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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Page und die Herzogin
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blickte er mit strenger Miene auf seinen Freund hinab.
    «Wann wirst
du dieser Narretei ein Ende setzen?» fragte er.
    Justin warf
den Kopf zurück; sein zynisch belustigter Blick kreuzte sich mit dem
ärgerlichen Davenants.
    «Was für
Bedenken hast du jetzt schon wieder, mein lieber Hugh?»
    «Wenn ich dieses Kind
zu deinen Füßen sitzen sehe, erfaßt mich – Abscheu!»
    «Ja, ich
hatte den Eindruck, dich außer Fassung zu .sehen. Es muß dir wohl überaus
lächerlich vorkommen, mich als Helden glorifiziert zu sehen.»
    «Der Magen
dreht sich mir um! Dieses Kind anbetend zu deinen Füßen! Hoffentlich gibt dir
seine Bewunderung einen Ansporn. Wenn sie bewirkte, dir vor Augen zu führen,
wie unwürdig du ihrer bist, so hätte sie wenigstens einen Sinn!»
    «Leider
Gottes ist dies nicht der Fall. Darf ich mir die Frage erlauben, mein lieber
Hugh, warum du meinem Pagen solches Interesse entgegenbringst?»
    «Seine
Jugend und seine Unschuld fordern mein Mitleid heraus.»
    «Sonderbarerweise ist
er keineswegs so unschuldig, wie du dir vorstellst.»
    Ungeduldig
wandte sich Davenant um. Er schritt zur Tür, doch während er sie öffnete,
erreichten ihn weitere Worte des Herzogs.
    «übrigens,
mein Lieber, ich befreie dich morgen von meiner Gesellschaft. Entschuldige
mich bitte freundlichst, daß ich dich nicht zu Lourdonnes Spielpartie
begleite.»
    Hugh blickte
zurück.
    «Oh? Wohin
reisest du?»
    «Nach
Versailles. Ich finde es an der Zeit, König Louis wieder einmal meine Huldigung
darzubringen. Es ist wohl zwecklos, dich um deine Begleitung zu bitten?»
    «Gewiß,
besten Dank. Habe keine große Vorliebe für Versailles. Geht Léon mit dir?»
    «Ich habe
wirklich noch nicht darüber nachgedacht. Möglicherweise. Oder wünschst du ihn
vielleicht zu Lourdonne mitzunehmen?»
    Wortlos
verließ Hugh das Zimmer.

5
    SEINE GNADEN STATTET VERSAILLES EINEN BESUCH AB
    Am folgenden Abend stand, kurz vor
sechs, die leichte, mit vier Grauschimmeln bespannte Stadtkutsche des Herzogs
vor seinem Palais. Die Pferde kauten an ihrem Zaumzeug und warfen ungeduldig
ihre prächtigen Köpfe zurück; ihr lautes Stampfen widerhallte im gepflasterten
Vorhof. Die schwarz-gold livrierten Kutscher hielten sich knapp bei ihnen,
denn des Herzogs Pferde waren nicht um ihrer Gefügigkeit willen gewählt
worden.
    Glühend vor
Erregung erwartete Léon seinen Gebieter in der Halle. Seine Gnaden hatte
morgens gewisse Anordnungen erteilt, denen zufolge der Page in ein Gewand aus
schwarzem Samt, mit echten Spitzen um Hals und Handgelenke, gekleidet wurde.
Den Dreispitz trug er unterm Arm und in der Rechten den bebänderten Stock
seines Herrn.
    Avon
schritt langsam die Treppe herab, und bei seinem Anblick verschlug es Léon den
Atem vor Bewunderung. Der Herzog war stets prunkvoll gekleidet, doch an diesem
Abend übertraf er sich selbst. Sein Rock war aus Goldbrokat verfertigt; darüber
schlang sich das blaue Band des Hosenbandordens, und drei weitere Orden
funkelten im Kerzenschein. In den Spitzenschaum seiner Halsbinde waren
Diamanten eingebettet, und eine massive Diamantenschnalle prangte auf dem
Band, das sein gepudertes Haar zusammenhielt. Juwelen blitzten an den Schnallen
und Absätzen seiner Schuhe, unterhalb des Knies war der Hosenbandorden
befestigt. Über dem Arm trug er einen langen, goldgefütterten schwarzen
Mantel, den er nun Léon reichte; in der Hand die Schnupftabakdose und ein
parfümiertes Taschentuch. Schweigend musterte er seinen Pagen von Kopf bis Fuß,
runzelte schließlich die Stirn und wandte sich an seinen Kammerdiener.
    «Vielleicht
erinnern Sie sich, mein lieber Gaston, einer goldenen, mit Saphiren besetzten
Kette – ich weiß nicht mehr, wer sie mir schenkte. Desgleichen einer
saphirbesetzten Anstecknadel in Form eines Kreises.»
    «J-ja,
Monseigneur?»
    «Holen Sie
sie.»
    Gaston
enteilte und kehrte sogleich mit den gewünschten Schmuccstücken zurück.
    Avon nahm
die schwere Kette und warf sie über Léons Kopf, so daß sie auf seiner Brust zu
liegen kam; sie glänzte von einem tiefinnerlichen Feuer, doch sie glänzte nicht
stärker als die Augen des Knaben.
    «Monseigneur!»
keuchte Léon. Er hob seine Hand, um die kostbare Kette anzufassen..
    «Gib mir
deinen Hut. Die Nadel, Gaston.» Gemächlich befestigte er den Ring aus Diamanten
und Saphiren an der aufgeschlagenen Krempe des Pagenhutes. Dann reichte er ihn
Léon und trat einen Schritt zurück, um die Wirkung seiner Kunstgriffe zu
prüfen. «Warum habe ich eigentlich

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