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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lord Sherry
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daß er nicht den geringsten Grund hatte, Lord Wrotham
argwöhnisch zu betrachten, gab er sich mit dieser Erklärung zufrieden und ließ
das Thema fallen. Wenige Tage darauf versorgte ihn sein Finanzberater anläßlich
einer Unterredung mit einem anderen, weit seriöseren Problem. Mr. Stoke hielt
es für seine Pflicht, Seiner Lordschaft gewisse höchst unangenehme Tatsachen
zur Kenntnis zu bringen. Da diese Unterredung einem ungewöhnlich schwarzen Montag
im Tattersall folgte, begleitete der Viscount seine Frau in ziemlich
mißvergnügter Stimmung auf den Ball der Lady Fakenham. Sein Freund Revesby, dem
er sich anvertraut hatte, tat sein Bestes, um seine Laune zu heben, und verlieh
seiner Überzeugung Ausdruck, daß sich das Glück in kürzester Zeit wenden müsse,
ja, er führte ihn sogar in eine neue Spielhölle ein, die sich auf dem Pickering
Place befand und auf so diskrete Weise geleitet wurde, daß der Viscount nicht
überrascht gewesen wäre, wenn das Individuum, mit dem er sich durch ein
eisernes Gitter in der Tür unterhielt, von ihm ein Losungswort verlangt hätte,
ehe es ihm Einlaß gewährte. Er hatte bis in die frühen Morgenstunden Makao
gespielt, doch mit recht mittelmäßigem Erfolg; obwohl Sir Montagu der Meinung
war, daß Anfangsverluste ein günstiges Zeichen seien, war es eine unleugbare
Tatsache, daß sich Seine Lordschaft, als er im Palais Fakenham am Cavendish
Square eintraf, keineswegs in seiner gewohnten sonnigen Stimmung befand.
    «Abgebrannt,
lieber alter Junge?» fragte Mr. Fakenham, der den Tattersall am Abrechnungstag
gleichfalls besucht hatte.
    Sherry
machte eine Grimasse.
    «Du wirst
dich schon wieder rangieren», sagte Ferdy ermutigend. «Dachte selbst, daß ich
pleite wäre, bis Brock mir letzten Mittwoch den Tip gab, auf Sweeter When
Clothed zu wetten.»
    «Ich habe
mein Geld auf First Time of Asking angelegt», sagte Seine Lordschaft
düster.
    Ferdy
schüttelte den Kopf. «War ein Fehler, hättest auf Brock hören sollen. Ist ein
schlauer Fuchs, dieser Brock. Komm, trink etwas!»
    Dieser
Vorschlag erschien Sherry so vorzüglich, daß er sich seinem Cousin anschloß, um
auszuprobieren, ob der Champagnerpunsch imstande wäre, seine Laune zu heben.
Sie hätten es sehr begrüßt, wenn sich auch Lord Wrotham ihnen angeschlossen
hätte, aber Seine Lordschaft, dessen dunkle, ausdrucksvolle Augen teils vor
Erwartung, teils vor Erregung glühten, weigerte sich, den Ballsaal zu
verlassen.
    Leider war
der Abend aber nicht dazu bestimmt, Wrothams Erwartungen zu erfüllen. Miss
Milborne, die das Veilchenbukett aus der Hand des Negerpagen ihrer Mutter
empfing, wurde von widerstreitenden Gefühlen zerrissen. Sie konnte sich einer
gewissen Rührung nicht erwehren, daß Wrotham sich so viel Mühe gegeben hatte,
für sie jene Blumen aufzutreiben, von denen er annehmen mußte, sie wären ihre
Lieblings blumen. Sie empfand Gewissensbisse, als sie sich erinnerte, ihm
diesen völlig unwahren Bescheid gegeben zu haben, und ihre mitfühlenderen
Empfindungen trieben sie dazu, auf dem Ball sein Bukett zu tragen, statt der
gelben Rosen, die im Laufe des Tages mit Empfehlungen Seiner Gnaden von Severn
an ihrer Tür abgegeben worden waren. Aber verschiedene Umstände sprachen gegen
diese Regung: vor allem war Wrotham die Eingebung, ihr die Blumen mit der
zweiten statt der ersten Version zu schicken, erst in zwölfter Stunde gekommen.
«Stecken Sie diese Blumen an, und ich werde wissen, was ich denken soll»,
lautete die Widmung auf der Visitenkarte Seiner Lordschaft. Dieses Tempo
erschien Miss Milborne denn doch ein wenig überstürzt, da sie der Ansicht war,
daß es für Seine Lordschaft besser wäre, solange in seinem gegenwärtigen
unorientierten Zustand zu verbleiben, bis sie sich über ihre eigenen Gefühle im
klaren war. Sie war immer geneigt, sich mit ihren zahlreichen Bewerbern einen
kleinen harmlosen Flirt zu gestatten, aber sie war ein gutherziges Mädchen und
hatte nicht das Gefühl, das Ballbukett tragen zu dürfen, das ihr mit einer so
anzüglichen Widmung geschickt worden war, außer wenn sie bereit wäre, Wrothams
Werbung anzunehmen. Als sie die Angelegenheit genau überlegt hatte, gesellte
sich ihrem Mitleid für jemanden, der so entflammt war, ein leichter Unwille
hinzu. Es wäre, dachte sie, wirklich die Höhe, daß George sie nahezu vierzehn
Tage vernachlässigt hatte, um ihr dann ein Veilchenbukett zu schicken, an das
er ein Ultimatum knüpfte. Aber es gab noch eine andere Überlegung –

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