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Gepaeckschein 666

Gepaeckschein 666

Titel: Gepaeckschein 666 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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der Welt etwas Besonderes passiert wäre, etwa eine Geburt von Fünflingen, die Erstbesteigung des Mount Everest oder die Reizung des Blinddarms eines Außenministers. Aber nichts von alldem.
    Diese Nacht aalte sich förmlich in ihrer Langeweile. Es war wie verhext. Nicht einmal eine Regierung wurde gestürzt. Es schien so, als hätten sich sämtliche Revolutionäre der Welt untereinander verabredet, ausgerechnet in dieser Nacht zusammen mit ihren Sprengbomben auch einmal so richtig auszuschlafen.
    Kein Wunder also, daß die Morgenzeitungen den gestrigen Bankraub in ihre Schlagzeilen nahmen und ihre ersten Spalten mit ihm füllten.
    Sie preßten ihn aus wie eine Zitrone: „Banküberfall am hellichten Tag!“
    „Filmgangster erbeuten mehrere Hunderttausend!“
    „Der frechste Bankraub seit Jahren!“
    Zwischen den ellenlangen Artikeln waren immer wieder Fotos abgedruckt, die vor allem den Direktor der „Internationalen Handels- und Creditbank“ zeigten und den Chef der „GLOBAL-Filmgesellschaft“. Aber auch Aufnahmen vom Tatort wurden veröffentlicht, und sofern Kriminalkommissar Lukkas auf ihnen abgebildet war, wies man im Text und durch einen eingezeichneten weißen Pfeil auf ihn besonders hin.
    Leider machten sich die Zeitungsleute in ihren Berichten über den ganzen Vorfall ziemlich lustig. Die eigentliche Tat der Gangster wurde natürlich verurteilt. Aber dann bestätigte die Presse den Verbrechern doch, daß sie an bodenloser Frechheit alles bisher Dagewesene haushoch überboten hätten. Das müsse man immerhin anerkennen. Die Polizei bekam ziemlich dicke Pillen zu schlucken.
    „Wo waren denn die vielgepriesenen Hüter unserer Ordnung?“ fragte die „Morgenpost“ und schrieb gleich die Antwort: „Entgegenkommend, wie sie nun einmal sind, sorgten sie durch peinliche Absperrung dafür, daß der Überfall ja nicht gestört wurde. Ein dreifaches Hoch! Hoch! Hoch!“
    „— und unsere liebe Polizei stand am Tatort und guckte interessiert zu. Weiter nichts!“ spottete das „8-Uhr-Blatt“.
    Die „Internationale Handels- und Creditbank“ und ihr Direktor standen natürlich im Mittelpunkt aller Angriffe.
    Das „Echo“ schoß dabei den Vogel ab. Es brachte ein zweispaltiges Brustbild des freundlich lächelnden Degenhart und schrieb ganz einfach nur darunter: „Bitte, meine Herren, bedienen Sie sich! Der Geldschrank steht gleich links in der Ecke.“
    In den überfüllten U-Bahnen und Omnibussen, in denen die Angestellten und Arbeiter der Stadt zu ihren Büros und Fabriken fuhren, war selten so viel gelacht worden wie an diesem Morgen. Man tauschte die Zeitungen untereinander aus wie Briefmarken, las sich besonders lustige Stellen gegenseitig vor und zeigte sich die dazugehörigen abgedruckten Fotos.
    Eine Menge Buchhalter, Sekretärinnen und Hafenarbeiter fuhren eine oder zwei Stationen zu weit, nur weil sie vor lauter Lachen nicht rechtzeitig ans Aussteigen gedacht hatten.
    „Das ist enorm!“ Auch der Sheriff war richtig aufgeregt und trampelte, als ob er kalte Füße hätte. Aber er hatte keine kalten Füße. Er war nur maßlos vergnügt und aufgeregt.
    Er hatte sich nebenan vom Zeitungsstand die gesamte Morgenpresse ausgeliehen und saß jetzt mit all den Zeitungen auf der Treppe zwischen den zwei hohen Steinsäulen am Eingang der Bahnhofshalle. Seine Bürsten und Schuhcremeschachteln hatte er bereits ausgepackt. Aber er brauchte sie noch nicht. Vorerst dachte noch niemand ans Schuheputzen . Wer jetzt unterwegs war, wollte nur möglichst schnell in sein Finanzamt, in sein Warenhaus oder in sein Büro.
    Jetzt quietschte eine Rücktrittbremse. Dicht vor den vier Steintreppen sprang ein Radfahrer ab. Dieser Radfahrer war natürlich Peter Pfannroth und sagte: „Guten Morgen, Sheriff.“
    „Fünf Minuten zu spät“, erwiderte der Sheriff nur und schüttelte bedenklich den Kopf. Aber dann grinste er gleich wieder und zeigte auf all die Zeitungen, die um ihn herum lagen. „Dieser Bankdirektor kann einem direkt leid tun, die Polizei übrigens auch.“ Der Sheriff schlug gerade das „8-Uhr-Blatt“ auf. „Da — hör dir das mal an!“
    „Wir müssen ernsthaft miteinander reden“, unterbrach ihn Peter.
    „Ich denke, wir tun nie etwas anderes“, brummte der Sheriff und faltete sein „ 8 -Uhr-Blatt“ wieder zusammen.
    „Bitte - ich bin ganz Ohr!“ Emil Schlotterbeck stützte sein Kinn auf die Fäuste, sah gespannt zu Peter und dann in die Bahnhofshalle.
    „Die Sache ist nämlich die“, begann

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