Georgette Heyer
bewirtschaftet, sehe ich nicht
ein, warum es nicht halbwegs ertragreich sein sollte. Jedenfalls so weit
ertragreich, daß es sich selbst erhält.»
«Nicht ohne
viel Geld hineinzustecken», entgegnete Julian.
«Nein, mein
Nestor! Aber kannst du dir vorstellen, daß ich das Gut in seinem jetzigen
Zustand zum Verkauf anbiete? Du mußt eine schlechte Meinung von mir haben!»
«Ja!» sagte
Julian lachend. «Du willst mich wohl glauben machen, du bringst das Gut nur in
Ordnung, um es sofort mit Gewinn zu verkaufen; das kannst du mir aber nicht
weismachen! Ich kenne dich viel zu gut, um mich von dir anschwindeln zu lassen.
Du bringst es auf Glanz, um noch einige von deinen armseligen Waisen
unterzubringen. Mag sein, daß es profitabel wird, aber ich wage zu wetten, daß
du nicht das herauskriegen wirst, was du hineinsteckst.»
«Wenn der
alte Joseph nur gewußt hätte, wie sehr du seines Geistes bist!» sagte Waldo,
den Kopf schüttelnd. «Nein, nein, versuche nicht, mich breitzuschlagen, du
weißt, es wird dir nicht gelingen – und wir werden sofort Mrs. Wedmore
hierhaben. Wenn es dir ein Trost ist: ich habe mich noch nicht entschieden, ob
das Gut das ist, was ich für meine < armseligen Waisen > brauche. Hingegen habe
ich mich entschieden, daß es mir zu sehr gegen den Strich gehen würde, dieser
Versuchung zu widerstehen.»
«Versuchung?
Mir scheint, es ist mehr eine Verantwortung», rief Julian aus.
«Gerade
deshalb!» stimmte Sir Waldo neckend bei. «Du hast, wie immer, ins Schwarze
getroffen. Nein, du prätentiöser, junger Alleswisser, das werde ich nicht.»
Lord
Lindeth, der seine Versuche, Sir Waldo umzustimmen, gescheitert sah, sagte mit
einem Rest von Hoffnung: «Aber ich bin der Wahrheit recht nahegekommen, nicht
wahr?»
«Pfuscharbeit!»
neckte Sir Waldo und ließ seines Cousins Handgelenke los, als die Tür geöffnet
wurde. «Oh, Mrs. Wedmore, kommen Sie nur herein!»
«Bitte,
Sir!» sagte die Haushälterin mit einem Knicks. «Wenn es sich um das Laken
handelt, das Seine Lordschaft gestern nacht mit dem Fuß durchgestoßen hat, es
tut mir wirklich leid, aber sie ist so abgenützt, die Wäsche ...»
«Darum und
noch um vieles andere», unterbrach er sie und lächelte ihr vertrauensvoll zu.
«Lindeth, warum hast du's nicht mannhaft eingestanden? Hast wohl Angst gehabt,
Mrs. Wedmore wird dir den Kopf waschen? Verlaß uns, und ich werde versuchen,
sie wieder zu versöhnen!»
«Oh, Sir!»
protestierte Mrs. Wedmore sehr verwirrt. «Als ob mir so etwas
einfiele! Ich wollte Ihnen nur erklären ...»
«Natürlich
wollten Sie! Aber das ist gar nicht nötig. Ich möchte, daß Sie mir
sagen, was angeschafft werden muß, damit das Haus wohnlich wird, und wo man die
Sachen schnell bekommen kann.»
Das klang
wie Musik in Mrs. Wedmores Ohren. Sie schnappte nach Luft und sagte mit
erstickter Stimme, die ihre Erregung nicht verbergen konnte: «Oh, Sir! Ich bin
glücklich, wenn Sie das im Ernst sagen, Sir.» Da sie in seinem Gesicht
Zustimmung las, holte sie tief Atem und brachte eine Reihe der dringendsten
Anschaffungen hervor.
Das
Resultat dieser Unterredung hätte ihn sehr gequält, wäre es ihm bekannt
geworden. Sein Personal in Manifold nahm es für selbstverständlich, daß das,
was nötig war, immer sofort bestellt wurde. Keiner seiner Nachbarn schenkte der
(noch von seiner Mutter veranlaßten) Aufstellung eines neuen, hochmodernen,
geschlossenen Küchenherdes die geringste Beachtung, und er konnte sich nicht
vorstellen, daß die carte blanche, die er Mrs. Wedmore gab, das
Gesprächsthema des Bezirks werden könnte.
Mrs. Underhill
war es, die die Neuigkeit nach Staples mitbrachte, als sie von einem
gemütlichen Plausch mit Mrs. Chartley vom Pfarrhaus heimkehrte. Mrs. Wedmore
und Mrs. Honeywick vom Pfarrhaus waren alte Bekannte, und in das willige Ohr
ihrer Freundin ergoß Mrs. Wedmore alle Einzelheiten dieser bis an Lebensende
unvergeßlichen Kauforgie in Leeds. «Abgesehen von der Wäsche und dem Geschirr
und dergleichen, hat er den Baumeister bestellt, damit dieser feststellt, was
mit dem Dach zu geschehen hat, und jedes Brett im Haus soll er prüfen. Scheint
also, daß er zu bleiben gedenkt, nicht wahr?» sagte Mrs. Underhill.
Miss Trent
stimmte dem zu.
«Ja, aber
andererseits», bedachte Mrs. Underhill, «sagte er zu Mrs. Wedmore, daß er keine
Gäste einladen werde, und dingte deshalb auch keinen netten Lakai. Natürlich,
er ist ein lediger Mann – aber man würde doch erwarten, daß er seine
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