Gérards Heirat
und Wangen mit einem rosigen Hauch übergossen, ihre Augen lachten und alle ihre Züge bekundeten eine tiefe innere Freude. Frank warf einen unzufriedenen Blick auf Frau Laheyrard und die Kinder; er hatte darauf gerechnet, Helene in dem Atelier zu finden, und seine Enttäuschung verriet sich nun in einer verdoppelten, nervösen Unruhe. Er ging vor dem Kohlenbecken auf und ab, ohne auf die lustigen Zurufe der Kinder zu antworten und betrachtete, mit einem bitteren Zug um die Lippen, die eigenartigen Umrisse seines kleinen Schattens auf dem Sande des Gartenweges.
»Haben Sie sich auf dem Balle gut unterhalten?« sagte er endlich zu Helene.
»Ausgezeichnet!« antwortete das junge Mädchen und warf einen ganzen Napf voll Früchte in den kochenden Zucker, in dem sie mit ihrem langen Spatel herumrührte.
Der süße, lockende Duft der Mirabellen, den die Kinder in vollen Zügen einatmeten, erfüllte die Luft.
»Wie gut das riecht!« rief Helene, »man könnte die Luft statt Eingemachtem aufs Brot streichen, so sehr ist sie mit Wohlgeruch erfüllt ... Doch, sagen Sie, ich habe mich neulich bei Frau Grandfief vergeblich nach Ihnen umgesehen ... Warum sind Sie nicht gekommen?«
»Es war mir nicht möglich,« erwiderte Finoël errötend.
Er hätte sich nicht gescheut, Helenen allein die Wahrheitzu gestehen, aber vor Frau Laheyrard und den Kindern würde seine Eigenliebe bei einem so demütigenden Geständnis zu sehr gelitten haben. Er schlug die Augen nieder und setzte verlegen seinen Spaziergang fort. Seine doppelsinnige Antwort täuschte das junge Mädchen nicht; sie betrachtete ihn von der Seite, bemerkte sein Erröten und erriet die Ursache seiner Abwesenheit.
Sobald das Eingemachte genug gekocht hatte, setzte sie den Kessel auf die Stufen der Freitreppe und winkte Finoël mit dem Finger: »Kommen Sie ins Atelier, ich muß Ihnen neue Noten zeigen!«
Sobald sie allein waren, sah sie den jungen Mann forschend an und sagte: »Sie haben mir etwas zu sagen?«
»Ja,« flüsterte er. Er ging zwei oder dreimal auf und ab, dann begann er wieder: »Ich weiß nicht, ob Sie sich noch an ein Gespräch erinnern, das wir vor etwa vierzehn Tagen hier gehabt haben ... Sie sprachen davon, Juvigny zu verlassen, um Erzieherin zu werden und haben mir versprochen, nichts zu beschließen, ohne mit mir darüber zu beraten ... Sind Sie noch immer entschlossen, abzureisen?«
»Ich weiß es nicht,« entgegnete sie nun ihrerseits errötend, »ich muß gestehen, daß ich kaum mehr daran gedacht habe. Haben Sie zufällig von einer vorteilhaften Stelle gehört?«
»Nein, aber seit vierzehn Tagen habe ich selbst einen großen Entschluß gefaßt; meine Stellung ist gesichert, mein Gehalt wird erhöht, und ich denke daran, mich zu verheiraten.« – Er stockte einen Augenblick unter Helenens erstaunten Blicken. – »Das überrascht Sie,« fuhr er fort, »und Sie haben recht, von geringer Herkunft und mißgestaltet wie ich bin, kann mein Gedanke wohl sonderbar erscheinen! Die jungen Mädchen in Juvigny, die einen Mann nur nach der Außenseite beurteilen, würden jedem ins Gesicht lachen, der ihnen einen solchen Vorschlag machen würde. Aber unterihnen will ich auch meine Frau nicht suchen. Die Frau, die ich mir träume, müßte einen weniger oberflächlichen Sinn haben; ihr kluger Blick müßte durch meine ungefällige Rinde dringen, um jene Eigenschaften in mir zu entdecken, die dem wirklich starken Manne eigen sind. Ich bin ehrgeizig, ich habe Geist genug, nach einer hohen Stellung zu streben, und ich besitze auch die nötige Willenskraft, um dies zu erreichen. Das ist die Bürgschaft für das Glück, das ich meiner zukünftigen Frau zu bieten vermag.
Je länger er sprach, desto größer wurden Helenens verwunderte Augen. Sie lehnte am Klavier und glaubte den verschleierten Sinn von Finoëls Worten zu erraten, und sie fürchtete sich, ihn merken zu lassen, daß sie ihn erraten hatte. In ihrem erstaunten Blick lag ebensoviel unruhige Besorgnis als sanftes Mitleid. Finoël ging mit niedergeschlagenen Augen auf und ab und fuhr fort:
»Diese einsichtsvolle Frau mit dem weichen Herzen und dem starken mutigen Geist – sie lebt! Ein glücklicher Zufall hat mich in ihre Nähe geführt und ihr eröffne ich jetzt mein Herz ...«
Er blieb Helenen gegenüber stehen und blickte sie fest an. »Würden Sie sich meiner als Ihres Gatten schämen, Fräulein Helene?«
Diesmal hatte er nur zu deutlich gesprochen, und sie mußte antworten.
»Ich!« rief sie
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