Geraubte Erinnerung
wann der Trinity-Zustand eintreten wird!«
Trotz der Unabwägbarkeiten seiner persönlichen Situation konnte Ravi Nara seine Aufregung nicht länger unterdrücken. »Wie lange noch?«
»Zwölf bis sechzehn Stunden!«
»Bis zum Trinity-Zustand?«
Levin nickte. »Und ich wette, eher zwölf als sechzehn. Wir haben eine Wette laufen im Prototyp-Komplex.«
Ravi sah auf seine Uhr. »Wie sicher sind Sie?«
»So sicher, wie man in diesem Geschäft nur sein kann. Ich muss Peter berichten, was geschieht.«
Ravi wollte nicht, dass Godin davon erfuhr, bevor er nicht mit Skow gesprochen hatte. »Sie können jetzt nicht zu ihm. Er würde Sie nicht hören. Peter hatte vor zwanzig Minuten einen Infarkt.«
Levin versteifte sich erschrocken. »Er ist nicht tot!«
»Nein, aber er hängt am Respirator.«
»Ist er bei Bewusstsein?«
»Nicht genug, um zu verstehen, was Sie sagen. Und er kann nicht sprechen.«
»Aber er muss es erfahren! Es wird seinen Willen verdoppeln, um sein Leben zu kämpfen!«
Ravi versuchte mitfühlend dreinzublicken. »Daran hat es Peter nie gemangelt.«
»Nein, aber das hier wird alles ändern!«
»Es tut mir Leid, Zach, aber ich kann nicht erlauben, dass Sie zu ihm gehen.«
Levin starrte Ravi voller Verachtung von oben herab an. »Sie treffen diese Entscheidungen nicht. Wollen Sie allen Ernstes Peters Zugang zu essenziellen Informationen einschränken?«
»Ich bin sein Arzt.«
»Dann tun Sie Ihren verdammten Job, Mann! Man muss kein Arzt sein, um zu begreifen, dass das Beste, was irgendjemand in diesem Augenblick für Peters Gesundheit tun kann, das Überbringen dieser Nachricht ist!«
Levin wandte sich ab und trat in die UV-Dekontaminationsschleuse. Ravi wollte widersprechen, doch der Ingenieur betätigte den Aktivierungsknopf und machte damit jede weitere Unterhaltung zwecklos.
Falls Levin darauf bestand, die Blase zu betreten, konnte Ravi ihn nicht daran hindern. Godin hätte wahrscheinlich sowieso bald nach ihm gefragt.
Ravi eilte zum Ausgang. Er musste unverzüglich mit Skow reden. Weil Zach Levin Recht hatte: Da Trinity zwölf bis sechzehn Stunden vor der Verwirklichung stand, würde Godin ziemlich sicher lange genug überleben, um die Vollendung seines Werkes zu sehen. Und das änderte alles. Skow bereitete den Präsidenten darauf vor, das Trinity ein Fehlschlag werden würde und dass Godin die Schuld an allem trug, und er benutzte Ravi, um seine Behauptungen zu untermauern. Wenn Skow zu weit ging – und wenn Godin in der elften Stunde den revolutionären Computer lieferte, den er versprochen hatte –, würde Ravi sich möglicherweise ganz schnell in einer prekären Lage wieder finden. PeterGodin würde einen versuchten Verrat sehr übel nehmen. Er würde Ravi seinem eigenen Richterspruch unterwerfen. Ravi kam ein Bild von Geli Bauer in den Sinn. Er war verdammt froh, dass sie zum gegenwärtigen Zeitpunkt in einem Hospital in Maryland lag.
Jerusalem
Rachel stemmte sich gegen die Seitenwand des Krankenwagens, als er mit hoher Geschwindigkeit durch die vor Verkehr überquellenden Straßen raste. David lag bewusstlos auf einer Bahre, die am Boden festgeschnallt war. Der Sanitäter sprach genügend Englisch, um sich Rachel gegenüber verständlich zu machen, doch er konnte ihr nur wenig sagen und noch weniger für David tun angesichts des Zustands, in dem sich der Patient befand.
Als David in der Kirche zusammengebrochen war, hatte Rachel augenblicklich gewusst, dass er einen epileptischen Anfall hatte. Sie hatte hinter ihm gekniet und seinen Kopf auf dem Schoß gehalten, damit er ihn nicht auf den Boden schlagen konnte, doch das war alles, was sie tun konnte. Epileptiker, die während eines Anfalls ihre Zunge verschluckten, waren ein Mythos – im Gegenteil, man lief Gefahr, die Finger zu verlieren, wenn man versuchte, dies zu verhindern. Ibrahim hatte sein Walkie-Talkie benutzt und einen Krankenwagen alarmiert, und Rachel hatte das Gefühl, als hätte er dies nicht zum ersten Mal getan.
Rasch hatten israelische Soldaten die Kapelle abgeriegelt. Als der Krankenwagen vor Ort eintraf, war Davids Anfall vorüber, doch er war seither nicht aufgewacht. Die Sanitäter überprüften seinen Blutzucker und stellten fest, dass der Glukosespiegel normal war. Es war alles, was sie vor Ort für einen Patienten im Koma tun konnten, und so legten sie ihm einen Kragen an, verfrachteten ihn auf eine Bahre und ließen ihn von den Soldatennach draußen auf den Hof und in den wartenden Rettungswagen
Weitere Kostenlose Bücher