Georgette Heyer
den Ballsaal zurückführe», sagte er.
«Ja, aber –
Sherry, du kannst doch nichts dabei finden, daß George mich geküßt hat», sagte
Hero und sah ein wenig bestürzt von einem zum andern. «Es war wirklich nicht
das mindeste dabei, nicht wahr, George?»
«Liebes
Kätzchen», erwiderte George unverzüglich und verbeugte sich sogar mit noch
größerer Grazie als Ferdy, «mir war es ein großes Vergnügen.»
Entsetzt
über ein so provozierendes Verhalten, wechselte Ferdy einen erschrockenen
Blick mit Mr. Ringwood und führte Hero aus dem kleinen Salon.
«Natürlich
war nichts dabei», sagte Mr. Ringwood. «Trotzdem, mein lieber George, steht dir
nicht das Recht zu, Sherrys Frau zu küssen. Und was dich betrifft, Sherry, wenn
du nicht so viel Champagnerpunsch getrunken hättest, dann hättest du mehr
Vernunft und würdest nicht so einen Wirbel machen wegen – zum Teufel, du weißt,
was ich sagen will. Sie ist unschuldig wie ein neugeborenes Lämmchen!»
«Sie!»
stieß der Viscount hervor, knirschte in höchst beunruhigender Weise mit den Zähnen
und blickte Wrotham mit wild rollenden Augen an. «Danke, Gil, ich brauche dich
nicht, um mir zu erklären, daß meine Frau unschuldig ist! Aber was diesen –
diesen Wüstling betrifft, diesen Wolf im Schafspelz, diese – diese Kreatur ...»
«Nein, zum
Teufel, Sherry, du kannst George nicht Kreatur nennen!» protestierte Mr.
Ringwood. «Ist alles ein Irrtum. George würde nie – ich wollte bei Gott,
George, du würdest endlich aufhören, dazustehen und wie ein Held auszusehen,
statt dich bei Sherry zu entschuldigen.»
«Niemals!»
rief Wrotham und stäubte ein imaginäres Staubkörnchen mit einem Schwenken
seines Taschentuchs hinweg. «Niemals im Leben habe ich einen Mann um
Entschuldigung gebeten!»
«Ist doch
nichts dabei, George», sagte Ferdy, der eben in das Zimmer zurückgekehrt war.
«Man kann nie wissen, was einem bevorsteht. Schau nur mich an. Habe immer
geschworen, ich würde nie auf ein Pferd mit drei weißen Bandagen wetten,
diesmal tat ich es, und sieh nur, was dabei herauskam. Hat im Handgalopp
gewonnen! Das ist wieder einmal ein Beweis!»
Der
Viscount ignorierte diese hilfreiche Intervention, und der ängstlichen Bitten
Mr. Ringwoods ungeachtet, schlug er alle seine Grundsätze in den Wind, die es
ihm ermöglicht hatten, trotz mehrerer Jahre vertrauten Umgangs mit Lord
Wrotham unverletzt zu bleiben. «Nennen Sie mir Ihre Sekundanten, Mylord!» sagte
er scharf.
«Sherry!»
rief Mr. Fakenham in fast jammerndem Ton. «Überleg es dir doch, lieber Junge!
Bist nicht du selbst. Kannst nicht bei Sinnen sein! Schieb es auf den Champagner,
George, achte nicht auf ihn!»
Doch Lord
Wrotham erwiderte unverzüglich: «Mit dem größten Vergnügen! Gil, willst du mir
sekundieren?»
«Sie können
Gil nicht nominieren!» rief der Viscount hitzig. «Ich selbst wünsche ihn als
Sekundanten!»
«O nein!
Das werden Sie nicht!» erwiderte George und gab seine Heldenpose auf. «Sie
können ja Ferdy haben!»
«Ich werde
beide nominieren, Ferdy und Gil», erklärte der Viscount hochmütig.
«Nun, das
werden Sie nicht, da ich Gil bereits gebeten habe.»
«Hölle und
Teufel, Sie müssen doch außer Gil noch andere Freunde haben!» sagte Sherry.
«Gewiß,
aber wenn schon Sie nicht genügend Verstand haben, diese Angelegenheit zwischen
uns vieren zu bewahren, dann habe ich ihn!» erklärte George.
«Das hat
was für sich, Sherry, lieber alter Knabe», sagte Ferdy einsichtig. «Geht nicht
an, die Leute wissen zu lassen, daß George deine Frau geküßt hat. Wenn du dich
schon duellieren mußt – aber wohlgemerkt, ich bin nicht dafür, denn du weißt,
wie er ist, und zehn zu eins wette ich, daß die ganze Sache nur ein Unsinn war!
–, dann werde ich dir sekundieren, und Gil und ich werden die ganze
Angelegenheit miteinander in Ordnung bringen. Aber merk dir, George, wenn du
Pistolen wählst, dann bist du nicht der Mensch, für den ich dich immer gehalten
habe.»
«Nun, ich
werde es dennoch tun», sagte George unverzüglich.
«Laß ihn
wählen, was ihm Spaß macht: es ist mir egal!» erklärte Sherry großartig.
«Mylord, ich werde Mr. Fakenham bitten, Ihren Sekundanten
aufzusuchen, und nehmen Sie gleichzeitig zur Kenntnis, daß ich es für einen
verdammt niederträchtigen Trick halte, daß Sie Gil namhaft gemacht haben,
bevor ich die Chance hatte, es selbst zu tun!»
13
Der Ehrenkodex schreibt den Sekundanten
bei ihrer Begegnung als erste Pflicht vor, alles zu
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