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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Page und die Herzogin
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Arm.
    «Was werden
Sie nun tun, mein Sohn?»
    «Wenn
Léonie tatsächlich das ist, wofür ich sie halte, werde ich sie ihrer Familie
zurückstellen. Wie dankbar werden sie mir sein! Wenn nicht ...» Er
machte eine Pause. «Nun, ich habe eigentlich diese Möglichkeit
noch nicht bedacht. Seien Sie versichert, daß ich für sie sorgen werde.
Jetzt muß sie zuerst lernen, wieder ein Mädchen zu sein. Danach werden wir
weitersehen.»
    Der Pfarrer
blickte ihm kurze Zeit voll ins Auge.
    «Mein Sohn,
ich vertraue Ihnen.»
    «Sie
überwältigen mich, Vater. Zufälligerweise darf man mir diesmal vertrauen.
Eines Tages werde ich Léonie zu Ihnen bringen.»
    Der Pfarrer
schritt mit ihm zur Tür, und sie traten Seite an Seite in den kleinen
Vorraum hinaus.
    «Weiß sie
das alles, M'sieur?»
    Justin
lächelte.
    «Mein
lieber Vater, ich bin viel zu alt, um Frauen zu Hüterinnen meiner
Geheimnisse zu machen. Sie weiß nichts.»
    «Die arme
Kleine! Wie ist sie denn jetzt?»
    Avons Augen
funkelten.
    «Sie ist
eine Art Kobold, mon père, mit dem ganzen Saint-Vireschen Feuer und
mit sehr viel Keckheit, deren sie sich nicht bewußt ist. Meiner Meinung nach
hat sie schon einiges gesehen, und zeitweise stelle ich eine Zynik an ihr fest,
die mich recht sehr amüsiert. Ansonsten ist sie abwechselnd klug und
unschuldig. Die eine Minute hundert Jahre alt, ein Baby in der nächsten. Wie
alle Frauen.»
    Sie waren
nun beim Gartenzaun angelangt, und Avon winkte dem Knaben, der sein Pferd
hielt.
    Einige der
besorgten Furchen in de Beauprés Antlitz hatten sich geglättet.
    «Mein Sohn,
Sie haben die Kleine mit großer Einfühlung geschildert. Sie sprachen wie
jemand, der sie versteht.»
    «Ich habe
einige Gründe, ihr Geschlecht zu kennen, mein Vater.»
    «Mag sein. Aber haben Sie
je einer Frau jene Gefühle entgegengebracht, die Sie für diesen – Kobold
hegen?»
    «Mir ist
sie mehr ein Knabe als ein Mädchen. Ich gebe zu, ich habe sie gern. Sehen Sie,
es ist so wohltuend, ein Kind ihres Alters – und Geschlechts – sein eigen zu
nennen, das nicht schlimm von einem denkt und auch nicht auf Flucht sinnt. Ich
bin für sie ein Held.»
    «Hoffentlich
bleiben Sie es stets für sie. Seien Sie sehr gut zu ihr, ich bitte Sie darum.»
    Avon beugte
sich nieder und küßte seine Hand mit einer Geste halb ironischer Ehrfurcht.
    «Wenn ich
das Gefühl habe, meine Heldenpose nicht mehr aufrechterhalten zu können, werde
ich Léonie – die ich übrigens zu adoptieren im Begriff stehe – zu Ihnen
senden.»
    «C'est
entendu», nickte
de Beaupré. «Fürs
nächste stehe ich zu Ihnen. Sie werden sich der Kleinen annehmen und sie
vielleicht den Ihren zurückgeben. Adieu, mon fils.»
    Avon
bestieg das Pferd, warf dem kleinen Jungen einen Louis zu und verbeugte sich
nochmals tief.
    «Ich danke
Ihnen, Vater. Wir verstehen, scheint's, einander sehr wohl – Satan und
Priester.»
    «Vielleicht
tragen Sie diesen Namen zu Unrecht, mein Sohn», sagte de Beaupré mit dem Anflug
eines Lächelns.
    «Oh, das
glaube ich nicht! Wissen Sie, meine Freunde kennen mich recht gut. Adieu,
mon père!» Er setzte den Hut auf und ritt in Richtung auf Saumur über den
Platz.
    Der kleine
Junge rannte, den Louis fest umklammernd, zu seiner Mutter.
    «Maman,
maman! Es war der
Teufel! Er hat's selbst gesagt!»

8
    HUGH
DAVENANT IST VERBLÜFFT
    Eine Woche nach Avons Reise nach Saumur
saß Hugh Davenant in der Bibliothek,
emsig bemüht, einen recht trostlosen Léon mit einer Partie Schach
aufzuheitern.
    «Ich möchte
gerne Karten spielen, wenn's Ihnen paßt, M'sieur», sagte Léon
höflich, nachdem er befragt worden war, wie er sich vergnügen wolle.
    «Karten?»
wiederholte Hugh.
    «Oder
Würfel, M'sieur. Nur hab ich kein Geld.»
    «Wir wollen
Schach spielen», sagte Hugh mit Festigkeit und begann die
elfenbeinernen Figuren aufzustellen.
    «Gut,
M'sieur.» Léon hielt Hugh im geheimen für ein bißchen verrückt, doch
wenn er mit dem Pagen seines Freundes Schach zu spielen wünschte,
mußte man ihm natürlich entgegenkommen.
    «Glauben Sie,
daß Monseigneur bald zurückkehren wird?» fragte Léon
plötzlich. «Ich nehme Ihnen den Läufer weg.» Er tat's, und Hugh blickte
verdutzt drein. «Das war eine kleine Falle», erklärte er. «Schach dem König!»
    «Das sehe
ich. Ich werde unaufmerksam. Ja, ich erwarte Monseigneur bald
zurück. Sag deinem Turm Adieu, mein Kind.»
    «Das hab
ich mir nicht anders vorgestellt. Nun rückt mein Bauer vor, so!»
    «Viel Lärm
um nichts, Petit. Wo hast du

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