Georgette Heyer
und nicht
die unwesentlichste –, die dazu führte, daß Georges Veilchenbukett verschmäht
wurde. Miss Milborne, deren auffallende Schönheit selbst gewagte
Farbenzusammenstellungen vertrug, sollte auf dem Ball eine neue Toilette aus
mattem rötlichbraunem Satin und Tüll tragen, und niemand konnte behaupten, daß
die Veilchen dazu gepaßt hätten. Miss Milborne legte die Veilchen also
beiseite und befestigte ein kleines Bukett von Severns Rosen an ihrer Corsage,
wobei sie sich entschloß, den Schlag für George dadurch zu mildern, daß sie ihn
mit mehr als alltäglicher Liebenswürdigkeit behandelte.
Leider
blieb es aber nur bei der guten Absicht. Kaum erblickte nämlich George, der
ihre Ankunft ungeduldig erwartet hatte, die gelben Rosen, als er erblaßte und
jäh aus dem Ballsaal stürzte. In seinem völlig zerrütteten Zustand wäre er
zweifellos auch aus dem Haus gestürzt, wäre ihm im Vorsaal nicht seine
Gastgeberin, Lady Fakenham, begegnet, die ihn von Jugend auf kannte und ihn in
strengem Ton fragte, wohin er denn wolle. Ohne ihm Zeit zu einer Antwort zu
lassen, führte sie ihn unbarmherzig in den Ballsaal zurück und stellte ihn einer
jungen Dame vor, die ihre Hand dankbar in seine widerstrebende legte, um zu
einer sich eben formierenden Quadrille Aufstellung zu nehmen. Als er seine
Pflicht erfüllt hatte, war ihm in der Zwischenzeit auch eingefallen, wie
unschicklich es gewesen wäre, den Ball fluchtartig zu verlassen. Er zog sich
zur Eingangstür zurück, lehnte sich mit gekreuzten Armen an die Wand, und seine
erbitterten Blicke verfolgten bei dem hierauf folgenden
Reigentanz Miss Milbornes Runden durch den Saal. Da sie aber Severn als Partner
hatte, war er außerstande, dieses Schauspiel lange zu ertragen, und suchte
alsbald Zuflucht in einem kleinen, an den Ballsaal grenzenden Salon. Er war für
jene Personen bestimmt, die einen friedlichen Robber Whist der strapaziöseren
Aufgabe des Tanzens vorzogen, aber Georges Miene war so abschreckend, daß ein
schüchtern aussehender Mann, der in den Raum blickte, sich hastig wieder
zurückzog und seinen Partnern mitteilte, er meine, es wäre besser für ihr
projektiertes Spiel, ein anderes Zimmer zu wählen.
Hero, die
natürlich auch Miss Milbornes Rosen und das verstörte Aussehen Georges bemerkt
hatte, nahm die erste Gelegenheit wahr, die sich ihr bot, um ihm an seinen
Zufluchtsort zu folgen. Ihr empfindsames Herz schmerzte, als sie sich die Qualen
vergegenwärtigte, die er empfinden mußte. Es war eine Qual, die ihr selbst
nicht ganz unbekannt war, und ihre eigene Empfindsamkeit ließ es ihr noch
zwingender erscheinen, George soviel Trost zu bringen, wie ihr nur möglich war.
Als sie ihn fand, saß er mit einem Glas Brandy in der Hand in düsterster
Stimmung auf einem kleinen Sofa. Er sah sich mit herausforderndem Gesichtsausdruck
nach dem Eindringling um, als er aber erkannte, wer eingetreten war, heiterte
sich seine Miene auf, er erhob sich, stellte sein Glas nieder, ja es gelang ihm
sogar, eine Art Lächeln heraufzubeschwören.
Hero legte
seine Hand zwischen ihre beiden kleinen Hände und sagte: «Lieber George, machen
Sie sich nichts draus! Sie konnte zu dieser Toilette wirklich keine Veilchen
tragen.»
«Sie hat
Severns Rosen angesteckt», erwiderte er.
«Aber nein!
Das können Sie doch nicht wissen!»
«Mrs.
Milborne erzählte es Lady Cowper, als ich mich gerade in Hörweite befand.»
Hero sah
bestürzt drein, nahm sich aber sofort wieder zusammen. «Das kann nur aus dem
Grund gewesen sein, weil sie zu dieser Toilette besser paßten. Setzen Sie sich,
Georges. Ich bin überzeugt, daß Sie zuviel über die ganze Sache nachgrübeln.»
Er ließ
sich neben Hero auf das Sofa niederziehen, stöhnte aber leise auf.
«Ich
schrieb ihr, daß ich wissen würde, was ich denken soll – wenn sie meine
Veilchen trägt. Ich habe meine Antwort erhalten und kann mir ebensogut ohne
weiteres eine Kugel durch den Kopf schießen.»
«Aber
George, sagen Sie doch so etwas nicht! Wissen Sie, ich glaube, Sie hätten diese
Zeilen nicht schicken dürfen. Vielleicht hat ihr das nicht gefallen. Haben Sie
mit ihr gesprochen?»
Er
schüttelte den Kopf. «Ich konnte mich auf mich selbst nicht verlassen.
Außerdem, wenn ich in die Nähe dieses verwünschten Burschen Severn käme, würde
ich wahrscheinlich leicht "einen Grund finden, mit ihm Streit anzufangen.»
«Nein,
Georges, tun Sie das nicht. Wäre es Ihnen recht, wenn ich versuchte,
herauszubekommen, wie Isabella
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