Georgette Heyer
Freunde
einladen wird, um bei ihm zu logieren – würden Sie das nicht?»
Da Miss
Trent noch nicht darüber nachgedacht hatte, knüpfte sie auch keine Erwartungen
daran, doch sie stimmte Mrs. Underhill abermals zu.
«Ja»,
nickte Mrs. Underhill mit bewölkter Stirne. «Aber etwas gefällt mir nicht, Miss
Trent, er hat einen Lord bei sich!»
«Wirklich?»
sagte Miss Trent und versuchte Haltung zu bewahren. «Was für einen – ich meine
– welchen Lord, Ma'am?»
«Das kann
ich Ihnen nicht sagen, denn Mrs. Honeywick erinnerte sich nicht seines Namens
und konnte ihn daher ihrer Gnädigen nicht nennen; nur so viel wußte sie, daß er
ein Cousin von Sir Waldo und sehr jung und hübsch ist. Nun, die Gattin des
Gutsherrn wird wohl jubeln – Sie wissen ja, sie hält sich für einen Ausbund der
Vornehmheit –, ich aber für mein Teil möchte nicht, daß junge Lords in unserer
Nachbarschaft herumstreifen. Nicht, daß ich mir nichts aus guter Gesellschaft
mache. Als Mr. Underhill noch lebte, haben wir immer wieder die Gedecke für
unsere Gäste vermehrt, gar nicht zu sprechen von den Gesellschaften in
Harrogate und die Rennen in York, und ich verbrachte manche Zeit nicht nur mit
einem Lord, sondern mit Dutzenden. Und überdies, meine Liebe, wenn Mrs.
Mickleby sich noch so aufspielt, ein Dinner, wie ich es geben werde, kann sie
nicht auf den Tisch stellen, darauf können Sie sich verlassen! Ja, und da fällt
mir noch etwas ein! Sie schickt ihre Dinnereinladungen aus, und auf meiner
steht kein Wort von Tiffany. Sie sagte zu Mrs. Chartley, sie wisse, daß ich es
nicht gerne habe, wenn sie Tiffany zu einer formellen Party einlädt, da sie ja
noch nicht genug reif ist. Also, wenn sie dieser Meinung ist, dann hat sie
Tiffany noch nicht in einer ihrer üblen Launen gesehen! Aber das ist auch nicht
der wahre Grund! Sie will Tiffany nicht dabei haben, da sie ihre Töchter in den
Schatten stellt – ich muß sagen, ich nehme es ihr nicht übel, ein reizloseres
Paar Mädchen wird man schwerlich finden!»
Es war
offensichtlich, daß sie zwischen der Hoffnung, die Erbin für ihren Sohn zu
angeln, und dem Wunsch, die Gutsfrau zu übertreffen, zerrissen wurde. Ihre
Intelligenz war nicht überragend, aber sie hatte den gewissen gesunden
Hausverstand, der ihr sagte, daß das freundliche Benehmen von Mrs. Mickleby
nicht ein Ausdruck von Höflichkeit, sondern von Herablassung war. Mrs. Mickleby
spielte sich ihr gegenüber als die grande dame auf, und das (wie sie in
einem mitteilsamen Augenblick schon einmal zu Miss Trent gesagt hatte) war
etwas, das sie nicht hinnehmen werde. Mochte Mrs. Mickleby noch so sehr mit
Persönlichkeiten von Rang verwandt sein, und gewiß war sie die Gattin des
Gutsherrn, aber Staples sei ein viel größeres Haus als das Herrschaftshaus,
und wenn sie selbst auch von niedriger Herkunft sei, würde sie nie eine
Frauensperson engagieren, die für sie oder ihre Gäste zu kochen habe.
Miss Trent
zweifelte keinen Augenblick, worauf das hinaussollte. Sie war daher nicht
überrascht, als Mrs. Underhill sofort das Gespräch darauf lenkte, wie viele
Personen sie zum Dinner einladen sollte, wie viele Gänge serviert und ob – oder
nicht – dem Dinner ein Tanz folgen sollte. Die Frage war, was Sir Waldo
vorziehen würde. Was glaubte Miss Trent?
«Was Sir
Waldo vorziehen würde, ist nicht so wichtig, Ma'am», sagte Miss Trent frei
heraus. «Wichtig ist, was Sie vorziehen!»
«Nun, ich
hätte nie erwartet, Sie einen solchen Unsinn reden zu hören!» rief Mrs.
Underhill. «Wo die Party doch zu seinen Ehren gegeben wird! Nie würde ich
meinen eigenen Geschmack zu Rate ziehen. Man gibt doch nicht Parties, um sich
selbst zu unterhalten – ich zumindest nicht!»
«Nein,
gewiß, Ma'am, Sie würden das nicht tun», sagte Ancilla herzlich. In ihren Augen
tanzte ein Lächeln, das sie jünger und ausgesprochen schelmisch aussehen
machte. «Gewöhnlich geben Sie sie, um Tiffany zu gefallen. Wissen Sie, das
sollten Sie nicht!»
«Ja, Sie
haben leicht reden, meine Liebe, aber ich halte es für ganz natürlich, daß sie
ein bißchen Fröhlichkeit braucht, auch wenn ihre Tante Burford es nicht für
schicklich gefunden hat, sie schon dieses Jahr in die Gesellschaft einzuführen.
Und überdies – ich zögere nicht zu gestehen – denn ich weiß sehr wohl, daß ich
zu Ihnen unbesorgt reden kann, wie ich denke –, wenn Tiffany es hier zu
langweilig findet, wird sie kurzerhand ihren Onkel bitten, sie von hier
wegzunehmen. Und das
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