Georgette Heyer
sich
ihre Bewunderer in zwei Parteien. Die eine behauptete, die göttliche Léonie
zeige sich im Sattel von ihrer besten Seite, die ändere bestand darauf, daß sie
im Ballsaal nicht ihresgleichen fände. Ein leicht erregbarer junger Herr forderte
um dieser Meinungsverschiedenheit willen einen anderen zum Duell, doch Hugh
Davenant, der anwesend war, hielt den beiden Hitzköpfen energisch vor, daß
sie, vom Wein berauscht, Léonies Namen in aller Leute Mund brächten, und die
Affäre verlief im Sande.
Andere
versuchten Léonie ihre Liebe zu beteuern, worauf sie erzürnt den Entflammten
die Kalte Schulter wies. Wenn sie wollte, konnte sie sehr würdevoll sein und
die Begeisterung ihrer Bewunderer rasch dämpfen. Als Lady Fanny eines Abends,
während sie Léonie beim Ankleiden half, von ihrem Ungemach erfuhr, vergaß sie
sich so weit, auszurufen: «Oh, das hast du ihm glänzend gegeben, meine Liebe!
Du wirst eine prächtige Herzogin sein!»
«Eine
Herzogin, Madame?» rief Léonie. «Wie könnte ich das?»
Lady Fanny
sah sie an und dann ein neues Armband, das auf dem Tisch lag.
«Sag mir
nicht, daß du nichts davon weißt, Kätzchen!»
Léonie
zitterte plötzlich.
«Madame ...!»
«Oh, meine
Liebe, er ist doch bis über die Ohren in dich verliebt, wie alle Welt
weiß! Ich habe seine Liebe wachsen gesehen, und – mein Herzchen, niemanden
sähe ich lieber als meine Schwägerin denn dich, das kann ich dir versichern!»
«Madame,
Sie – Sie müssen sich irren!»
«Ich – und
mich irren? Glaube mir, ich weiß die Zeichen zu deuten, Liebling! Ich kenne
Justin seit vielen, vielen Jahren, und noch nie habe ich ihn so gesehen, wie er
jetzt ist. Du dummes Gänschen, warum schenkt er dir denn all diese Juwelen?»
«Ich – ich
bin sein Mündel, Madame.»
«Puh!»
Milady schnipste mit den Fingern. «Was heißt das schon? Sag mir nur, warum
machte er dich zu seinem Mündel?»
«Ich – ich
weiß es nicht, Madame. Ich – dachte nicht darüber nach.» Milady küßte sie.
«Du wirst
Herzogin sein, bevor noch das Jahr um ist, hab keine Angst!»
Léonie
stieß sie von sich.
«Das ist
nicht wahr! Sie dürfen so etwas nicht sagen!»
«Warum so
hitzig? Gibt es einen Mann, den du je so ins Herz geschlossen hast, wie 'Monseigneur'?»
«Madame ...»
Léonie preßte die Hände aneinander. «Ich bin sehr unwissend, doch ich weiß –
ich habe gehört, was die Leute reden, wenn so jemand wie Monseigneur – eine
Dame heiratet, die nicht von Stand ist. Ich bin nur die Schwester eines
Kneipenwirts. Monseigneur könnte mich nicht heiraten. Ich – ich hätte nie daran
gedacht.»
«Und nun
bin ich so närrisch, dir diese Idee in den Kopf zu setzen!» sagte Fanny reuig.
«Madame,
ich bitte Sie, es niemandem weiterzusagen.»
«Ich gewiß
nicht, Kind, aber jedermann weiß, daß Avon in deinen Netzen zappelt.»
«Nein! Ich
hasse Sie, wenn Sie so sprechen!»
«Oh, meine
Liebe, wir sind doch nur zwei Frauen unter uns – was macht das schon aus?
Justin wird sich über alle Vorurteile hinwegsetzen, glaube mir. Magst du noch
so niederer Abkunft sein, was kümmert's ihn, sobald er dir nur in die Augen
blickt?»
Léonie
schüttelte eigensinnig den Kopf.
«Ich bin
bestimmt keine Närrin, Madame. Es wäre eine Schande für ihn, mich zu heiraten.
Man muß hoher Abkunft sein.»
«Larifari,
Kind! Wenn Paris dich ohne Skrupel aufnimmt, warum dann nicht auch Avon?»
«Madame,
Monseigneur bringt denen, die niederer Geburt sind, keine Liebe entgegen. Oft
und oft habe ich ihn das sagen hören.»
«Vergiß es,
Kind.» Lady Fanny wünschte, sie hätte ihre Zunge besser im Zaum gehalten.
«Komm, laß mich deine Schleifen binden!» Während sie sich an ihr zu schaffen
machte, flüsterte sie Léonie plötzlich ins Ohr: «Liebst du ihn denn nicht, mein
Täubchen?»
«Oh,
Madame, Madame, ich habe ihn immer schon geliebt, aber ich dachte
nicht daran – erst als Sie mir die Augen öffneten ...»
«Nun, nun,
Kindchen! Weine nicht, ich flehe dich an! Du wirst rote Ränder um
die Augen bekommen!»
«Was
kümmern mich meine Augen!» sagte Léonie, trocknete jedoch ihre Tränen
und ließ es zu, daß Lady Fanny ihr Gesicht mit einer neuen Schicht
Puder bedeckte.
Als sie
zusammen hinuntergingen, stand Avon in der Halle, und sein Anblick
brachte wieder Farbe in Léonies Wangen. Er faßte sie fest ins Auge.»
«Was quält
dich, Kind?»
«Nichts,
Monseigneur.»
Zärtlich
kniff er sie ins Kinn.
«Ist's der
Gedanke an deinen prinzlichen Verehrer, der
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