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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Page und die Herzogin
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Arm. «Willst du dich bitte
nicht setzen und das Ganze ruhig und vernünftig besprechen?»
    Der Fächer
hielt inne.
    «Ruhig?
Hast du dir denn vorgestellt, ich würde dich anbrüllen?»
    «Nein. Sei doch einmal
ein bißchen ernst, Justin. Setz dich.»
    Avon ging
zu einem Stuhl und setzte sich auf dessen Armlehne. «Wenn du dich erregst, mein
Lieber, erinnerst du mich an ein aufgescheuchtes Schaf. Unwiderstehlich,
glaube mir.»
    Hugh
unterdrückte ein Beben seines Mundes und ließ sich dem Herzog gegenüber nieder.
Avon streckte die Hand nach einem spindelbeinigen Tischchen aus und stellte es
zwischen sich und Davenant.
    «So. Nun
bin ich verhältnismäßig sicher. Fahre fort, Hugh.»
    «Justin,
ich scherze keineswegs ...»
    «O du
lieber Gott, Hugh!»
    «... und
möchte, daß du ebenfalls ernst bist. Gib diesen verdammten Fächer weg!»
    «Er erregt
deinen Zorn? Falls du mich überfällst, schreie ich um Hilfe.» Doch er schloß
den Fächer und behielt ihn zwischen den Händen. «Ich bin ganz Ohr, Teuerster.»
    «Justin,
wir sind doch Freunde, nicht wahr? Laß uns doch einmal offen miteinander
sprechen.»
    «Aber du
sprichst doch immer offen, lieber Hugh», murmelte Seine Gnaden.
    «Du bist
zum kleinen Léon immer nett gewesen – ich gebe es zu; du hast es zugelassen,
daß er sich dir gegenüber viele Freiheiten herausnahm. Manchmal hab ich dich
nicht wiedererkannt, wenn du mit ihm sprachst. Ich dachte – nun lassen wir das.
Und du wußtest die ganze Zeit, daß er ein Mädchen war.»
    «Eine recht
verwickelte Darlegung», bemerkte Avon.
    «Sie,
meinetwegen. Du wußtest, daß sie ein Mädchen war. Warum hast du ihr gestattet,
diese Täuschung aufrechtzuerhalten? Was hast du mit ihr vor?»
    «Hugh ...»
Avon klopfte mit dem Fächer auf den Tisch. «Deine peinvolle
Bedenklichkeit zwingt mich, dich zu fragen: was hast du mit ihr vor?»
    Davenant
verhehlte nicht seinen Abscheu.
    «Mein Gott,
hältst du dich für amüsant? Folgendes habe ich vor: ich will sie von dir
entfernen, und koste es mein Leben.»
    «Das wird
ja immer interessanter», sagte Avon. «Wie willst du sie von mir entfernen und
warum?»
    «Du kannst
noch fragen? Für einen Heuchler hielt ich dich nie, Justin.» Avon entfaltete
seinen Fächer.
    «Wenn du
mich fragtest, Hugh, weshalb ich dich geduldig anhöre, könnte ich's nicht
sagen.»
    «Meine
Manieren sind abscheulich, ich weiß es. Aber ich hege Zuneigung für Léon, und
wenn ich es zuließe, daß du sie in seiner Unschuld ...»
    «Gib acht, Hugh, gib
acht!»
    «Oh, in
ihrer Unschuld, meinetwegen! Wenn ich es zuließe, daß ...»
    «Beruhige
dich, mein Lieber. Fürchtete ich nicht, daß du meinen Fächer ruinierst, würde
ich ihn dir borgen. Darf ich dir meine Absichten bekanntgeben?»
    «Das will
ich ja die ganze Zeit!»
    «Was mir
nicht ganz klar wurde. Seltsam, wie sehr man mißverstanden werden kann. Oder
vielmehr, wie zwei Leute mißverstanden werden können. Du wirst überrascht sein
zu hören, daß ich Léon gern habe.»
    «Dies
überrascht mich nicht. Sie wird ein sehr hübsches Mädchen sein.»
    «Erinnere
mich später einmal, daß ich dir beibringe, wie man eine spöttische Bemerkung zu
formulieren hat, Hugh. Dein Spott ist zu sehr ausgesprochen und daher nichts
als eine Grimasse. Er sollte aber nur ein schwaches Schürzen der Lippen sein.
So. Aber um wieder zum Thema zurückzukommen: du wirst zumindest überrascht sein
zu hören, daß ich Léonies nicht als eines hübschen Mädchens gedacht habe.»
    «Dies
verblüfft mich.»
    «Schon viel
besser, mein Lieber. Du bist ein begabter Schüler.»
    «Justin, du bist unmöglich.
Dies ist nicht zum Lachen.»
    «Gewiß
nicht. Du siehst in mir – einen gestrengen Vormund.»
    «Ich
verstehe nicht.»
    «Ich bringe
Léon nach England, wo ich sie unter die Fittiche meiner Schwester placiere, bis
ich irgendeine verläßliche Dame gefunden habe, die als Duenna für mein Mündel,
Mademoiselle Léonie de Bonnard, fungieren kann. Und abermals drückt der Fächer
meine Gefühle aus.» Er schwang ihn elegant durch die Luft, doch Hugh starrte
ihn offenen Mundes und sprachlos vor Verwunderung an.
    «Dein –
dein Mündel! Aber – warum?»
    «Ach, mein
schlechter Ruf!» trauerte Seine Gnaden. «Eine Grille, Hugh, eine bloße Grille.»
    «Du willst
sie als deine Tochter adoptieren?»
    «Als meine
Tochter.»
    «Für wie lange? Wenn's eine bloße Grille ist ...»
    «So ist es
wieder nicht. Ich habe meine Gründe. Léonie wird mich erst verlassen,
wenn sie –

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