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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Page und die Herzogin
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Madames
Bekanntschaft zu machen?»
    «Ich heiße
Henriette de Verchoureux. Sie kennen mich nicht.»
    «Verzeihung,
Madame; aber ich weiß – sehr viel von Ihnen», erwiderte Léonie schlagfertig.
Madame hatte sich zwar von offenen Skandalen ferngehalten, aber sie stand in
keinem sehr günstigen Ruf. Léonie erinnerte sich der Tage, da Avon sie recht
oft besucht hatte.
    Madame lief
vor Zorn rot an.
    «In der
Tat, Mademoiselle? Und von Mademoiselle de Bonnard weiß man ebenfalls – sehr
viel. Mademoiselle ist sans doute sehr geschickt, aber für diejenigen,
die Avon kennen, ist die ach so strenge Chaperonne eine armselige Tarnung.»
    Léonie hob
die Brauen.
    «Ist's
möglich, daß Madame sich einbildet, ich hätte dort Erfolg gehabt, wo sie
versagte?»
    «Unverschämte
Person!» Madames Hand umkrallte ihren Fächer. «Madame?»
    Madame
starrte auf Léonie, die Verkörperung der Jugend, hinab, und wilde Eifersucht
pochte in ihrem Herzen.
    «Ihre
Frechheit wird Sie nicht weiterbringen», sagte sie schrill. «Sie hoffen in
allen Ehren zu heiraten, kleine Närrin, aber lassen Sie sich von mir raten und
verlassen Sie ihn, denn Avon wird niemals ein unehelich geborenes Mädchen zur
Gattin nehmen!»
    Léonies
Lider flatterten, doch sie schwieg. Madame änderte mit einem Male ihre Taktik
und streckte die Hand aus.
    «Meine
Liebe, ich kann Sie nur von Herzen bedauern! Sie sind so jung, Sie kennen noch
nicht unsere Welt. Avon würde sich nie dazu hinreißen lassen, jemanden Ihres
Blutes zu heiraten – glauben Sie mir. Er wäre sichérlich verloren, wenn er es
täte!» Sie lachte und beobachtete dabei insgeheim Léonie. «Selbst ein
englischer Herzog würde nicht empfangen werden, wenn er so eine wie Sie zur
Gattin hätte», fügte sie hinzu.
    «Tiens, so unedler Geburt bin ich?» sagte
Léonie voll höflichen Interesses. «Ich halte es für schwer möglich, daß Madame
meine Eltern gekannt habe.»
    Madame warf
ihr einen durchdringenden Blick zu.
    «Ist's
möglich, daß Sie's nicht wissen?» fragte sie, bog den Kopf zurück und lachte
nochmals. «Haben Sie denn das Geflüster nicht gehört? Ist Ihnen nicht
aufgefallen, daß Paris Sie beobachtet und sich wundert?»
    «Doch,
Madame, ich weiß sehr wohl, daß ich Aufsehen errege.»
    «Armes Kind,
ist das alles, was Sie wissen? Wo ist denn Ihr Spiegel? Wo sind Ihre Augen?
Haben Sie denn nie Ihr flammendes Haar betrachtet und sich nie gefragt, woher
Ihre schwarzen Brauen und Wimpern stammen? Ganz Paris weiß es, nur Sie nicht?»
    «Eh
bien!» Léonies Herz
schlug heftig, doch sie wußte nach außen hin ihre Haltung zu bewahren. «Klären
Sie mich auf, Madame! Was weiß ganz Paris?»
    «Daß Sie
die illegitime Tochter Saint-Vires sind, mein Kind. Und wir – nous autres – lachen
herzlich, wenn wir zusehen, wie völlig ahnungslos Avon eine Tochter seines
Todfeindes in sein Haus aufgenommen hat!»
    Léonie war
so weiß wir ihr Spitzentuch geworden.
    «Sie
lügen!»
    Madame
lachte höhnisch.
    «Fragen Sie
Ihren feinen Vater, ob ich lüge!» Sie raffte ihre Röcke zusammen und machte eine
verächtliche Geste. «Avon wird es bald erfahren, und
was dann? Kleine Närrin, verlassen Sie ihn lieber gleich, solange Sie's noch
aus eigener Wahl können!» Mit diesen Worten ging sie und ließ Léonie allein im
Salon zurück. Sie preßte die Hände fest aneinander, ihr Gesicht war
versteinert.
    Allmählich
entspannten sich ihre verkrampften Muskeln, und sie ließ sich bebend wieder auf
das Sofa fallen. Ihr erster Impuls war, sich schutzsuchend an Avons Seite zu
bergen, doch sie gebot sich selbst Einhalt und blieb, wo sie war. Anfangs
vermochte sie Madame de Verchoureux' Mitteilung nicht zu glauben, doch
allmählich neigte sie dazu, die Geschichte für wahrscheinlich zu halten.
Saint-Vires Versuch, sie zu entführen, fand auf diese Art eine Erklärung,
ebenso das Interesse, das er ihr stets entgegengebracht hatte. Ekel wallte in
ihr hoch.
    «Bon
Dieu, einen schönen
Vater habe ich da!» sagte sie böse. «Diesen Schweinekerl! Pah!»
    Der Ekel
wich einem Gefühl des Entsetzens und der Angst. Wenn Madame de Verchoureux die Wahrheit
gesprochen hatte, konnte Léonie wieder die alte Einsamkeit vor sich liegen
sehen, denn es war wirklich unvorstellbar, daß eine Persönlichkeit vom Range
Avons ein Mädchen ihrer Geburt adoptieren, geschweige denn heiraten könne. Er
entstammte dem Hochadel; sie mußte sich nun selbst für einen Bastard halten.
So lax seine Ansichten auch sein mochten, wußte Léonie

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