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Gepaeckschein 666

Gepaeckschein 666

Titel: Gepaeckschein 666 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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oder ein Auto hupen. Manchmal bellte ein Hund dazwischen.

Tausend Schuhe für Peter Pfannroth

    Am Sonntagmorgen fielen wohl viele geplante Spaziergänge und Hafenrundfahrten und Familienausflüge ins Wasser.
    Das ist wörtlich zu nehmen. Es regnete nämlich schon seit dem frühen Morgen.
    „Immer das gleiche! Eine runde Million Menschen guckt von ihren Betten aus durch die Schlafzimmerfenster und ärgert sich. Die ganze Woche über, solange man im Büro oder in der Werkstatt sitzt, scheint die Sonne, aber sonntags schüttet es natürlich wie aus Gießkannen!“
    Wem es Spaß machte, der ärgerte sich, die anderen zogen einfach ihre Bettdecke wieder über die Ohren.
    So ziemlich alles auf dieser Welt hat seine zwei Seiten. Es kommt nur darauf an, aus welcher Ecke man die Dinge betrachtet. Wer zum Beispiel nur darauf wartete, daß sich andere Leute ihre Schuhe schmutzig machten, konnte mit dem heutigen Wetter zufrieden sein, außerordentlich zufrieden sogar.
    Es gab also in der ganzen Stadt mit Sicherheit mindestens fünfundzwanzig Jungen, denen der Regen überhaupt nichts ausmachte, ganz im Gegenteil.
    Diese fünfundzwanzig Jungen saßen wie jeden Tag an ihren Straßenecken, in den Toreinfahrten und an den U-Bahn-Stationen. Jeder von ihnen hatte sich bereit erklärt, an diesem Sonntagmorgen zwanzig Paar Schuhe zu putzen.
    Zwanzig mal zwanzig Pfennige, das machte vier Mark. Und fünfundzwanzigmal diese vier Mark, das ergab nach Adam Riese genau die hundert Mark, die der Sheriff Mutter Pfannroth versprochen hatte.
    Fünfundzwanzig Jungen waren also an diesem Sonntagmorgen aus ihren Betten gekrochen, um mal schnell so rund tausend Schuhe zu „wienern“.
    Hätte man das Ganze als Bild malen und zur Erinnerung an die Wand hängen wollen, dann hätte es folgendermaßen aussehen müssen:
    Tausend blitzblanke Schuhe in einer schnurgeraden Reihe nebeneinander, und dieser endlosen Reihe gegenüber, wie die englische Königin vor ihrem Leibregiment am Geburtstag, eine nagelneue rote Pagenuniform mit lauter goldenen Knöpfen. „Danke schön“ würde sie gerade sagen und sich vor den angetretenen Schuhen höflich verbeugen.
    Als der Sheriff seine vier Mark am Bahnhofseingang beisammen hatte, spazierte er zum Gänsemarkt. Dabei kam er in der Mönckebergstraße an Horst Buschkes Stand vorbei, der ziemlich niedergeschlagen auf seiner Kiste mit den Bürsten und Schuhwichseschachteln saß. „Es ist zum Auswachsen! Am Anfang standen sie Schlange, als gäbe es etwas umsonst, und jetzt ist’s auf einmal, als hätte jemand die Sicherung rausgedreht. Dabei fehlen mir nur noch sechzig Pfennig!“ knurrte der kleine schwarzhaarige Kerl.
    „Sind Sie frei?“ fragte in diesem Augenblick ein älterer Herr, der ein kleines Paket und einen Blumenstrauß bei sich hatte. Horst Buschke sprang auf wie von einer Stecknadel gepiekt. „Selbstverständlich, mein Herr!“
    „Dann bis gleich“, grinste der Sheriff und marschierte weiter.
    Der Gänsemarkt lag im Zentrum der Stadt. Deshalb hatten sich die Jungen hier verabredet. Wer seine vier Mark beisammen hatte, sollte sie in der Eisdiele abliefern.
    „O sole mio !“ sagte der Sheriff, als er eintrat. Die Eisdiele am Gänsemarkt gehörte nämlich Herrn Tavanti , und Herr Tavanti war Italiener.
    „ Buon giorno ragazzo “, grüßte der dicke Eisdielenbesitzer. Er war gerade dabei, einen Kübel mit Vanilleeis einzurühren. Der Sheriff setzte sich an einen der kleinen Tische mit den Marmorplatten und holte ein Stück Papier aus der Tasche. Auf dieses Stück Papier schrieb er jetzt ganz oben seinen Namen und dahinter malte er eine Vier. Dann lehnte er sich zurück und wartete.
    „Wetter non buono - nix gutt “, meinte Signor Tavanti . Er rührte immer noch in seinem Vanilleeis.
    „Am Nachmittag wird es besser. Der Regen läßt schon nach“, antwortete der Sheriff. Dabei tat er so, als drehe er den Hahn einer Wasserleitung ab.
    „ Bellissimo “, begriff Signor Tavanti . Sein Geschäft beginne ohnehin erst am Nachmittag, fügte er noch auf italienisch hinzu. Aber das verstand der Sheriff natürlich nicht. Trotzdem lächelte er zustimmend und sagte wieder einmal „o sole mio “. Dann spendierte er sich ein Himbeereis. Signor Tavanti balancierte dieses Himbeereis gerade durch die Gegend, da kamen auch schon die ersten Jungen. Der Sheriff notierte ihre Namen und schrieb jeweils die Summe des abgelieferten Betrages dahinter. Bisher standen nur lauter Vieren untereinander.
    „Fast alles in

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