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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Page und die Herzogin
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Arm!» rief sie heftig. «Wie können Sie es
wagen, mich anzurühren?»
    Einen Arm
um ihre Taille gelegt, schob er sie vorwärts.
    «Schluß
jetzt! Das Spiel ist aus, meine Liebe. Ergib dich mir lieber ohne Widerstand.
Ich werde dir nichts zuleide tun, wenn du dich mir fügst.»
    Ein
schwaches Rascheln von Seide wurde auf der Schwelle hörbar. Eine kühle,
hochmütige Stimme erklang.
    «Sie irren
sich, M'sieur. Haben Sie die Güte, mein Mündel freizugeben.»
    Der Graf
machte einen Satz, als wäre er angeschossen worden, und warf sich, die Hand auf
dem Degenknauf, herum. Avon stand mit erhobenem Lorgnon knapp vor der Tür.
    «Sacré
mille diables», fluchte
Saint-Vire. «Sie sind's!»
    Ein
langsames und ausnehmend unangenehmes Lächeln zeichnete Seiner Gnaden Lippen.
    «Ist's
möglich?» schnurrte er. «Mein teurer Freund Saint-Vire?» Saint-Vire zerrte an
seiner Halsbinde, als ob sie ihn erstickte.
    «Sie!»
sagte er nochmals Seine Stimme erhob sich kaum über ein Flüstern. «Sind Sie's
wirklich in Person? Selbst – hier – muß ich Sie finden!»
    Avon trat
näher. Im Gehen verströmte seine Kleidung einen Hauch von Parfum; in der einen
Hand hielt er ein Spitzentaschentuch.
    «Ein recht
unerwartetes rencontre, nicht wahr, Comte?» sagte er. «Ich muß Sie mit
meinem Mündel, Mademoiselle de Bonnard, bekannt machen. Sie wird gewiß Ihre
Entschuldigung entgegennehmen.»
    Der Graf
lief dunkelrot an, doch er verbeugte sich vor Léonie, die in einen prächtigen
Knicks versank und einige unzusammenhängende Worte stammelte.
    «Sie
hielten sie ohne Zweifel für jemand anders?» fragte Seine Gnaden zuvorkommend.
«Ich glaube nicht, daß Sie sie zuvor schon getroffen haben?»
    «Nein. Wie
M'sieur sagen – ich hielt sie – Mille pardons, Mademoiselle.»
    Seine
Gnaden nahm eine Prise.
    «Seltsam,
wie man verkannt werden kann», sagte er. «Es ist etwas Eigenes um
Ähnlichkeiten, nicht wahr, Comte?»
    Saint-Vire
fuhr auf.
    «Ähnlichkeiten
...?»
    «Finden Sie
nicht?» Seine Gnaden zog einen Fächer aus lavendelblauer Seide mit silbernen
Stäbchen aus der Tasche und bewegte ihn lässig hin und her. «Darf man fragen,
was den Grafen Saint-Vire in dieses schlichte Örtchen geführt hat?»
    «Geschäftliche
Dinge, M. le Duc. Darf man ebenfalls fragen, was den Herzog von Avon
hierhergeführt hat?»
    «Geschäftliche
Dinge, lieber Comte, geschäftliche Dinge!» erwiderte Avon sanft.
    «Ich bin
gekommen, ein gewisses – Besitztum zurückzufordern, das ich in – Le Havre
verloren habe!» rief der Graf heftig.
    «Wie
merkwürdig!» entgegnete Avon. «Ich kam mit genau demselben Anliegen hierher.
Unsere Pfade scheinen dazu bestimmt zu sein, einander – äh – zu kreuzen, mein
lieber Comte.»
    Saint-Vire
knirschte mit den Zähnen.
    «Ja,
M'sieur? Mit demselben Anliegen, sagten Sie?» Er brach in ein gezwungenes
Lachen aus. «In der Tat merkwürdig!»
    «Geradezu
einzigartig, nicht wahr? Doch im Gegensatz zu Ihnen wurde mir mein Besitz
gestohlen. Ich halte es in – äh – Verwahrung.»
    «In der
Tat, M'sieur?» Des Grafen Mund war unangenehm trocken, und es war ersichtlich,
daß er nicht wußte, was sagen.
    «Ich hoffe,
lieber Comte, Sie haben Ihr Besitztum gefunden?» Seidenglatt war Avons
Tonfall.
    «Noch
nicht», antwortete Saint-Vire langsam.
    Seine
Gnaden schenkte das dritte Glas mit Wein voll und bot es ihm an. Der Graf nahm
es mechanisch.
    «Wollen wir
hoffen, daß ich es Ihnen zurückstellen kann», sagte seine Gnaden und nippte
gedankenvoll an seinem Wein.
    Saint-Vire
verschluckte sich.
    «M'sieur?»
    «Ich werde
keine Mühe scheuen», fuhr Seine Gnaden fort. «Das Dorf ist gewiß kein allzu
ausgedehnter Jagdgrund. Sie wissen vermutlich, daß es sich hier befindet?»
    «Ja – nein
– ich weiß nicht. Bemühen Sie sich nicht, M'sieur.»
    «Oh, mein
lieber Comte!» protestierte Seine Gnaden. «Wenn Sie nicht solche Mühe
scheuen ...» sein Blick schweifte zu den kotbespritzten Stiefeln – «solch große
Mühe, bin ich überzeugt, daß das Ding auch meiner Aufmerksamkeit wert ist.»
    Der Graf
schien seine Worte sorgfältig zu wählen.
    «Ich habe
allen Grund zu glauben, M'sieur, es ist einer jener Edelsteine, die einen –
Fehler haben.»
    «Hoffentlich
doch nicht», versetzte Avon. «Es handelt sich also um einen Edelstein? Nun, was
mir gestohlen wurde, ist seiner Natur nach eine Waffe.»
    «Ich baue
darauf, daß Ihnen bereits das Glück zuteil wurde, sie zu finden», sagte
Saint-Vire hitzig, doch seine

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