Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gerade noch ein Patt

Gerade noch ein Patt

Titel: Gerade noch ein Patt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert N. Charrette
Vom Netzwerk:
entdeckt worden. Waren die Runner so gut? Ein Teil von ihm hoffte, daß dies der Fall war. Wenn niemand wußte, daß sie zugeschlagen hatten, würde auch niemand erfahren, wie wertlos Andy gewesen war.
    Aber er selbst wußte es, und dieses Wissen förderte nicht gerade sein Selbstwertgefühl.
    Die Schreibtischarbeit, für die man ihn eingeteilt hatte, war belanglose Beschäftigungstherapie. Seit über einem Jahr hatte er sich nicht mehr mit derartigem Drek abgeben müssen. Es war eine Degradierimg, mußte eine sein. Nun, das war ihm recht, weil er sie verdient hatte. Andy stöpselte sich ein und verbrachte den größten Teil des Morgens damit, sich oberflächlich mit den ihm zugewiesenen Datenbearbeitungen zu beschäftigen, während der Hauptteil seines Verstandes über die Ereignisse des Vortags brütete. Gestern war er noch ein glücklicher Lohnsklave gewesen, so glücklich, daß er sich über die Bezeichnung lustig gemacht hatte. Er hatte eine strahlende Zukunft vor sich gehabt, aber die schien jetzt verschwunden zu sein. Das hatten ihm die Shadowrunner angetan. Sie hatten ihm seine Zukunft geraubt. Und wofür?
    Er konnte sich nicht einmal daran erinnern.
    Und das hatten sie ihm ebenfalls angetan.
    Sein Zorn über seine Verluste wuchs und erstickte schließlich Enttäuschung, Verlegenheit und Selbsthaß. Was hatten die Runner nur mit seinem Kopf angestellt? Er war ganz sicher, daß sie mehr getan hatten, als nur seine Erinnerungen zu löschen, wenngleich er sich natürlich nicht vorstellen konnte, was. Er wollte es wissen. Er mußte es wissen. Er konnte die Cyberware in seinem Kopf überprüfen. Und das war genau das, was er auch tun würde.
    Er mochte erregt und beunruhigt sein, aber er war nicht völlig beschränkt. Er setzte eine spezielle Subrou-tine auf seine Arbeitsdateien an. Das System würde jetzt beschäftigt aussehen, so daß man ihn nicht mit noch mehr sinnloser Beschäftigungstherapie eindecken würde.
    Unter der Maske seiner Phantombeschäftigung rief er sein bestes Diagnoseprogramm auf und setzte es auf seine Headware an. Als er die Meldung erhielt, daß alle Systeme normal funktionierten, hielt er nach etwas Un-gewöhnlichem Ausschau, nach etwas, das er nicht dort abgelegt hatte. Nichts. Trotzdem kam ihm etwas nicht richtig vor. Er prüfte wieder und wieder, beinahe besessen, und hielt nach versteckten Daten Ausschau, bis er etwas fand: eine Datei, die größer war, als sie eigentlich hätte sein dürfen, eine ausführbare Datei. Und nicht einfach irgendeine Datei, sondern die Haupt-Res-source-Datei - das Herz und die Seele seiner Head-ware.
    Das Cyberterminal, an dem er arbeitete, verfügte über die Mittel, und Andy setzte sie rücksichtslos ein, um die verfälschte Datei auseinanderzunehmen und ihren Inhalt zu untersuchen. Abgesehen von den erwarteten Systemroutinen, fand er ein Programm, das dafür vorgesehen war, zusammen mit und innerhalb eines anderen zu arbeiten. Bei näherer Untersuchung schien es sich um einen Assoziationsverstärker oder Stimmungsmodifikator zu handeln. Was es auch war, es hatte geringe SimSinn-Funktionalität. Er ging das Programm mit einem Codeleser durch und erfuhr, daß es sich um einen Assoziationsverstärker handelte, der immer dann freundliche Gefühle in ihm weckte, wenn Telestrian Cyberdyne erwähnt wurde oder in einer internen Datei auftauchte.
    Er bezweifelte, daß dafür die Runner verantwortlich waren. Die Erkenntnis, daß die Shadowrunner nicht die ersten waren, die sich an seinem Kopf zu schaffen gemacht hatten, schockierte ihn. Das Programm war so tief eingebettet, daß es nur zusammen mit dem grundlegenden Betriebssystem für seine Headware installiert worden sein konnte, was zu einer unausweichlichen Schlußfolgerung führte: Telestrian war dafür verantwortlich.
    Er löschte das Programm, indem er den Code in seine Bestandteile zerlegte und jedes einzelne mit grimmiger Freude tilgte. Nachdem sein Zerstörungswerk vollendet war, fühlte er sich ausgelaugt und ein wenig verlegen. Bei Licht betrachtet, war der Assoziationsverstärker gar keine so schlechte Sache. Schließlich übte das Programm keinen Zwang aus, sondern war nur ein Überredungskünstler. War es schlimmer als die Assoziationsverstärker, die in der Werbung benutzt wurden?
    Die ganze Zeit hatte er gedacht, er gehöre zur Tele-strian-Familie, weil es ihm gefiel dazuzugehören. Nun, es hatte ihm tatsächlich gefallen. Er hatte die Headware erst mit fünfzehn bekommen, also hatte er vorher

Weitere Kostenlose Bücher