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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Page und die Herzogin
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nachdem Léon gegangen
war.
    «Gewiß.»
    «Oder wohin
du dich demnächst begeben willst?»
    «Nein, das
kann ich, glaube ich, beantworten. Ich begebe mich nach London.»
    «Nach
London?» Hugh war überrascht. «Ich dachte, du hättest die Absicht mehrere
Monate hierzubleiben?»
    «Wirklich,
Hugh? Ich habe niemals Absichten. Deswegen sehen mich ja die Mütter
liebreizender Töchter so scheel an. Ich bin gezwungen, nach England
zurückzukehren.» Er zog einen Fächer aus zarter Schwanenhaut aus der Tasche und
entfaltete ihn.
    «Was zwingt
dich dazu?» Hugh runzelte die Stirn angesichts des Fächers. «Was für eine neue
Affektiertheit ist das schon wieder?»
    Avon hielt
den Fächer mit ausgestrecktem Arm von sich.
    «Genau das
frage ich mich selbst, lieber Hugh. Ich fand ihn hier vor. Er stammt von March,
der mich bittet ...» Er kramte in seiner Tasche nach einem zusammengefalteten
Stück Papier, hob das Lorgnon vor das Auge und las dann laut das Gekritzel vor.
«Bittet – ja, das ist es. 'Ich sende Ihnen diese nette Kleinigkeit, sie ist auf
mein Wort der letzte Schrei hier. Alle Männer, die darnach streben, Beaux zu
sein, bedienen sich ihrer sowohl bei warmem wie bei kaltem Wetter, so daß wir
nun solcherart mit den Damen rivalisieren. Ich bitte Sie, das Ding zu
verwenden, lieber Justin; der Fächer ist, wie Sie selbst zugeben werden,
kunstreich bemalt und wurde
mir von Geronimo eigens für Sie angefertigt. Die goldenen Stäbchen
werden Ihnen, wie ich hoffe, wohlgefallen.'» Avon wandte die Augen vom
Brief, um den Fächer zu betrachten, der auf schwarzem Grunde eine
goldene Handmalerei trug und mit goldenen Stäbchen und Troddeln geziert
war. «Gefällt er mir?» fragte er zweifelnd.
    «Firlefanz!»
sagte Hugh kurz.
    «Gewiß.
Nichtsdestoweniger wird er Paris ein neues Gesprächsthema verschaffen.
Ich werde für March einen Muff kaufen. Aus Feh, glaube ich.
    Du wirst
begreifen, daß ich umgehend nach England zurückkehren muß.»
    «Um March
einen Muff zu schenken?»
    «Stimmt.»
    «Ich
begreife, daß dir dies als Vorwand dient. Geht Léon mir dir?»
    «Du sagst
es: Léon geht mit mir.»
    «Ich wollte
dich eigentlich nochmals bitten, ihn mir zu überlassen.»
    Der Herzog fächelte
sich wie eine gezierte Dame.
    «Das könnte
ich wirklich nicht gestatten, mein Lieber, dies wäre äußerst
ungehörig.»
    Hugh
blickte ihm scharf ins Gesicht.
    «Was meinst
du damit, Justin?»
    «Wär's
möglich, daß du so blind bist? O Gott, o Gott!»
    «Willst du
mir nicht gefälligst erklären ...»
    «Ich hatte
mir vorgestellt, du wüßtest schon alles», seufzte Seine Gnaden.
«Acht Tage lang stand Léon unter deiner Obhut, und du durchschaust
seinen Betrug ebensowenig wie an dem Tag, an dem ich ihn dir zum erstenmal
vorführte.»
    «Willst du
damit sagen ...»
    «... daß Léon
eine Léonie ist, mein Lieber.»
    Davenant
warf die Arme hoch.
    «Du wußtest
es also!»
    Seine
Gnaden hielt im Fächeln inne.
    «Ob ich's
wußte? Von Anfang an! Aber du?»
    «Vielleicht
eine Woche, nachdem er hierherkam. Ich hoffte, daß du's nicht
wußtest.»
    «Oh, lieber
Hugh!» Avon schüttelte sich in leisem Lachen. «Du hieltest mich
für ahnungslos! Ich vergebe dir nur deshalb, weil du mir wieder den
Glauben an deine Allwissenheit zurückgegeben hast.»
    «Nie hätte
ich's mir träumen lassen, daß du's argwöhntest!» Hugh durchmaß
mit schnellen Schritten das Zimmer. «Du hast es gut zu verbergen
gewußt.»
    «Auch du,
mein Lieber.» Avon begann sich wieder zu fächeln.
    «Aus
welchem Grunde ließest du den Schwindel weiter bestehen?»
    «Aus
welchem Grunde denn du, o würdiger Hugh?»
    «Ich
fürchtete, daß du die Wahrheit entdecken würdest! Ich wollte dir das
Kind wegnehmen.»
    Seine
Gnaden lächelte mit nahezu geschlossenen Augen.
    «Dieser
Fächer verleiht meinen Gefühlen Ausdruck. Ich muß March dafür Hände und Füße
küssen. Metaphorisch gesprochen.» Sachte bewegte er ihn hin und her.
    Davenant
starrte ihn, ärgerlich über seine Leichtfertigkeit, einen Augenblick lang an.
Dann brach er wider Willen in Lachen aus.
    «Justin,
ich flehe dich an, lege diesen Fächer weg! Was wirst du jetzt tun, da du weißt,
daß Léon ein Mädchen ist? Ich bitte dich, sie mir zu geben ...»
    «Mein
lieber Hugh! Bedenke doch, du bist erst fünfunddreißig – noch ein richtiges
Kind. Das wäre höchst unpassend. Nun, ich – ich bin über vierzig. Ein Veteran,
und daher harmlos.»
    «Justin ...»
Hugh trat auf ihn zu und legte ihm eine Hand auf den

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