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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Page und die Herzogin
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tief.
    «Ja,
M'sieur; Sie sind mir gegenüber im Vorteil.»
    «Mein Name
ist Justin Alastair», sagte der Herzog, indem er Hut und Handschuhe auf den
Tisch legte.
    «Ja? Sie
werden mir verzeihen, Monsieur, wenn ich Sie nicht gleich einzuordnen weiß. Ich
lebe seit vielen Jahren fern der großen Welt und kann mich im Augenblick nicht
entsinnen, ob Sie den Alastairs in der Auvergne angehören oder der englischen
Familie.» De Beaupré schob ihm, ihn noch immer mit zweifelndem Blicke
betrachtend, einen Stuhl zu.
    Justin
setzte sich.
    «Der
englischen Familie, Monsieur. Kannten Sie vielleicht meinen Vater?»
    «Flüchtig,
sehr flüchtig», antwortete de Beaupré. «Sie sind der Herzog von
Avon, nicht wahr? Was verschafft mir die Ehre Ihres Besuchs?»
    «Ich bin der
Herzog von Avon, ja. Täusche ich mich, wenn ich annehme, mit
einem Verwandten des Marquis de Beaupré zu sprechen?»
    «Mit seinem Onkel,
M'sieur.»
    «Ah!»
Justin verneigte sich. «Dann sind Sie also der Vicomte de Marillon.»
    Der Pfarrer
setzte sich wieder an den Tisch.
    «Ich habe
schon vor Jahren auf diesen Titel verzichtet, M'sieur, da er mich eitel dünkte.
Meine Familie wird Ihnen versichern, daß ich verrückt bin. Sie nennt meinen
Namen nicht.» Er lächelte. «Ich habe ihr natürlich Schande bereitet. Ich habe
es vorgezogen, hier unter meinen braven Leuten zu werken, anstatt einen
Kardinalshut zu tragen. Doch vermutlich sind Sie nicht den langen Weg nach
Anjou gekommen, um sich derlei anzuhören. Was kann ich für Sie tun?»
    Justin
offerierte seinem Gastgeber Schnupftabak.
    «Ich hoffe,
M'sieur, daß Sie mir einige Aufklärungen geben können», sagte er.
    De Beaupré
nahm eine Prise und hielt sie delikat an seine Nase.
    «Das wird
kaum möglich sein, M'sieur. Wie gesagt, ich habe mich bereits seit langem von
der großen Welt zurückgezogen, und was ich von ihr wußte, habe ich beinah vergessen.»
    «Was ich
wünsche, mon père, hat nichts mit der großen Welt zu tun», entgegnete
Seine Gnaden. «Ich wünsche, daß Sie sich sieben Jahre zurückversetzen.»
    «Nun?» De
Beaupré nahm die Kielfeder auf und strich mit ihr durch seine Finger. «Und wenn
ich dies getan habe, mon fils, was dann?»
    «Wenn Sie
dies getan haben, M'sieur, werden Sie sich vielleicht einer Familie namens
Bonnard entsinnen, die hier gelebt hat.»
    Der Pfarrer
nickte. Seine Augen wichen nicht von Avons Gesicht.
    «Und vor allem des Kindes –
Léonie.»
    «Es ist die
Frage, was der Herzog von Avon von Léonie weiß. Ich vergesse nicht so leicht
etwas.» Die blauen Augen waren undurchdringlich.
    Seine
Gnaden ließ das eine bestiefelte Bein leicht hin und her schaukeln.
    «Bevor ich
weitergehe, mon père, möchte ich Ihnen zu verstehen geben, daß ich
vertraulich spreche.»
    Der Pfarrer
strich mit dem Kiel leicht über den Tisch.
    «Und bevor
ich einwillige, diese Vertraulichkeit hinzunehmen, mein Sohn, möchte ich
erfahren, was Sie von einem Bauernmädchen wollen und was dieses Bauernmädchen
Ihnen bedeutet», antwortete er.
    «Augenblicklich
ist sie mein Page», sagte Avon sanft.
    Der Pferrar
hob die Brauen.
    «So?
Pflegen Sie Mädchen als Pagen zu verwenden, Monsieur le Duc?»
    «Dies
gehört nicht gerade zu meinen alltäglichen Gepflogenheiten, mon père. Das
Mädchen weiß nicht, daß ich ihr wahres Geschlecht entdeckt habe.»
    Rhythmisch
strich abermals die Feder über den Tisch.
    «Nein, mein
Sohn? Und was wird sie sonst erfahren?»
    Avon
blickte ihm hochmütig ins Gesicht.
    «Monsieur de
Beaupré, Sie werden mir gewiß verzeihen, wenn ich darauf hinweise, daß mein
Wandel nicht Ihre Sache ist.»
    Der Pfarrer
hielt seinem Blick stand, ohne mit der Wimper zu zucken.
    «Ihr Wandel
ist Ihre Sache, mein Sohn, und doch müssen Sie ihn dem aller Welt anpassen. Ich
könnte Ihnen erwidern: Léonies Wohlergehen ist nicht Ihre Sache.»
    «Da würde
sie Ihnen nicht beistimmen, mon père. Wollen wir doch versuchen,
einander zu verstehen. Sie gehört mir mit Leib und Seele. Ich habe sie dem
Rohling abgekauft, der sich ihr Bruder nannte.»
    «Mit
Recht», sagte de Beaupré ruhig.
    «Finden
Sie? Seien Sie versichert, M'sieur, daß Léonie bei mir besser aufgehoben ist
als bei Jean Bonnard. Ich bin gekommen, um Sie zu bitten, ihr zu helfen.»
    «Ich habe
noch nie gehört, daß – Satanas einen Priester zu seinem Verbündeten erkor,
M'sieur.»
    Einen
Augenblick lang enthüllte ein Lächeln Avons weiße Zähne.
    «So
zurückgezogen Sie von der großen Welt leben, mon père – dieser

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