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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Venetia und der Wuestling
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–, so daß du dich fast in ihn verlieben mußtest, und wie hättest du
auch verstehen sollen, was es bedeuten würde, mit einem Mann seines Rufes verheiratet zu
sein? Und das verstehst du ja wirklich nicht, liebes Kind, aber es wäre
wirklich, wirklich einfach der Ruin!» Sie hielt inne, vor allem, weil sie Atem
holen mußte, und war erleichtert, als sie sah, daß die Farbe in Venetias Wangen
zurückgekehrt war und ihre Augen voll Licht wurden. Mrs. Hendred seufzte dankbar
auf und sagte: «Ich wußte doch, daß du dich nicht so schlimm fühlen würdest,
wenn du dich nicht für mißachtet halten mußt! Wie froh bin ich, daß ich es dir
erzählt habe! Denn jetzt bist du nicht mehr so unglücklich, nicht wahr, mein
Liebes?»
    «Unglücklich?» wiederholte Venetia.
«O nein, nein! Wirklich nicht unglücklich! Wenn ich doch bloß gewußt hätte –I
Aber ich habe es doch gewußt! Ich hab's ja gewußt!»
    Mrs. Hendred verstand nicht ganz,
was sie damit meinte, noch kümmerte sie sich sehr darum. Wichtig allein war,
daß der gehetzte Ausdruck, der ihr so unbehaglich gewesen war, aus Venetias
Augen verschwunden war. Sie wischte sich noch einmal über die eigenen und
lächelte ihre plötzlich so strahlende Nichte selig an, als sie voll Genugtuung
sagte: «Eigentlich kannst du sehr stolz darauf sein, obwohl es sich natürlich
nicht gehört, so etwas zu sagen, denn das wäre ganz und gar unziemlich. Aber
einen Mann wie Damerel derart zu fesseln, daß er sich doch tatsächlich wünscht,
um dich anhalten zu dürfen, ist wirklich ein Triumph für dich! Denn weißt du,
er muß vorgehabt haben, sein ganzes Leben zu ändern. So etwas hat es noch nie
gegeben, und ich gestehe dir ohne Bedenken, mein Liebes, wenn das eine meiner
Töchter gewesen wäre, dann wäre ich stolz wie ein Pfau darüber – nicht daß ich
damit sagen will, ich bilde mir ein, eine von ihnen könnte das zustande
bringen, obwohl ich glaube, daß sich Marianne eventuell zu einem sehr hübschen
Mädchen entwickeln wird – und natürlich würde ich nicht im Traum daran denken,
ihn 'ihr überhaupt über den Weg laufen zu lassen!»
    Venetia, die nicht darauf geachtet
hatte, was ihre Tante sagte, rief aus: «Der elende Mensch! Dieser idiotische,
elende Kerl! Wie konnte er nur glauben, daß ich mich auch nur einen Pfifferling
um einen solchen Unsinn kümmern würde? Oh, wie bös ich auf die beiden bin! Wie
haben sie es nur gewagt, mich so unglücklich zu machen! Sich zu benehmen, als
sei ich siebzehn und eine dumme kleine Unschuld! Meine liebe Tante – meine
liebe, liebste Tante, ich danke Ihnen ja so!»
    Mrs. Hendred, die aus einer
impulsiven Umarmung auftauchte und instinktiv die Hand hob, um ihr Häubchen
zurechtzurükken, wurde es langsam wieder unbehaglich zumute, denn nicht einmal
ihr Optimismus konnte die Freude, die in Venetias Stimme schwang, dem bloßen
Stolz auf eine Eroberung zuschreiben. «Ja, liebes Kind, aber du denkst doch
nicht – ich meine, es kann doch nichts daran ändern! Eine solche Heirat würde
dich total ruinieren!»
    Venetia schaute leicht erheitert auf
sie hinunter. «Wirklich? Nun, Ma'am, als Damerel zu uns in den Norden kam, war
es aus dem Grund, weil er den Bemühungen seiner Tanten entfloh, ihn mit einer
Dame ansehnlicher Herkunft und großen Vermögens zu verheiraten, damit er in
den Augen der Welt wieder rehabilitiert würde. Ich sehe nicht ein, wie sie das
hätten erreichen können, wenn eine Heirat mit ihm den gesellschaftlichen Ruin
der Dame bedeutet hätte, und ich kann nicht glauben, daß dieser Plan ohne
Wissen und Zustimmung der Eltern Miss Ubleys ausgeheckt wurde!»
    «Was?!» rief Mrs. Hendred,
augenblicklich abgelenkt. «Amelia Ubley? Das ist doch nicht dein Ernst!»
    «Aber doch, und wollen Sie mir daher
jetzt erklären, Ma'am, wieso es kommt, daß zwar ihr Ruf diese Heirat überleben
würde, der meine aber nicht?»
    Mrs. Hendreds kurze Spanne der
Erleichterung war vorbei. Sie starrte ihre Nichte geradezu albern kummervoll
an, nestelte nervös an ihrem Schal, fing mehrere Sätze an, brachte keinen zu
Ende und sagte schließlich lahm: «Die Fälle sind nicht gleich. O Liebe, jetzt
wünschte ich – Venetia, das verstehst du nicht! Miss Ubleys Situation – die
Umstände – nun, sie sind wirklich total voneinander verschieden!»
    «In welcher Beziehung?»
    «Oh – oh, in hundert Beziehungen!
Heiliger Himmel, zunächst einmal ist sie schon über dreißig, hat eine
jämmerliche Figur, abgesehen von ihrer Stumpfnase, und sie

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