Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Page und die Herzogin
Vom Netzwerk:
Vassauds Etablissement ist einer jener Orte, die zu
vergessen du dich bemühen wirst.»
    Léonie
lugte ihn an.
    «Und – und
die Maison Chourval?»
    «Habe ich
dich je dorthin mitgenommen?» Seine Gnaden runzelte noch immer
die Brauen. «Aber ja, Monseigneur, nur schickten Sie mich ins Vestibül, um dort auf Sie zu
warten.»
    «Über
soviel Anstand verfügte ich damals also doch noch. Die Maison Chourval wirst
du ganz besonders vergessen. Es würde mich interessieren zu erfahren, was du
dort gesehen hast.»
    «Sehr
wenig, Monseigneur. Kein sehr netter Ort, finde ich.»
    «Nein,
Kind, du hast recht. Kein sehr netter Ort, noch war es nett von mir, dich
dorthin mitzunehmen. Dies ist nicht die Welt, in die du eingeführt
werden sollst.»
    «Sagen Sie
mir», bat Léonie, «werde ich Bälle besuchen?»
    «Gewiß, ma
belle.»
    «Und werden
Sie mit mir tanzen?»
    «Meine Liebe,
es wird genug Galans geben, die dich darum ersuchen.
    Mich wirst
du nicht dazu nötig haben.»
    «Wenn Sie
nicht mit mir tanzen, will ich überhaupt nicht tanzen», verkündete
sie. «Sie werden's doch tun, Monseigneur, nicht wahr?»
    «Vielleicht»,
sagte er.
    «'Vielleicht'
mag ich nicht», sagte sie. «Versprechen Sie's!»
    «Du bist
wirklich recht exigeante», klagte er. «Über das Tanzen bin ich schon
hinaus.»
    «Eh
bien!» Léonie
streckte das Kinn vor. «Und ich bin zu jung zum Tanzen. Nous
voilà!»
    «Mein
Kind», sagte Seine Gnaden streng, «du bist ein sehr schlimmes und halsstarriges
Mädchen. Ich weiß wirklich nicht, warum ich dich ertrage.»
    «Gewiß,
Monseigneur. Werden Sie mit mir tanzen?»
    «Total
unverbesserlich», murmelte er. «Ja, mein Kind.»
    Ein Pferd
kam die Straße heraufgetrabt und hielt vor der Wirtshaustür.
    «Monseigneur
– glauben Sie – daß er's ist?» fragte Léonie nervös. «Gar nicht
unwahrscheinlich, meine Liebe. Das Spiel beginnt.» «Sehr tapfer fühle
ich mich jetzt nicht, Monseigneur.»
    Er erhob
sich und sagte sanft zu ihr: «Du wirst
weder dir noch mir Schande machen, Kind. Es gibt nichts zu
fürchten.»
    «N-nein,
Monseigneur.»
    Der Wirt
trat ein.
    «Monseigneur,
der Herr Doktor möchte Milor' sprechen.»
    «Wie
enttäuschend», sagte Seine Gnaden. «Ich komme. Bleib hier, Kind; sollte mein
viellieber Freund kommen, erinnere dich, daß du mein Mündel bist, und führe
dich mit geziemendem Anstand auf.»
    «Ja,
Monseigneur», sagte sie mit ersterbender Stimme. «Sie werden doch bald
zurückkommen, nicht wahr?»
    «Bestimmt.»
Seine Gnaden entschritt unter dem Aufrauschen seidener Gewänder. Léonie setzte
sich wieder und betrachtete ihre Fußspitzen. Von droben, in Ruperts Kammer,
hörte sie Schritte und gedämpfte Stimmen. Diese Beweise von des Herzogs Nähe
beruhigten sie ein wenig, doch als sie abermals Hufegeklapper auf dem
Katzenkopfpflaster vernahm, wich die zarte Röte von ihren Wangen.
    «Diesmal
ist's wahrhaftig der Schweinekerl», dachte sie. «Monseigneur kommt nicht – ich
glaube, er möchte, daß ich ein bißchen allein schauspielere. Eh bien,
Léonie, courage!»
    Sie konnte
Saint-Vires zornig erhobene Stimme von draußen hören. Dann einen schnellen,
schweren Tritt, die Tür wurde aufgerissen, und er stand auf der Schwelle. Seine
Stiefel waren kotig, sein Rock befleckt; er trug Reitpeitsche und Handschuhe;
Halsbinde und Haar waren in Unordnung. Léonie blickte ihn leicht hochmütig an,
Lady Fannys Gehaben haargenau kopierend. Einen Moment lang schien der Graf sie
nicht zu erkennen; dann trat er heftigen Schrittes auf sie zu, mit erhitztem
und leidenschaftlich erregtem Gesicht.
    «Sie
gedachten mir einen Possen zu spielen, Madame Page, nicht wahr? Doch ich gebe
mich nicht so leicht geschlagen. Ich weiß nicht, woher du deine feinen Kleider
hast, aber sie nützen dir nichts.»
    Léonie
erhob sich und ließ ihren Blick über ihn schweifen.
    «M'sieur
irrt sich», sagte sie. «Dies ist ein Privatzimmer.»
    «Sehr
hübsch gespielt», höhnte er, «doch ich bin nicht der Dummkopf, mich von einem
solchen Getue ins Bockshorn jagen zu lassen. Wo ist dein Mantel? Wir haben
keine Zeit zu verlieren!»
    Sie hielt
ihm stand.
    «Ich
verstehe Sie nicht, M'sieur. Sie sind ein Eindringling.» Sie ließ dieses Wort
auf ihrer Zunge rollen, was ihr einen verzeihlichen Genuß verschaffte.
    Der Graf
packte sie am Arm und schüttelte sie leicht.
    «Deinen Mantel!
Rasch jetzt, oder es wird dir noch leid tun.»
    Léonie warf
etliches von ihrer eisigen Höflichkeit ab.
    «Pah!
Nehmen Sie Ihre Hand von meinem

Weitere Kostenlose Bücher