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Gepeinigt

Titel: Gepeinigt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theresa Saunders
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sich nicht die Zähne. Der Gestank war jetzt überall, war ihm vertraut wie ein alter Kumpel.
    Er schlurfte in die Küche, holte sich einen Eiswürfel und strich damit über seine hypersensible Haut. Das Bedürfnis, sich hinzulegen, war überwältigend. Er schleppte sich ins Wohnzimmer, ließ sich auf die Dreisitzercouch sinken und lehnte sich dankbar zurück. Der Eiswürfel glitt über seine Lippen und fiel in seinen Mund. Er dachte über die Stille
nach. Über den leichten Parfümgeruch, den die Polizistin hinterlassen hatte. Wie so oft machte er Pläne für die Zukunft.
    Panik stieg in ihm auf, als er überlegte, ob er vielleicht vor Gericht erscheinen musste. Und falls ja, wie viel von seinem Tagesablauf dann an die Öffentlichkeit gelangen würde. Dass er schon nachmittags betrunken gewesen war? Bestimmt. Sicher war das wichtig in Bezug auf seine Glaubwürdigkeit als Zeuge. Die Hure? Gott, hoffentlich nicht. Eine Nacht mit einer Prostituierten mochte Hugh Grants Karriere ja kaum geschadet haben, aber Spencer wusste instinktiv, dass dies für ihn das Ende bedeuten würde. Eine öffentliche Bankrotterklärung. Fuck!
    Spencer fiel in einen unruhigen Schlaf, geplagt von Alpträumen, in denen seine Karriere baden ging. Besäufnisse und Ausschweifungen kamen auch darin vor.
    Als er erwachte, war es früher Abend. Er fühlte sich jetzt wieder fast normal. Das wusste er deshalb, weil er den Gedanken an Essen ertragen konnte. Er bestellte sich eine Pizza. Der Zimmerservice ließ sich verdammt viel Zeit. In der Zwischenzeit rief er auf dem Handy seine Assistentin Lisa an.
    Lisa verfügte über eine Rufnummernkennung. Es klingelte verdächtig lange, ehe sie ranging.
    Â»Spencer? Was ist passiert?«
    Â»Nichts. Wollte mich bloß melden.«
    Â»Hast du den Auftrittsplan für nächste Woche gesehen, den ich dir gestern per E-Mail geschickt habe?«
    Â»Sorry. Hab noch nicht reingeschaut. Habe ich morgen einen Gig?«
    Â»Hast du deinen Laptop?«
    Â»Klugscheißerin. Sag alles ab, was tagsüber ist. Ich muss zur Polizei und eine beschissene Aussage machen.«

    Â»Was ist passiert?«, fragte sie fassungslos. »Du hast doch hoffentlich nichts angestellt.«
    Â»Sag einfach alles ab, was nicht am Abend stattfindet, okay?«
    Â»Spencer, du verschweigst mir doch nichts, oder? Muss ich damit rechnen, dass die Pressefritzen bei mir anrufen?«
    Â»Scheiße, Lisa, was weiß ich! Aber falls doch, kein Kommentar, klar?«
    Â»Musst du mit einer Verhaftung rechnen? Brauchst du einen Anwalt?«
    Â»Nein. Ich hab gestern bloß ein bisschen was getrunken, das ist alles. Wenn ich Glück habe, hat mich niemand dabei gefilmt. Aber schau trotzdem mal in alle Zeitungen und ins Internet, YouTube, du weißt schon, wo. Ruf mich an, wenn du was findest, ansonsten die drei Affen – nichts gehört, nichts gesehen, nichts gesagt, kapiert?«
    Â»Aber warum musst du dann eine Aussage machen?«
    Â»Verfluchtes Pech, wirklich. Scheint, als ob eine Polizistin entführt wurde, während ich mir Zigaretten gekauft habe. Die Bullen denken, ich hätte was gesehen. Ein Alptraum, kann ich dir sagen. Und es kommt noch schlimmer, falls ich vor Gericht aussagen muss.«
    Â»Und die Polizistin?«
    Â»Die reinste Nervensäge. Wollte einfach nicht gehen, bevor ich nicht jede kleinste Einzelheit meines beschissenen Tages ausgespuckt hatte.«
    Stille.
    Â»Ich meinte die Polizistin, die man entführt hat.«
    Â»Woher soll ich das wissen, zum Teufel? Sag einfach für morgen tagsüber alles ab. Und informiere die Jungs, wohin wir müssen und wann.«
    Â»Spencer?«

    Â»Was?!«
    Â»Vergiss es.«
    Er machte sich nicht die Mühe, zu überlegen, was sie wohl gemeint haben mochte. Er hängte auf.
    Dieser Tag war bis jetzt ein einziges Desaster. Er stieß auf eine halbvolle Flasche Bourbon. Vielleicht einen kleinen Schluck, um sich ein wenig aufzumuntern.

    Je älter man wird,
desto härter und unflexibler wird das Herz.
Bis es schließlich in der Form erstarrt,
in der es erkaltet ist.
    J. Sheridan Le Fanu
    Â 
    Â 
    Â 
Zivilisation ist lediglich die Lackschicht über unseren Trieben.
    H. Rider Haggard

Margot
    Margot strich sich mit einem Fingernagel sorgfältig einen Teil ihres kastanienbraunen Ponys aus der Stirn und stellte ihre übereinandergeschlagenen Beine wieder nebeneinander. Sie

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