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Geraubte Erinnerung

Geraubte Erinnerung

Titel: Geraubte Erinnerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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tragen.
    Als sie durch die Straßen Jerusalems jagten, überlegte Rachel hektisch, welche möglichen Ursachen es für Davids Koma geben konnte. In den meisten Fällen waren Medikamente oder Drogen dafür verantwortlich, eingenommen nach einer Hypoglykämie, doch soweit Rachel wusste, betrieb David keinen Drogenmissbrauch. Auch war er nicht hart genug auf dem Boden aufgeschlagen, um ein Schädeltrauma zu erleiden, und einundvierzig war sehr alt, selbst für die Spätformen von Epilepsie, obwohl sie es im Grunde genommen erwartet hatte, seit sie zum ersten Mal von seinen Halluzinationen erfahren hatte. Andererseits hatte Ravi Nara eine epileptische Erkrankung ausgeschlossen, wie David ihr gesagt hatte.
    Ein Schlaganfall konnte Epilepsie und Koma auslösen, doch das war höchst selten. War er vergiftet worden? Sie dachte an das weiße Pulver in dem FedEx-Brief, den David von dem toten Andrew Fielding erhalten hatte. War vielleicht doch irgendwo in dem weißen »Sand« ein toxisches Agens versteckt gewesen, das die Wissenschaftler an der Duke übersehen hatten?
    West-Nile-Fieber war eine Möglichkeit. Vielleicht war David in Tennessee von einem Moskito gebissen worden und hatte erst jetzt die Symptome entwickelt? Oder er hatte sich im JFK Airport mit Meningitis infiziert. Auch ein Hirntumor kam in Frage, doch den hätte der Super-MRI-Scan von Project Trinity sicher entdeckt – oder?
    Noch während sie die Punkte durchging, um alles dem Notarzt mitzuteilen, verfluchte sie sich, dass sie nicht darauf bestanden hatte, David einer gründlichen Untersuchung zu unterziehen, solange er bei ihr in Behandlung gewesen war. Andererseits hatte sie darauf bestanden. Er hatte sich rundheraus geweigert. Punkt.
    Endlich löste sich der Krankenwagen aus dem stockenden Verkehrsgewühl und beschleunigte einen grünen Hügel hinauf auf ein Gebäude zu, das aus der Entfernung wie eine Festungaussah. Auf dem Dach standen mehr Satellitenschüsseln und Funkantennen als auf einer Fernsehstation.
    »Ist dies das Krankenhaus?«, fragte Rachel.
    Der Sanitäter nickte. »Hadassah. Bestes Krankenhaus in Israel.«
    Der Rettungswagen hielt mit quietschenden Reifen auf dem Parkplatz der Notaufnahme, die Sanitäter sprangen heraus und rollten David auf seiner Bahre in das Gebäude. Sie verschwendeten keine Zeit mit einer Trage, sondern rollten ihn direkt in ein Behandlungszimmer. Rachel hatte ihnen gesagt, dass sie Ärztin wäre, und sie gestatteten ihr, ihnen zu folgen. Sie setzte sich auf einen Stuhl an der Wand und achtete darauf, niemandem im Weg zu sein.
    Ein Pfleger überprüfte Davids intravenösen Tropf, dann schaltete er die Beatmung von Flaschensauerstoff auf die feste Leitung des Hospitals um. Ein weiterer Helfer zog ihn aus und befestigte Elektroden auf seiner Brust, die seine Herzfrequenz auf einem Monitor anzeigten. Der Anblick des nackten, hilflosen David auf der Bahre berührte Rachel an einer Stelle, die ihr professioneller Panzer nicht abzudecken imstande war. Sie nahm seinen Geldgürtel und die restliche Kleidung und stopfte alles in eine Plastiktüte.
    Ein Mann in einem weißen Kittel kam zur Tür und wechselte ein paar Worte auf Hebräisch mit dem Sanitäter. Er warf einen Seitenblick auf Rachel, dann kam er herein und bat sie in sehr holprigem Englisch zu schildern, was sich in der Kirche ereignet hatte. Sie beantwortete seine Fragen, so gut sie konnte.
    David war seit dreißig Minuten bewusstlos. Die meisten Patienten mit einem Grand Mal kamen nach ungefähr einer halben Stunde wieder zu sich. Der Arzt ordnete ein großes Blutbild und eine Röntgenuntersuchung des Brust- und Rückgratbereichs an, dazu ein CT, um einen Schlaganfall, Tumoren oder Subarachnoidalblutungen auszuschließen, sowie eine Lumbalpunktion auf Meningitis.
    Nachdem der Pfleger das Blut abgezapft hatte, rollte einHelfer die Bahre in die Radiologie, wo das CT angefertigt wurde. Es dauerte nahezu eine Stunde. Als David in das Behandlungszimmer zurückgebracht wurde, war er immer noch ohne Bewusstsein. Als Nächstes kam die Lumbalpunktion. Die entweichende Lumbalflüssigkeit besaß normalen Druck, und Rachel atmete erleichtert auf, als sie sah, dass die Flüssigkeit klar und farblos war. Eine Infektion war höchst unwahrscheinlich.
    Danach kam eine Überweisung in die Neurologische Abteilung – und nun geriet Rachel in Panik. Die Überweisung bedeutete, dass Fragen über die Krankenversicherung gestellt wurden, um die Bezahlung der entstehenden Kosten zu klären.

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