Geraubte Herzen
zu rufen.«
»Nimm dir noch ein paar Sandwiches«, ordnete sein Vater an. »Wenn du wirklich ein solcher Schuft bist, könnte
das eine Weile dauern, und die Sandwiches sind verdammt klein.«
Zack nahm noch drei mit Käse und Paprikaschoten. »Wenn sie wirklich nicht wusste, wer ich bin, und das Geld wirklich nicht unterschlagen hat, dann wird sie sowieso nie mehr mit mir reden.«
»Krieche, Junge«, sagte sein Vater. »Frauen mögen es, wenn ein Mann vor ihnen kriecht.«
Seine Mutter ging wie eine wütende Klapperschlange auf seinen Vater los. »Edward, du hattest es verdient, zu kriechen!«
Zack entfernte sich rückwärts und so schnell er konnte aus der Bibliothek.
»Bin ich vielleicht nicht vor dir gekrochen?«, wollte Vater wissen.
»Du hältst es mir seither ständig vor.«
Tante Cecily folgte Zack ins Foyer. »Die beiden sind jetzt eine Weile beschäftigt. Dein Vater weiß einfach nicht, wann er den Mund halten sollte. Aus deinen Aktionen heute Morgen zu schließen, liegt das in der Familie. Aber nur, falls du wirklich verliebt bist.«
»Was für ein verfluchtes Durcheinander.« Zack schlüpfte in seinen Mantel und küsste die dargebotene Wange.
»Ein Durcheinander, das du selber angerichtet hast.« Die Hand auf seinen Ärmel legend, sagte Tante Cecily: »Ich mag das Mädchen. Geh, und hol sie da heraus.«
»Ja. Ich hole sie. Ich will sie. Und ich bekomme immer, was ich will.«
Coldfell war mit der Mercedes-Limousine gekommen, hatte die Trennscheibe heruntergelassen und sah im Rückspiegel zu, wie Zack seine Anrufe tätigte.
Es war Zack egal, was sie hörte oder dachte. Er war zu
sehr damit beschäftigt, sich zu überlegen, wie er die Gunst der einzigen Frau zurückgewinnen konnte, die ihn jemals - und nur Gott wusste, warum - um seiner selbst willen geliebt hatte.
Erst rief er auf dem Polizeirevier an, um Hopes derzeitigen Status zu erfragen, und musste überrascht feststellen, dass sie bereits Kaution gestellt hatte. Er wusste nicht, wo sie wohnte, also dirigierte er Coldfell direkt zu Madam Nainci. Er rief seinen persönlichen Anwalt an, der sich für Hopes Fall in Bereitschaft halten sollte. Wenn irgendwer sie da herausbekam, dann Richard »Icy« Roberts. Zack versuchte vergeblich, Griswald zu erreichen, und hinterließ eine Nachricht auf der Mailbox. Hopes Geschwister ausfindig zu machen, war auf der Prioritätenliste jetzt ganz nach vorne gerückt. Falls Zack vor ihr kriechen musste - und er war sicher, das musste er -, dann wusste er, welches Geschenk er ihr machen würde, von der Demutsgeste einmal abgesehen.
Ihre Schwestern. Ihren Bruder.
Jetzt, da ihm der Zorn nicht mehr den Verstand benebelte, erinnerte er sich wieder an Hopes offenes Lächeln, ihre lieben Worte, die Art, wie sie ihn ausschimpfte und daran, wie sie sich ihm hingegeben hatte, ohne Vorbehalte, mit ihrem ganzen Herzen und ihrem ganzen Vertrauen. Sie hatte gesagt, sie liebte ihn, und er hatte nichts erwidert.
Ja, er würde zu Kreuze kriechen müssen.
Er rief bei sich zu Hause an und fragte das Dienstmädchen, das seinen Anruf entgegennahm, ob heute Morgen jemand Griswald hatte sprechen wollen. Sie bestätigte. Er fragte, wer angerufen hatte - Madam Nainci - und mit wem sie gesprochen hatte - Leonard . Als er das Telefon weglegte, tat er es mit wachsender Gewissheit.
Leonard. Leonard hatte gestern Abend im Flur herumgelungert und Zack gesehen, als er Hope die Treppe hinaufgetragen hatte. Leonard hatte das Tablett heraufgebracht, während er mit Hope in der Badewanne gewesen war. Leonard war in der Position, Baxter Bericht zu erstatten, und Leonard war auf Geld aus. Ja, es wäre keine Zeitverschwendung, Leonard zu durchleuchten und herauszufinden, ob der Unterbutler plötzlich in der Lotterie gewonnen hatte.
Die Limousine steckte in einem der üblichen Bostoner Staus, als Coldfell etwas in die Stille sagte: »Also, Mr. Givens, was machen Sie, wenn sie es tatsächlich getan hat?«
»Es?« Nicht, dass er es nicht gewusst hätte. Der Scotch hatte lediglich seine Reflexe verlangsamt.
»Das Geld unterschlagen. Gewusst, wer Sie sind. Sie nach Kräften hinters Licht geführt hat. Ich habe genug gehört, um zu wissen, was los ist.« Coldfell hörte sich mehr als nur interessiert an. »Was machen Sie, wenn sie in allen Anklagepunkten schuldig ist?«
»Müssen Sie das jetzt fragen?« Liebte er Hope? Oder liebte er sie nicht?
Es gab keinen Zweifel. Er liebte sie. Deshalb wollte er sie glücklich sehen. Deshalb hatte er
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