminister Tim Geithner keine praktischen Maßnahmen zur Rekapitalisierung des US-Bankensystems vorlegte.
Die jetzige Krise ist anders als alle anderen seit dem Zweiten Weltkrieg. Früher haben sich die Verantwortlichen am Riemen gerissen und verhindert, dass das Finanzsystem zusammenbricht. Diesmal ist das System nach der Pleite von Lehman Brothers zusammengebrochen und wurde dann künstlich am Leben gehalten. Unter anderem haben Europa und die Vereinigten Staaten im Endeffekt garantiert, dass sie keine weitere bedeutende Finanzinstitution mehr würden pleitegehen lassen.
Dieser notwendige Schritt hatte unbeabsichtigte nachteilige Folgen: Viele andere Länder in Osteuropa, Lateinamerika, Afrika und Südostasien konnten keine vergleichbaren Garantien anbieten. Infolgedessen fand eine Kapitalflucht von der Peripherie ins Zentrum statt. Dieser Flucht leisteten staatliche Finanzbehörden im Zentrum noch Vorschub, indem sie Banken ermunterten, ihr Kapital zurückzuführen. In den Peripherieländern fielen die Währungen, während die allgemeinen Zinsen und die Zinsen der Credit Default Swaps stiegen. Die späteren Geschichtsbücher werden verzeichnen, dass – im Gegensatz zur Großen Depression – der Protektionismus zuerst im Finanzwesen die Oberhand gewann, nicht im Handel.
Institutionen wie der Internationale Währungsfonds stehen vor einer neuartigen Aufgabe: die Peripherieländer vor einem Sturm schützen, der von der entwickelten Welt erzeugt wurde. Die globalen Institutionen sind es gewohnt, mit Staaten zu arbeiten, aber jetzt müssen sie den Zusammenbruch des privatwirtschaftlichen Sektors bewältigen. Wenn ihnen das nicht gelingt, leiden die Volkswirtschaften an der Peripherie darunter noch stärker als die im Zentrum, weil sie ärmer und mehr von Rohstoffen abhängig sind als die entwickelte Welt. Außerdem sind sie damit konfrontiert, dass im Jahr 2009 Bankdarlehen in Höhe von 1.440 Milliarden Dollar (1.060 Milliarden Euro, 994 Milliarden Britische Pfund) fällig werden. Ohne internationale Hilfe können diese Darlehen nicht verlängert werden.
Der britische Premierminister Gordon Brown hat dieses Problem erkannt und erreicht, dass sich der G-20-Gipfel damit befasst. Dabei sind jedoch tief greifende Unterschiede in der Haltung zutage getreten, vor allem zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland. Die Vereinigten Staaten haben erkannt, dass der Zusammenbruch des Kredits im Privatsektor nur unter vollem Einsatz der staatlichen Kreditwürdigkeit repariert werden kann. Da Deutschland durch die Erinnerung an die Hyperinflation der 1920er-Jahre traumatisiert ist, möchte es ungern durch zu hohe Schulden den Keim zu künftiger Inflation legen. Beide beharren auf ihrer Position. Diese Kontroverse droht, das Treffen zu sprengen.
Es sollte jedoch möglich sein, eine gemeinsame Basis zu finden. Anstatt ein allgemeines Ziel von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Konjunkturpakete festzulegen, würde eine Einigung darauf ausreichen, dass die Peripherieländer zum Schutz ihrer Finanzsysteme Hilfe benötigen. Das liegt im gemeinsamen Interesse. Wenn man zulässt, dass die Volkswirtschaften der Peripherie zusammenbrechen, schädigt das auch die entwickelten Länder.
Nach dem aktuellen Stand wird das G-20-Treffen konkrete Ergebnisse bringen: Die Mittelausstattung des IWF wird wahrscheinlich verdoppelt, und zwar hauptsächlich über den Mechanismus der sogenannten Neuen Kreditvereinbarungen (NAB = New Arrangements to Borrow). Dieser kann auch aktiviert werden, ohne dass die leidige Frage der Neuaufteilung der Stimmrechte geklärt ist.
Das wird zwar ausreichen, damit der IWF bestimmten gefährdeten Ländern helfen kann, aber es stellt keine systemische Lösung für die weniger entwickelten Länder dar. Eine solche Lösung steht allerdings in Form der Sonderziehungsrechte schon bereit. Die SZR sind zwar komplex,
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