Georgette Heyer
Fenster.
«Sie ist's,
sie ist's! Mon
Dieu, que c'est amusant! Monseigneur,
es ist Lady Fanny!»
Seine
Gnaden bewegte sich lässig auf die Tür zu.
«Ich höre»,
sagte er ruhig. «Ich fürchte, deine unselige Duenna ist tatsächlich
verschieden, Kind.» Er öffnete die Tür. «Nun Fanny?»
Lady Fanny
trat mit lebhaften Schritten ein, umarmte ihn und lief? ihren Mantel zu Boden
fallen.
«Herrje,
welch eine Reise liegt hinter mir! Mein Liebchen, bist du nun wirklich in
Sicherheit?» Sie küßte Léonie. «Ich bin von fieberhafter Neugier erfaßt, auf
mein Wort! Wie ich sehe, trägst du das Musselinkleid, das ich dir schickte.
Ich wußte, daß es dir bezaubernd stehen würde, aber binde deine Schärpe nie in
dieser Art, Kind! Oh, und da ist Rupert! Armer Junge, du siehst schrecklich
blaß aus!»
Rupert
unterbrach sie.
«Genug,
Fan, genug! Was führte dich hierher, zum Donnerwetter?» Lady Fanny streifte
ihre Handschuhe ab.
«Da meine
Cousine von einer Nervenkrise in die andere fiel, was blieb mir anderes übrig?»
verteidigte sie sich. «Außerdem war alles so ungeheuer aufregend, daß ich
einfach nicht stillsitzen konnte!»
Der Herzog
hob das Lorgnon.
«Darf ich
fragen, ob der würdige Edward informiert ist, daß du zu uns gekommen bist!»
fragte er mit schleppender Stimme.
Miladys
Grübchen trat zutage.
«Ich bin
Edwards so müde!» rief sie. «In letzter Zeit hat er sich äußerst aufreizend
benommen. Ich frage mich, ob ich ihn nicht zu sehr verwöhnt habe. Stell dir nur
vor, Justin, er verbot mir, zu euch zu fahren!»
«Du
erstaunst mich», sagte Seine Gnaden. «Dennoch bemerke ich, daß du hier bist.»
«Das wäre
ja nett, wenn ich Edward im Glauben beließe, er könne mir nach Belieben Befehle
erteilen!» rief Milady. «Oh, wir haben eine einzigartige Szene gehabt. Ich habe
ihm Nachricht hinterlassen», fügte sie naiv hinzu.
«Das dürfte
ihn zweifellos trösten», sagte Seine Gnaden höflich.
«Ich glaube
nicht», antwortete sie. «Ich nehme an, er gerät in einen fürchterlichen
Zorn, aber ich lechze nach Unterhaltung, Justin, und Gaston erzählte mir, ihr
führet nach Paris!»
«Ich weiß
nicht, ob ich dich mitnehmen werde, Fanny.»
Sie zog ein
Schmollmündchen.
«Und wie du
mich mitnehmen wirst! Ich mag nicht nach Hause geschickt werden. Wer würde
Léonie chaperonieren, wenn ich wegführe? Denn Harriet liegt im Bett, mein
Lieber, und schwört, sie könne nicht mehr.» Sie wandte sich an Léonie. «Meine
Liebe, du hast dich ungeheuer zu deinem Vorteil verändert, beim Himmel! Und
dieser Musselin steht dir entzückend. Herrje, wer schenkte dir diese Perlen?»
«Monseigneur
gab sie mir», sagte Léonie. «Hübsch sind sie, n'est-ce pas?»
«Ich würde
mein Augenlicht dafür hergeben», sagte Milady ehrlich und warf einen
neugierigen Blick auf ihren den Gleichmut bewahrenden Bruder. Unter reichlichem
Rockgeflatter ließ sie sich in einen Lehnstuhl fallen. «Ich flehe euch an,
erzählt mir, was euch zugestoßen ist, denn Harriet ist solch eine dumme Gans
und so sehr von ihren Nervenkrisen in Anspruch genommen, daß sie mit dem
wenigen, das sie mir berichtete, erst recht meine Neugier weckte. Bin schon
halbtot vor Neugier, muß ich gestehen.»
«Auch wir»,
sagte Seine Gnaden. «Woher kommst du, Fanny, und was hast du mit Harriet
besprochen?»
«Mit ihr
besprochen?» rief Milady. «Du lieber Himmel, Justin! 'Mein Kopf, mein armer
Kopf!' stöhnte sie, und: 'Sie war von jeher ein Wildfang!' Kein einziges Wort
konnte ich ihr entlocken. Ich war nahe daran, sie zu schütteln, auf mein Wort!»
«Zum Henker
mit deiner Schwatzhaftigkeit, Fan!» rief Rupert aus. «Wie kamst du nach Avon?»
«Nach Avon,
Rupert? Bin ich doch seit fast einem Jahr nicht mehr dort gewesen, wenn ich mir
auch kürzlich vorgenommen hatte, meiner lieben Jennifer einen Besuch
abzustatten. Doch es kam nicht dazu, denn Lady Fountain gab ihren Rout, und da
konnte ich schwerlich ...»
«Der
Teufel hole Lady Fountains Rout! Wo
ist meine Cousine?»
«Zu Hause,
Rupert, wo sonst?»
«Was, doch
nicht bei Edward?»
Fanny
nickte nachdrücklich.
«Das
Richtige für seine Gemütsverfassung», murmelte der Herzog. «Daran zweifle ich»,
sagte Fanny nachdenklich. «Er wird doch sicher in schrecklicher Wut sein. Wo
war ich?»
«Noch
nirgends, meine Liebe. Wir erwarten atemlos deine Ankunft.»
«Wie
unfreundlich von dir, Justin! Bei Harriet, richtig! Sie traf in Gastons
Begleitung ein und war nahe daran, in meinen Armen zu
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