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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eskapaden
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nächstgelegenen Geschäfte. Ihr Stolz
hatte ihr verboten, eines der Kleider aus dem Fundus des Marquis mitzunehmen.
Sie hatte sie gezwungenermaßen im Hotel de Charbonne getragen, doch jetzt
lagen sie alle sorgfältig gepackt in ihrem Zimmer: Roben aus Seidengaze mit
Langetten aus Rohseidenspitze, Roben aus Taft, aus Köperbaumwolle und
Brokatsatin, Mäntel, reich besetzt mit schwarzer Spitze, hauchzarte Negligés,
Wäsche aus feinstem Batist, Brusttücher aus Bändchenspitze, türkische
Taschentücher – mit einem Wort alles, was eine Dame von Welt (oder ein
Flittchen, dachte sie mit einem schiefen Lächeln) eben brauchte. Nicht einmal
einen Kamm oder eine Hasenpfote wollte sie davon behalten.
    Sie brachen
wirklich kurz vor Mittag auf. Beide waren ziemlich schweigsam und blickten, bis
die Kutsche Paris hinter sich ließ, geistesabwesend aus dem Fenster – jeder
für sich von dem traurigen Gedanken überwältigt, wie anders doch alles hätte
sein können.
    Schließlich
brach Mr. Comyn die traumverlorene Stimmung mit den Worten: «Ich halte es für
meine Pflicht, Madam, Ihnen mitzuteilen, daß ich Lord Vidal ein Billet
geschrieben habe.»
    Miss
Challoner fuhr kerzengerade in die Höhe. «Wie bitte, Sir?»
    «Ja, denn
ich glaubte, es ihm schuldig zu sein, ihn sowohl über Ihre Sicherheit als auch
über meine Absichten aufzuklären.»
    «Oh, das
hätten Sie nie tun dürfen!» rief Miss Challoner entsetzt. «Lieber Gott, welch
verhängnisvoller Fehler!»
    «Ich
bedaure, daß Sie meine Handlungsweise mißbilligen, aber ich erinnerte mich, daß
sich Seine Lordschaft für Ihr Wohlbefinden verantwortlich fühlte, und konnte
es daher nicht mit meinem Gewissen vereinbaren, diese Reise anzutreten, ohne
ihn von unserem Kontrakt in Kenntnis zu setzen.»
    Miss
Challoner schlug die Hände zusammen. «Aber, Sir, verstehen Sie denn nicht, daß
er uns nun bestimmt verfolgen wird? Nicht um alles in der Welt hätte ich
zugelassen, daß Sie ihm diese Nachricht schreiben!»
    «Ich bitte
Sie, Madam, beunruhigen Sie sich nicht. Sosehr mir auch jede Art von
Heimlichtuerei verhaßt ist, hielt ich es doch für ratsam, Seiner Lordschaft
unser Ziel zu verschweigen.»
    Diese
Eröffnung machte keinen allzugroßen Eindruck auf sie, und sie bat ihn, die
Postillions trotzdem zur Eile anzutreiben. Er wandte ein, daß ein rascheres
Tempo unter Umständen ein Unheil heraufbeschwören könnte, doch als sie darauf
bestand, beugte er sich gehorsam aus dem Fenster und rief den Postillions zu,
sie sollten schneller fahren. Da ihn diese Helden aber nicht sofort verstanden,
zügelten sie die Pferde, und die Kutsche blieb stehen. Miss Challoner nahm
daraufhin die Sache selbst in die Hand, und wenn die Franzosen bis jetzt
vielleicht noch über die Art der Reise im Zweifel gewesen waren, wußten sie nun
eindeutig, worum es ging. Derselben Ansicht schien auch Mr. Comyn zu sein, denn
während er das Fenster wieder schloß, als sich das Gefährt in Bewegung setzte,
sagte er ernst, es sei nun zu befürchten, daß die Männer vermuteten, es handle
sich um eine Entführung. Miss Challoner stimmte ihm zu, meinte jedoch
gleichzeitig, das spiele keine Rolle, worauf Mr. Comyn mit einem Anflug von
Strenge erwiderte, er habe gehofft, jeden Verdacht bezüglich einer
Unschicklichkeit dadurch zu zerstreuen, daß er den Postillions, so gut er eben
konnte, erklärt hatte, er wäre der Bruder der jungen Dame.
    Miss
Challoners unbezähmbarer Sinn für Humor verleitete sie zu einem unterdrückten
Kichern, das den armen Mr. Comyn ein wenig aus der Fassung brachte, und mit
einem Blick auf sein entgeistertes Gesicht sagte sie entschuldigend, sie finde
es nach den Ereignissen der vergangenen Woche doch etwas absurd, auf derartige
Dinge Rücksicht zu nehmen. Er drückte voller Mitgefühl ihre Hand und
antwortete: «Ich glaube, Sie haben viel gelitten, Madam. Für eine wohlerzogene
junge Dame wie Sie müssen Lord Vidals Manieren und Gewohnheiten unendlich beängstigend
und abstoßend gewesen sein.»
    Sie schaute
ihn mit ihren ruhigen grauen Augen fest an. «Nicht im geringsten, Sir, das
versichere ich Ihnen. Ich will mich keineswegs als die geplagte Kreatur
hinstellen, der ein himmelschreiendes Unrecht zugefügt wurde. Es ist alles
meine Schuld, und Seine Lordschaft hat sich mir
gegenüber viel rücksichtsvoller benommen, als ich es vielleicht verdient
habe.»
    Jetzt
schien Mr. Comyn überhaupt nicht mehr aus noch ein zu wissen. «In der Tat,
Madam? Ich muß gestehen, ich hatte

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