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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Page und die Herzogin
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Name ist
Ihnen dennoch zu Ohren gekommen?»
    «Ja,
M'sieur. Ihr Ruf ist kein Geheimnis.»
    «Sie
schmeicheln mir. In diesem Fall jedoch lügt mein Ruf. Léonie ist bei mir in
Sicherheit.»
    «Wieso?»
fragte de Beaupré gelassen.
    «Weil ein
Geheimnis mit ihr verbunden ist, mein Vater.»
    «Dies
scheint mir ein unzureichender Grund.»
    «Dennoch
möge er Ihnen genügen. Wenn ich mein Wort gebe, gebe ich Garantie.»
    Der Pfarrer
kreuzte die Arme vor der Brust und blickte ruhig in Avons Augen. Dann nickte
er.
    «Schön und
gut, mon fils. Erzählen Sie mir, was aus la petite geworden ist.
Dieser Jean war ein Nichtsnutz, aber er wollte Léonie nicht bei mir lassen.
Wohin brachte er sie?»
    «Nach
Paris, wo er eine Schenke kaufte. Er kleidete Léonie als Knaben, und sieben
Jahre lang ist sie ein Knabe gewesen. Nun ist sie so lange mein Page, bis ich
dieser Komödie ein Ende setze.»
    «Und was
geschieht dann?»
    Justin
klopfte mit einem seiner polierten Fingernägel gegen den Deckel der
Schnupftabakdose.
    «Ich bringe
sie nach England – zu meiner Schwester. Ich habe so etwas wie die Absicht, sie
– äh – zu adoptieren. Als mein Mündel, verstehen Sie. Selbstverständlich wird
sie entsprechend chaperoniert werden.»
    «Warum
dies, mein Sohn? Wenn Sie la petite Gutes zu tun wünschen, schicken Sie
sie zu mir.»
    «Mein
lieber Vater, ich habe noch nie in meinem Leben gewünscht, jemandem etwas Gutes
zu tun. Ich habe meine Gründe, dieses Kind bei mir zu behalten. Und, so seltsam
es klingen mag, ich habe lebhafte Zuneigung zu ihr gefaßt. Eine durchaus
väterliche Gefühlsregung, glauben Sie mir.»
    In diesem
Augenblick trat die Haushälterin ein; sie trug ein Tablett mit einer
Weinkaraffe und Gläsern. Sie stellte es neben ihrem Herrn nieder und zog sich
dann zurück.
    De Beaupré schenkte seinem Besucher ein Glas Canary ein.
    «Fahren Sie
fort, mein Sohn. Ich sehe noch nicht, wie ich Ihnen behilflich sein kann und
warum Sie diese lange Reise zu mir unternommen haben.»
    Der Herzog hob das Glas an seine Lippen.
    «Eine
überaus ermüdende Reise», bestätigte er. «Aber die hiesigen
Hauptverkehrsstraßen sind gut. Besser als unsere englischen. Ich kam hierher,
mein Vater, um Sie zu bitten, mir alles zu sagen, was Sie über Léonie wissen.»
    «Ich weiß
sehr wenig. M'sieur. Sie kam als Baby hierher und verließ diesen Ort, als sie
knapp zwölf Jahre alt war.»
    Justin
beugte sich vor, den einen Arm auf den Tisch gestützt.
    «Woher kam
sie, mon père?»
    «Dies wurde
stets geheimgehalten. Ich glaube, sie kamen aus der Champagne. Gesagt haben sie
es mir nie.»
    «Nicht
einmal – unter dem Siegel des Beichtgeheimnisses?»
    «Nein.
Davon würden Sie auch nichts haben, mein Sohn. Aus Andeutungen, die Mère
Bonnard gelegentlich fallenließ, entnahm ich, daß sie aus der Champagne
stammten.»
    «M'sieur»,
Justins Augen weiteten sich ein wenig, «ich möchte offen zu Ihnen sprechen. Als
Sie Léonie vom Säuglingsalter zum jungen Mädchen heranwachsen sahen – hielten
Sie sie da wirklich für eine Bonnard?»
    Der Pfarrer
blickte aus dem Fenster. Ein Weilchen zögerte er mit der Antwort.
    «Ich
wunderte mich, Monsieur ...»
    «Nicht
mehr? Sprach nichts dafür, daß sie keine Bonnard war?»
    «Nur ihr
Gesicht.»
    «Und ihr
Haar und ihre Hände. Erinnerte sie Sie an niemanden, mein Vater?»
    «In diesem
Alter ist das schwer zu sagen. Da sind die Gesichtszüge noch nicht
ausgebildet. Als die Mère Bonnard starb, versuchte sie etwas zu äußern. Daß es
Léonie betraf, weiß ich, doch sie verschied, bevor sie es mir mitteilen
konnte.»
    Seine
Gnaden runzelte die Stirn.
    «Wie
ungeschickt!»
    Der Pfarrer
preßte die Lippen zusammen.
    «Was ist
mit la petite, Sir? Was geschah mit ihr, als sie diesen Ort verließ?»
    «Sie wurde,
wie ich Ihnen bereits erzählte, gezwungen, ihr Geschlecht zu ändern. Bonnard
heiratete eine zänkische Schlumpe und kaufte eine Schenke in Paris. Pfui!»
Seine Gnaden nahm eine Prise.
    «Vielleicht
war es ganz gut, daß Léonie zu dieser Zeit ein Knabe war», meinte de Beaupré ruhig.
    «Zweifellos.
Ich fand sie eines Abends, als sie vor einer Züchtigung floh. Ich kaufte sie,
und sie sah mich fälschlich für einen Helden an.»
    «Ich hoffe, mon flis, daß sie niemals Ursache haben wird, ihre Meinung zu ändern.»
    Der Herzog
lächelte abermals.
    «Diese
Rolle ist schwer durchzuhalten, mein Vater. Wollen wir das beiseite lassen. Als
ich sie zum erstenmal sah, kam mir blitzschnell der Gedanke, daß sie

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