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Geraubte Erinnerung

Geraubte Erinnerung

Titel: Geraubte Erinnerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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und legte die rechte Hand auf den nackten Stein.
    »David?«, flüsterte Rachel hinter mir.
    Ich schüttelte den Kopf. »Nichts.« Zum ersten Mal in den vergangenen sechs Monaten begann ich aufrichtig an meiner geistigen Gesundheit zu zweifeln.
    »Ich denke, wir sollten zum Hotel zurück«, sagte Rachel. »Ibrahim steht dicht davor, um Hilfe zu rufen.«
    Ich erhob mich und verließ die Kapelle. Mein Verstand raste. Ibrahim starrte mich an, als könnte ich jeden Augenblick blasphemische Bemerkungen von mir geben – wovon der alte Palästinenser in seiner Zeit wahrscheinlich genug zu hören bekommen hatte. Er hielt noch immer das Walkie-Talkie in der Hand.
    »Auch hier ist nichts passiert«, sagte ich zu ihm. »Das ist nicht der richtige Ort.«
    »Aber Sir! Dies sein heiliges Grab!«
    »Und daran besteht kein Zweifel?«
    »Nun ja … einige Christen glauben, Gartengruft draußen vor Stadt ist die Stelle von richtige Grab Jesu. Aber kein Archäologe diese Meinung. Sie haben richtige Grab gesehen, Sir.«
    Eine große, einfach gekleidete Frau mit einer King James Bibel unter dem Arm löste sich aus der Schlange vor der Kapelle und trat auf mich zu. »Spielt es denn eine Rolle, Bruder, wo das richtige Grab ist?«, fragte sie. »Er ist nicht mehr dort. Er ist aufgefahren in den Himmel.«
    »Ob es eine Rolle spielt?«, entgegnete ich. »Natürlich spielt es eine Rolle. Was, wenn man das richtige Grab finden und feststellen würde, dass die Gebeine Jesu noch dort sind? Es wäre der Unterschied zwischen einer legitimen Religion und einem frühen Fall von Massenhysterie.«
    Die Frau zuckte entsetzt zusammen und wandte sich ab.
    Ibrahim sah mich hilflos an. »Sir! Sie nicht dürfen sagen diese Dinge!«
    »Sie sind Muslim, Ibrahim. Sie glauben sowieso nicht an diese Dinge.«
    »Bitte, Sir …«
    Ich entfernte mich ein Stück weit von dem Mausoleum, ohne recht zu wissen, was ich tun oder wohin ich mich wenden sollte.
    Rachel tauchte an meiner Seite auf. »David, wonach genau suchst du eigentlich?«
    »Nach der Stelle, an der Jesus auferweckt wurde.«
    »Aber du glaubst nicht an Gott! Wie kannst du die Stelle finden, an der Jesus auferweckt wurde, wenn du nicht daran glaubst, dass er je existiert hat.«
    Ibrahim hatte uns eingeholt. »Sir? Einige Menschen glauben, Jesus an anderer Stelle auferstanden von Toten. Ich Ihnen zeigen.«
    Er führte uns quer durch die Rotunde zur Tür einer großen Kirche, die vollkommen von der noch größeren umhüllt wurde.
    »Dies ist Catholicon«, sagte er und deutete auf einen Kronleuchter. »Unter der Kuppel dieser Kirche gibt es ein Marmorbecken, das Omphalos, ›Nabel der Welt‹. Griechen glauben, Jesus wurde dort auferweckt und wird dorthin zurückkehren, um am Tag von Jüngste Gericht über die Menschen zu richten.«
    »Können wir es sehen?«
    »Diese Kirche normalerweise geschlossen, aber ich kann Sie hineinbringen.«
    Er führte uns an einer Kette vorbei zu einem steinernen Kelch auf einem mit Einlegearbeiten versehenen Boden. Die Kuppel hoch über dem Kelch war mit ätherischen Christusfresken in gedämpften Pastelltönen bemalt. Ich blickte die Steinschale an, ungefähr von der Größe einer großen Schüssel. Dann beugte ich mich vor und berührte sie. Nichts. Ich spürte nicht mehr, als wenn ich ein Vogelbad in einem fremden Garten berührt hätte.
    Rachel bemerkte meine Enttäuschung augenblicklich. »Worauf hoffst du, David? Einen elektrischen Schlag? Stimmen von oben?«
    Ich drehte mich unserem Führer zu, der den Kopf schüttelte. »Was habe ich bisher noch nicht gesehen, Ibrahim?«
    »Viele Dinge, Sir. Am wichtigsten von allen Golgatha. Lateinisch calvarium, der Ort, wo Jesus an das Kreuz geschlagen wurde.«
    »Ist er in der Kirche?«
    »Selbstverständlich, Sir. Bitte folgen.«
    Er führte uns aus dem Catholicon und zu einer steilen Treppe nach oben. Ich zählte achtzehn Stufen, und meine Hoffnung sank mit jeder Stufe, die ich höher stieg.
    Doch in dem Augenblick, als ich die oberste Stufe erklommen hatte, spürte ich, wie sich Aufregung in mir ausbreitete. Der Raum war voll von Menschen, doch zu meiner Linken, über den Köpfen der Leute, erblickte ich eine lebensgroße Skulptur von Jesus an einem Kreuz. Er trug ein silbernes Tuch um die Lenden und eine silberne Krone auf dem Kopf. Es war nicht die Skulptur, die meine Aufregung verursachte, sondern irgendetwas anderes im Raum, das ich noch nicht fassen konnte. Ich fühlte mich, als stünde ich ganz nah an einem

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