Geraubte Herzen
so etwas getätigt.« Hope kam sich vor, als schwämme sie wieder im altbekannten Treibsand, verurteilt für etwas, das sie nicht getan hatte. »Mr. Wealaworth wollte einen zweiten Namen auf dem Briefkopf stehen haben, damit seine Firma bedeutender wirkt.«
Officer Aguilar schenkte ihr keine Beachtung und rezitierte die aus dem Fernsehen sattsam bekannten Sätze.
Die Polizisten rechneten augenscheinlich nicht mit Widerstand und geleiteten Hope zur Wand. »Ich muss Sie jetzt durchsuchen, Miss.« Sie tastete Hope energisch ab.
Madam Nainci kreischte: »Eine Ungeheuerlichkeit!« Hope zuckte zusammen, als die unerbittlichen Hände ihren immer noch empfindlichen Körper berührten. Als Officer O’Donnell das Handy entdeckte, starrte Hope das Gerät an, als hätte sie es nie zuvor gesehen.
»Ich muss dieses Telefon als Beweisstück konfiszieren«, sagte Officer O’Donnell.
»Aber das gehört mir nicht«, sagte Hope.
Officer O’Donnell zog die Augenbrauen hoch.
Hope realisierte entsetzt, dass sie sich anhörte, als habe sie das Handy gestohlen. »Es gehört meinem …« Als was sollte sie ihn bezeichnen? »Meinem Freund.« Eine alberne Bezeichnung für einen Mann wie Griswald.
»Konfiszieren muss ich es trotzdem.« Officer O’Donnell warf das Handy in eine der Schachteln.
»Aber ich habe ihm versprochen, dass ich ihn anrufe.« Hope schwirrte vor Angst und Scham der Kopf.
»Welcher Freund?«, wollte Madam Nainci wissen.
»Griswald.« Beim Klang seines Namens wurde ihr warm. »Griswald. Madam Nainci, bitte rufen Sie Griswald an. Sagen Sie ihm, was passiert ist. Er wird alles in Ordnung bringen.«
Officer Aguilar griff zu den Handschellen. Officer O’-Donnell fing an, die Schachteln die Treppe hinaufzuschaffen.
»Sie hat nichts getan!« Madam Nainci schrie so laut, dass Hope um Mr. Blodgetts willen zusammenzuckte. »Ich habe Ihnen doch erklärt, was passiert ist. Warum hören Sie mir nicht zu? Das hier ist nicht die alte Heimat, das hier sind die Vereinigten Staaten von Amerika. Hier können Sie die Leute nicht grundlos ins Gefängnis werfen!«
Officer Aguilar war fertig damit, Hope die Handschellen anzulegen, und schob sie gegen die Wand. »Bleiben Sie da stehen.« An Madam Nainci gewandt, stellte er fest: »Sie sollten besser mit dem Anwalt sprechen, Madam. Sie wird ihn brauchen.«
Er bugsierte Hope auf den Gehsteig hinaus. Ein paar von den Nachbarn trotzten dem eisigen Wind, um das Polizeiauto zu begaffen, das auf ihrer friedlichen Straße parkte. Andere hatten lediglich die schäbigen Gardinen zur Seite geschoben.
Eines der Kinder fragte: »Hope, was machst du da?«
Sie versuchte nicht einmal zu antworten, sie konnte nicht. Sie hatte es in ihren Albträumen gesehen. In ihren Albträumen hatten die Leute sie begafft, während die Polizei sie abführte. In ihren Albträumen versuchte sie verzweifelt, Daddy und Mama nachzulaufen, aber nebelhafte Gestalten hinderten sie daran, hielten sie zurück. Das hier war real. Alles an dieser Szene verletzte ihren Stolz. Was, wenn die Polizei dafür sorgte, dass sie verurteilt wurde? Sie glaubte nicht, dass das amerikanische Rechtssystem ihr Gerechtigkeit widerfahren lassen würde. Ihre Familie war für ein Verbrechen bestraft worden, das sie nicht begangen hatte. Was, wenn man sie ins Gefängnis sperrte? Dann würde sie ihre Geschwister niemals wiederfinden.
Oh, Gott.
»Warum nehmen Sie Hope mit?« Mr. Quinteras mochte Hope. Er schaute die Polizeibeamten finster an.
»Steigen Sie ein.« Der Officer drückte sie auf den Rücksitz des Polizeiwagens, und Hope ließ sich, so tief es ging, nach unten sinken. Die Türen hatten innen keine Griffe, und die Vordersitze waren von einem robusten Käfig geschützt, der Kriminelle daran hindern sollte, die Beamten zu attackieren.
Sie fühlte sich schuldig wie ein Schwerverbrecher. Der Dummheit schuldig. Sie sah jetzt klar. Mr. Wealaworth hatte Madam Nainci hinters Licht geführt. Hatte Hope hinters Licht geführt. Hatte Geld unterschlagen und damit gerechnet, dass Hope für ihn ins Gefängnis gehen würde.
Die Officers stiegen in den Wagen, Officer O’Donnell hinter dem Steuer.
Hope schien grauenhaft auszusehen, denn Officer Aguilar drehte sich um und sagte: »Bitte sagen Sie Bescheid, falls Sie sich übergeben müssen, Miss Prescott.«
Sie nickte. Ohne sich große Hoffnungen zu machen, sagte sie: »Ist Mr. Wealaworth auch in Haft?«
»Stanford?« O’Donnell lachte. »Noch nicht, aber innerhalb der nächsten
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