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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eskapaden
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zu gut. Dagegen wußte ich bis zu
diesem Augenblick nicht, daß Sie so vulgär sein würden, mit Ihrer vornehmen
Verwandtschaft zu prahlen. Darf ich Sie aber darauf hinweisen, daß man Ihre Manieren
in meiner Familie niemals dulden würde.»
    «Ihre
gräßliche Familie wird gar nicht in die Lage kommen, das zu beurteilen»,
erwiderte Juliana bebend vor Wut. «Ich begreife überhaupt nicht, wie ich je so
dumm sein konnte, mir einzubilden, in Sie verliebt zu sein. Himmel, ich glaube,
ich hatte einfach Mitleid mit Ihnen und verwechselte das mit Liebe. Wenn ich
mir vorstelle, was für einer Mesalliance ich mit knapper Not entronnen bin,
muß ich nachträglich noch schaudern!»
    «Sie
sollten, gleich mir, Gott danken, Madam, daß er Sie davor bewahrt hat, eine
Verbindung einzugehen, die uns beide für den Rest unseres Lebens nur
unglücklich gemacht hätte. Erlauben Sie mir, Ihnen Lebewohl zu sagen. Ich
hoffe, Sie haben das Glück, daß sich das nächste Mal ein Mann um Ihre Hand
bewirbt, der Ihre Oberflächlichkeit und Ihren Dünkel nicht rechtzeitig
durchschaut.» Nach diesen vernichtenden Abschiedsworten vollführte Mr. Comyn
eine tiefe Verbeugung und schritt die Treppe hinunter, ohne sich auch nur ein
einziges Mal umzudrehen.
    Er lehnte
das Angebot des Lakaien ab, ihm eine Sänfte zu rufen, und begab sich zu Fuß auf
den Weg nach seiner eigenen Unterkunft, doch schon nach kurzer Zeit schien er
seine Absicht zu ändern, denn er kehrte plötzlich um und ging zurück, bis er
eine Seitenstraße erreichte, in die er einbog. Bald darauf stand er, nachdem er
noch einen großen Platz überquert hatte, zum zweitenmal an diesem Abend vor dem
Hotel Charbonne.
    Der Diener,
der ihm das Tor öffnete, hatte vor kaum zwanzig Minuten den Marquis von Vidal
hinausgeleitet, und es war daher nicht weiter verwunderlich, daß sich auf
seinen sonst so unbeweglichen Zügen eine gewisse Überraschung malte. Auf die
Frage, ob Miss Challoner schon zu Bett sei, antwortete er vorsichtig, er werde
nachfragen, und ließ Mr. Comyn (den er allmählich unlauterer Absichten
verdächtigte) wartend in der Halle stehen.
    Miss
Challoner saß in Gedanken versunken vor dem Kamin. Als der Diener eintrat,
schrak sie hoch und warf einen erstaunten Blick auf die Uhr. Es war eine
Viertelstunde nach Mitternacht.
    «Der
Engländer, der heute abend als erster kam, ist wieder hier, Mademoiselle»,
sagte der Lakai in strengem Ton.
    «Mr.
Comyn?» fragte sie verblüfft.
    «Ja,
Mademoiselle.»
    Miss
Challoner fragte sich gespannt, was wohl der Anlaß für einen so späten Besuch
sein könnte, und sagte, sie ließe bitten. Der Lakai verschwand und erklärte
nachher dem übrigen Personal, die Sitten englischer Demoisellen wären wirklich
dazu angetan, einen ehrbaren Franzosen zu schockieren.
    Mittlerweile
stand Mr. Frederick Comyn vor Miss Challoner und begrüßte sie weit weniger
formell, als das sonst seine Art war. «Verzeihen Sie, Madam, daß ich Sie zu
dieser Stunde störe, aber ich muß Ihnen einen Vorschlag unterbreiten.»
    «Sie müssen
mir einen Vorschlag unterbreiten?» wiederholte Mary.
    «Ja, Madam.
Als ich Sie heute das erste Mal aufsuchte, habe ich Ihnen versichert, daß es
mir eine große Ehre wäre, Ihnen behilflich zu sein.»
    «Oh, haben
Sie einen Ausweg für mich gefunden?» sagte Mary hastig. «Ist es das, was Sie
herführt? Ich wäre mit allem einverstanden.»
    «Ich bin
froh, das zu hören, Madam, denn ich fürchte, Sie werden den Vorschlag, den ich
Ihnen zu machen habe, befremdend, wenn nicht sogar empörend finden.» Er hielt
inne, und erst jetzt fiel ihr sein harter Blick auf. «Miss Challoner, bitte
glauben Sie mir, daß mir in Anbetracht Ihrer äußerst delikaten Situation nichts
ferner liegt, als Sie zu beleidigen. Aber Ihr Schicksal ist mir bekannt. Sie
selbst haben mir von Ihrem Geheimnis ebensoviel enthüllt wie Lord Vidal. Sie
befinden sich in der Tat in einer verzweifelten Lage, und obgleich ich Ihre
Weigerung, Seine Lordschaft zu ehelichen, voll und ganz verstehe, sehe ich mich
doch gezwungen, ihm beizupflichten, daß nur eine Heirat Sie vor einem Dilemma
retten kann, das, wenn auch zu Unrecht, so doch unvermeidlich Ihren ehrbaren
Namen beflecken muß. Madam, ich erlaube mir ergebenst, Sie um Ihre Hand zu
bitten.»
    Miss
Challoner, die dieser seltsamen Rede bisher in stummer Verwirrung gelauscht
hatte, zuckte zusammen. «Um Himmels willen, Sir, sind Sie nicht
bei Trost?» rief sie.
    «Nein,
Madam. Verrückt war ich während der vergangenen

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