Gepaeckschein 666
machte eine kleine Pause. Seine Zungenspitze erschien für kurze Zeit im linken Mundwinkel. Dann meinte er noch: „Er kriegt jetzt so links und rechts schon ganz weiße Haare. Mein alter Herr , meine ich. Hm - eigentlich ulkig — aber es ist so. Je älter sie werden, um so netter werden sie. Die Eltern, meine ich jetzt -“
„Und eines Tages sind sie zu alt, um noch netter werden zu können“, meinte Peter und biß sich auf die Unterlippe.
„Das Leben fliegt einem richtig weg“, stellte Francis fest.
Das hatte er wohl irgendwo gelesen.
„Ja, ja“, seufzte der Sheriff. „Nächste Woche werde ich schon vierzehn!“
Die Verfolgung geht los
Wenn man mit den Nächten nie etwas anderes angefangen hat, als sie zu verschlafen, dann nimmt die erste Nacht, die man wach bleibt, überhaupt kein Ende.
Die drei Jungen lösten sich ab.
Einer lag immer für eine Stunde bei Jimmy im Wagen. Trotzdem schlich die Zeit, als habe sie Sirup an den Schuhsohlen.
Die Halle war manchmal völlig leer. Dann kam wieder ein Zug und spuckte eine Menge Menschen aus. Aber das dauerte nie lange. Die Leute hatten es eilig, nach Hause zu kommen.
Wenn die Polizei ihren Rundgang machte, drückten sich die Detektive jedesmal hinter die Fahrpläne.
Morgens gegen drei Uhr kamen Putzfrauen und fingen an, die Halle aufzufegen. Um vier erschienen bereits die ersten Arbeiter, die zur Frühschicht in den Hafen fuhren. Ab fünf wurden die Morgenzeitungen angeliefert, frische Brötchen und Milch für das Bahnhofsrestaurant. Und dann kamen auch schon die Geschäftsleute und schlossen ihre Läden wieder auf. Pünktlich um sieben bog Herr Schimmelpfeng um die Ecke.
„Na, dann ist’s Zeit, daß ich auch meine Bürsten und Schuhwichsen wieder raushole“, meinte der Sheriff.
Die drei Jungen waren jetzt wieder vollzählig beieinander.
„Hoffentlich schlaf’ ich nicht ein, wenn ich heut’ nachmittag im Ring stehe“, gähnte Peter.
„Die Meisterschaft hatte ich total vergessen“, gähnte jetzt auch der Sheriff.
„Ihr seid mir die richtigen Kriminalisten!“ stellte Francis fest. Aber dann wurde er angesteckt und gähnte mit.
So gähnten sie also alle drei gleichzeitig.
Und mitten im Gähnen blieb ihnen der Mund offenstehen!
Drüben an der Gepäckaufbewahrung war nämlich plötzlich die Hölle los.
Mit einem Schlag waren die drei Detektive wie elektrisiert. „Umzingeln!“ zischte Francis nur. Gleichzeitig wies er Peter und dem Sheriff ihre Plätze zu, und zwar in der Richtung zum Eingang und in der Richtung zum Inneren der Halle. „Vorerst haltet ihr etwa fünfzehn Meter Abstand. Wenn ich mir den Rock aufknöpfe, kommt ihr ganz nahe. Und wenn ich mir mit dem linken Zeigefinger an die Nase tippe, bedeutet das Angriff! Alles klar?“ Francis hatte ganz leise gesprochen, aber so schnell wie ein Maschinengewehr.
„Glasklar!“ versicherten Peter und der Sheriff.
„Dann hauen wir ab!“ meinte Francis und spazierte auf die Gepäckaufbewahrung zu.
Die beiden anderen Jungen schwenkten in eleganten Bögen zu ihren angewiesenen Positionen.
Vor dem Schalter der Gepäckausgabe stand ein dicker Dienstmann. Er hatte eine Messingnummer 32 vorn an der Mütze und schimpfte mit sich überschlagender Stimme. Zwischendurch spuckte er immer wieder aus.
„So etwas ist mir in meiner ganzen Dienstzeit noch nicht vorgekommen, und ich bin jetzt genau vierundzwanzig Jahre dabei. Nächstes Jahr hab’ ich Jubiläum, ihr Seifensieder! Mir könnt ihr nichts vormachen! Mir nicht! Wo ist das Gepäckstück? frage ich zum letzten Mal! Hier ist der Schein mit der Nummer 999 ! Und diesen Schein habt ihr nur hergegeben, weil ihr dafür etwas bekommen habt, einen Koffer, wenn ihr’s genau wissen wollt, ihr Banditen! So ein Koffer löst sich doch nicht mir nichts, dir nichts in Luft auf!“
Die beiden Gepäckaufbewahrungsbeamten waren völlig aus dem Häuschen. Trotzdem wagte jetzt einer von ihnen zu protestieren: „Die Banditen verbitten wir uns!“
Der Dienstmann holte tief Luft und spuckte wieder einmal, dem Beamten, der gerade gesprochen hatte, genau auf die linke Schuhspitze.
„So!“ rief er, „das verbittet ihr euch! Aber das könnt ihr ja gar nicht! Solange ihr euch nämlich irgendwelche Gepäckstücke einfach unter den Nagel ritzt, seid ihr nichts anderes! Banditen, sag’ ich noch mal, und ich nehm’s erst zurück, wenn ihr mir das Gepäckstück 999 hier auf die Rampe knallt!“
„Der Koffer ist bestimmt nicht weg! Irgendwie wird sich das
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