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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lady April
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Entschlußkraft aufbieten, um nicht
unverzüglich einen neuen Brief an ihn abzusenden, in welchem sie ihn an ihre
verzweifelte Lage erinnerte. Im Laufe des Nachmittags erhielt sie den Besuch
der Lady Sefton, die eine Stunde blieb, geheimnisvolle Anspielungen machte und
Letty auf so schalkhaft neugierige Art ansah, daß es diese junge Dame später
veranlaßte, sie ein widerliches Geschöpf zu nennen, was äußerst ungerecht war,
denn verborgen unter ihrer unangenehmen Affektiertheit befand sich ein
grundgütiges Wesen. Da sie seit vielen Jahren mit Mrs. Allandale gut bekannt
war, wußte sie über den Stand der Dinge am Grosvenor Square ziemlich genau Bescheid.
Selbst Nell, die sie sehr gern mochte, konnte sie nicht davon freisprechen,
nur gekommen zu sein, um, wenn möglich, interessante Neuigkeiten zu entdecken,
die Mrs. Allandale bisher nicht zu Ohren gekommen waren. Kaum war sie
gegangen, als ein weit unwillkommenerer Besuch in der Person der Lady Cowper
erschien, die vorgeblich aus dem Grund kam, die liebe Lady Cardross zu bitten,
sie bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung zu unterstützen, deren Präsidentin
sie war. Sie verlor indes keine Zeit, um auf zuckersüße Art alle Details über
Lettys Romanze in Erfahrung zu bringen. Nell war entsetzt, als sie bemerkte,
daß Mylords Meine Schwester zu den on Bits von London zählte, und als
sie zu ihr hinübersah, konnte sie feststellen, daß sie gleichfalls bestürzt
schien. Wie alle Lambs besaß Lady Cowper ungeheuer viel Charme, durch welchen
sich Unvorsichtige oft zu Vertraulichkeiten hinreißen ließen, die ihr den
ersehnten Stoff für ihre witzige Zunge lieferten. Durch ihre einschmeichelnden
Reden erreichte sie bei den beiden Damen Merion jedoch nichts anderes, als daß
Letty sie steinern anstarrte und Nell mit freundlicher Höflichkeit alle
Anspielungen und Erkundigungen zurückwies, was Lady Cowper dazu veranlaßte,
später ihren zahlreichen Bekannten zu erzählen, wie traurig es sei, daß ein so
schönes Geschöpf so unleidlich dumm sei. Kaum hatte sie sich verabschiedet, als
die beiden Damen eine ergötzliche halbe Stunde damit verbrachten, kein gutes
Haar an ihr zu lassen, und zu entscheiden versuchten, ob ihr schlimmster
Fehler darin bestand, die Menschen hinter ihrem Rücken zu kritisieren, oder in
Toiletten Besuche zu machen, die mit unbestreitbar schmutzigen Spitzen
garniert waren.
    Der Abend
wurde durch einen temperamentvollen Versuch Lettys belebt, ihrem Bruder zu
beweisen, daß er sich einer Unterschlagung schuldig mache, wenn er ihr das ihr
zustehende Vermögen vorenthielt. Er lehnte es ab, sich in einen Wortwechsel
einzulassen, hörte ihr aber mit großer Geduld zu, als sie sich, nachdem sie
diese aussichtslose Beweisführung aufgegeben hatte, wenn auch reichlich
nebulos, darüber verbreitete, welche vielfältigen Vorteile ein Leben in
Brasilien bot, und über den Jammer, dem sie ausgeliefert sei, wenn sie durch
tausende Meilen und Äonen von Mr. Allandale getrennt wäre. Er versuchte sogar,
sie mit liebevollen Worten dazu zu bewegen, die Sachlage mit größerer Gelassenheit
zu betrachten, und erklärte ihr in amüsiertem Ton, doch mit starkem
Einfühlungsvermögen, daß zwei oder drei Jahre kaum als Äonen zu betrachten
seien, und die Möglichkeit, Mr. Allandale könnte ihr von einem berechnenden
Mädchen portugiesischer Abstammung weggeschnappt werden, zu fernliegend sei, um
sie einer ernstlichen Erwägung zu würdigen. «Rede dich nicht in einen so
schrecklichen Zorn hinein, liebes kleines Schwesterchen», sagte er, ergriff
ihre Hand und drückte sie herzlich. «Weißt du, daß du noch viel schlimmer dran
sein könntest? Wäre ich nämlich der gefühllose Tyrann, für den du mich hältst,
dann hätte ich Allandale gesagt, er müsse sich diese Sache ein für allemal aus
dem Kopf schlagen. Das hätte ich auch tun sollen, wie alle Welt sagen wird. Ich
habe es jedoch nicht getan und werde es auch nicht tun. Doch du darfst von mir
nicht erwarten, daß ich dir mit deinen siebzehn Jahren gestatte, dich an einen
jungen Mann wegzuwerfen, der weder auf vornehme Geburt noch auf eine
gesellschaftliche Position hinweisen kann und eben erst am Beginn seiner
Karriere steht. Ich werde es nicht tun, also schlage dich nicht weiter mit mir
herum, sei ein braves Kind und versuche, etwas klüger zu werden.»
    Sie starrte
ihm mit entschlossener Miene unfreundlich ins Gesicht. «Du würdest nicht so
sprechen, hättest du jemals jemanden so geliebt, wie ich Jeremy

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