Georgette Heyer
preisen würde, falls Sie es
anzunehmen gedenken.»
«Sie sind
sehr freundlich, Sir», erwiderte sie mit einem traurigen kleinen Lächeln. «Ich
fühle zwar, daß ich kein Recht habe, etwas anzunehmen, das ich einzig und
allein als Opfer betrachten kann, doch ich befinde mich in einer verzweifelten
Lage, und daher tue ich es.»
«Ich werde
mich bemühen, Ihnen ein angenehmer Gatte zu sein, Madam», sagte er mit einer
Verbeugung. «Wir müssen uns nun überlegen, wie wir am besten vorgehen. Wollen
Sie sich nicht setzen?»
«Sie sind
gerade beim Frühstück, Sir, nicht wahr?»
«Oh, bitte,
nehmen Sie darauf keine Rücksicht, Madam. Mein Hunger ist bereits gestillt.»
Miss
Challoners Augen funkelten verschmitzt. «Ich dagegen faste.»
Er drückte
voller Mitgefühl leicht ihre Hand. «Glauben Sie mir, ich verstehe voll und
ganz, daß es Ihnen in diesem Augenblick widerstrebt, etwas zu essen. Setzen wir
uns an den Kamin.»
«Aber es
widerstrebt mir keineswegs, Mr. Comyn», meinte Miss Challoner bescheiden.
«Bitte erlauben Sie mir, mich an Ihrem Frühstück zu beteiligen. Ich bin nämlich
schrecklich hungrig.»
Er war
sichtlich überrascht, führte sie jedoch sofort zu Tisch. «Mit dem größten
Vergnügen, Madam! Wenn Sie sich einen Moment gedulden, ich lasse Ihnen gleich
ein Gedeck bringen.» Als er die Tür öffnete, stolperte er beinah über das
Zimmermädchen, das die Hoffnung noch immer nicht aufgegeben hatte, doch noch
ein paar Worte auf französisch zu erhaschen. Seine kläglichen Kenntnisse
dieser Sprache hinderten Mr. Comyn daran, das Mädchen gehörig zu tadeln, doch
reichten sie immerhin dazu aus, sie um eine Tasse und einen Teller zu bitten.
Sobald
dieser Wunsch erfüllt war, goß sich Miss Challoner Kaffee ein, bestrich ein
Brötchen reichlich mit Butter und widmete ihre Aufmerksamkeit ganz einem
herzhaften Mahl. Mr. Comyn bediente sie beflissen, wobei er sich allerdings
des dumpfen Gefühls nicht erwehren konnte, daß ihr Benehmen angesichts der
dramatischen Situation doch etwas prosaisch war, und auch Miss Challoner hing,
während sie ihre kleinen weißen Zähne in die Brotkruste grub, ihren eigenen
Gedanken nach. Sie erinnerte sich an andere Mahlzeiten in Gesellschaft eines gewissen
Gentleman, und das verursachte ihr Herzweh. Da sie aber keine Lust hatte, einer
solchen Schwäche nachzugeben, fragte sie energisch: «Wo sollen wir Ihrer
Meinung nach heiraten, Sir? Und wann können wir Paris verlassen?»
Mr. Comyn
goß ihr Kaffee nach. «Ich habe mich mit diesem Problem beschäftigt und bin zu
zwei möglichen Lösungen gekommen, wobei ich mich natürlich ganz nach Ihren
Wünschen richte. Wir können, wenn Sie wollen, nach England zurückkehren, um
uns, voraussichtlich ohne jede Schwierigkeit, unverzüglich trauen zu lassen.
Vielleicht sollte ich Sie aber darauf hinweisen, daß unsere Vermählung in
diesem Fall notgedrungen Anlaß zu Gerede geben würde. Die Alternative ist,
nach Dijon zu reisen und den englischen Priester zu suchen, dessen Adresse ich
von Lord Vidal erfuhr. Sollten Sie sich für das letztere entscheiden, Madam,
schlage ich vor, daß wir gleich nach der Trauung für eine Weile nach
Italien fahren. Der einzige Nachteil an diesem Plan besteht darin, daß ich nur
äußerst ungern von einer Information Gebrauch machen würde, die mir Seine
Lordschaft zukommen ließ.»
«Das würde
mich an Ihrer Stelle nicht stören», sagte Miss Challoner sachlich.
«Welche der beiden Möglichkeiten sagt Ihnen mehr zu?»
«Das zu
entscheiden, möchte ich völlig Ihnen überlassen, Madam.»
«Aber, Sir,
ich ...»
«Welche
Wahl Sie auch treffen, ich bin mit allem einverstanden.»
Da Miss
Challoner vermutete, es könnte sich eine endlose Diskussion entspinnen, wenn
sie sich zierte, stimmte sie kurz entschlossen für Dijon. Sie spürte kein
Verlangen, nach England zurückzukehren, bevor sich die Wogen des Aufruhrs
geglättet hatten. Mr. Comyn führte auch sogleich einige Punkte ins Treffen, die
zugunsten ihrer Wahl sprachen, und versicherte ihr, sie würden noch vor Mittag
aufbrechen. Miss Challoner erklärte daraufhin, sie habe noch einige
Kleinigkeiten zu besorgen, weil sie buchstäblich nur mit den Kleidern, die sie
am Leibe trug, ausgestattet war. Mr. Comyn war zutiefst bestürzt und fragte
sie sehr taktvoll, ob sie auch über genügend Geld verfügte. Sie beteuerte, sie
sei durchaus in der Lage, ihre Bedürfnisse zu decken, und eilte, während er
sich um eine Postkutsche kümmerte, in die
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