Georgette Heyer
rief sie. «Er wird überrascht sein, Sie hier anzutreffen, n'est-ce
pas?»
«Das wird
er wohl», bestätigte Seine Gnaden. Er trat zum Tisch und füllte zwei
Gläser mit Canary. Eines reichte er Léonie. «Ich trinke auf deine
Befreiung, meine Liebe.»
«Oh, danke,
Monseigneur! Worauf soll ich trinken?» Sie legte den Kopf
schief. «Voyons, ich will nur auf mon cher seigneur trinken!»
«Kurz und
bündig», sagte der Herzog. «Gaston? A la bonne heure!
Sie werden
sofort nach Avon zurückfahren, Gaston.»
Gaston
machte ein langes Gesicht.
«Ja, Monseigneur.»
«Und diesen
Brief an meine Cousine mitnehmen. Sie wird in Ihrer Begleitung
nach Frankreich reisen.»
Gastons
Gesicht hellte sich merklich auf.
«Weiters
werden Sie zu Milor' Merivale gehen und Milor' Ruperts Kleider
abholen. Verstanden?»
«Sämtliche
Kleider Milor' Ruperts, Monseigneur?» fragte Gaston verstört.
«Sämtliche.
Bringen Sie auch Milor's Diener mit, wenn er sich dort befindet. Beinah hätte
ich Mademoiselle Léonies Kammerjungfer vergessen. Weisen Sie sie an,
Mademoiselles übrige Kleider zu packen, und bringen Sie sie – mit den Kleidern
– hierher.»
Gaston
zwinkerte heftig mit den Augen.
«Ja,
Monseigneur», brachte er mühsam hervor.
«Sie werden
selbstverständlich an Bord der Silver Queen gehen und Ihre Begleiter per
Kutsche nach Portsmouth befördern.» Seine Gnaden warf ihm eine dickgeschwollene
Geldbörse zu. «Auf dem Weg nach Avon werden Sie in Portsmouth die Fährte eines
gewissen Rotschimmels verfolgen.»
«Bon
Dieu!» murmelte
Gaston. «Ein Rotschimmel, Monseigneur, ja.»
«Ein
Rotschimmel, der einem gewissen Mr. Manvers in Crosby Hall gehört, und den
Milor' Rupert am Montag verkauft hat. Sie werden ihn, zurückkaufen.» Eine
weitere Börse nahm den Weg der ersten. «Der Preis ist ohne Belang. Sie werden
das Tier mit Milor' Ruperts besten Empfehlungen und – äh – Dank nach Crosby
Hall überstellen lassen. Verstanden?»
«Ja,
Monseigneur», sagte Gaston niedergeschlagen.
«Bien. Heute haben wir, glaube ich,
Mittwoch. Sie werden nicht spä ter als Montag zurück sein. Jetzt schicken Sie
Meekin zu mir. Sie können gehen.»
Der Groom
stellte sich eilends ein.
«Euer
Gnaden haben nach mir gesendet?»
«Ja. Sie
werden noch in dieser Stunde nach Paris aufbrechen, mein Freund.»
«Ja, Euer
Gnaden.»
«Und den
würdigen Walker auf mein Kommen vorbereiten. Sie werden die große
Berline, die kleinere Reisekutsche und eine ]eichte Chaise für Lord
Ruperts Gepäck zurückbringen. Sorgen Sie für Pferdewechsel in
Rouen, Tign und Pontoise. Eine Nacht werde ich im 'Goldenen Hahn' in
Rouen verbringen.»
«Sehr wohl,
Euer Gnaden. Für welchen Tag soll ich Sie beim Wirt anmelden?»
«Ich habe
keine Ahnung», sagte der Herzog. «Doch wenn ich komme, benötige
ich vier Schlafzimmer, einen Privatraum und Quartiere für meine
Dienerschaft. Habe ich mich verständlich gemacht?»
«Ja, Euer
Gnaden.»
«Das ist
alles», sagte Avon.
Meekin
verbeugte sich und ging hinaus.
«Voyons», ließ sich Léonie
von ihrem Sitz beim Kamin vernehmen.
«Es
bereitet mir großes Vergnügen, Sie befehlen zu hören: 'Tun Sie das – tun Sie
jenes!' und die anderen nur 'Ja, Monseigneur' antworten zu hören und
Ihre Befehle so schnell ausführen zu sehen!»
Avon
lächelte. «Ich besaß nur einmal in meinem Leben einen Diener, der sich
über meine Befehle hinwegzusetzen wagte», sagte er.
«Oh?»
Léonie blickte ihn völlig unschuldig an. «Wer war das, Monseigneur?»
«Ein Page,
den ich einstens hatte, namens – äh – Léon.»
Ihre Augen
funkelten, doch sie faltete sittsam die Hände.
«Tiens! Ich wundere mich über seinen
Wagemut, Monseigneur.»
«Ich
glaube, es gab nichts, was er nicht gewagt hätte», sagte Avon.
«Wirklich?
Mochten Sie ihn, Monseigneur?»
«Du bist
ein keckes Mädchen, meine Liebe.»
Sie lachte,
errötete und nickte.
«Das ist
ein Kompliment», sagte Seine Gnaden, trat zum Kamin und setzte sich
nieder. «Wie du hörtest, habe ich nach deiner Duenna gesandt.»
«Ja.» Sie
schnitt eine Grimasse. «Aber sie wird doch nicht vor Montag kommen,
nicht wahr? Warum fahren wir nach Paris?»
«Paris ist
ebensogut wie jeder andere Ort», erwiderte Avon. «Deine Erziehung
ist nahezu beendet. Du wirst dort in die große Welt eingeführt
werden.»
«Wirklich,
Monseigneur? Vraiment? Das wird fort amusant werden, glaube ich.
Werde ich zu Vassaud gehen?»
Der Herzog
runzelte die Brauen.
«Nein, ma
Pille, das nicht.
Weitere Kostenlose Bücher