Gerechte Engel
abrasierte Stelle. Notieren Sie das, Caldecott.«
»Allgemeine … Erscheinung … nicht … beeinträchtigt«, las Caldecott vor, während er in ein kleines Notizbuch schrieb. »Mobilität … hervorragend …«
Bree blieb stehen. »Was soll das, Gentlemen?«, fragte sie ungehalten.
Caldecott steckte das Notizbuch in die Brusttasche seiner Anzugjacke und holte eine kleine Kamera heraus. »Fotos? Was meinen Sie, Beazley?«
»Seit es Photoshop gibt, haben die bei Gericht nicht mehr denselben Wert wie früher«, erwiderte Beazley. »Heutzutage lassen sich Fotos zu leicht bearbeiten, nachbessern oder regelrecht fälschen.«
Bree starrte auf einen Punkt hinter Caldecotts Kopf und sagte mit gespieltem Erstaunen: »Na, wenn das nicht Gabriel ist! Wie schön, Sie zu sehen, Gabriel! Und Ihr scharfes Schwert haben Sie auch dabei. Wir sind uns ja ewig nicht begegnet.«
Caldecott fuhr alarmiert zusammen und blickte sich nervös um. »Gabriel? Wo?«
»War nur ein kleiner Scherz«, sagte Bree. »Damit Sie mir Ihre Aufmerksamkeit schenken.« Sie sah die beiden finster an. »Was wollen Sie? Wenn es um den Fall Bulloch geht, da bin ich noch lange nicht so weit, Berufung einzulegen, und auf einen Deal lasse ich mich ganz gewiss nicht ein.«
»Der Fall Bulloch«, murmelte Beazley. »Nein, nein. Der steht noch gar nicht zur Debatte.«
»Wie Sie haben auch wir eine Kanzlei für irdische Fälle …«, erklärte Caldecott. »Von irgendwas muss man ja schließlich seine Rechnungen bezahlen.«
»Hier ist unsere Karte«, sagte Beazley.
Bree nahm die Karte, las sie und starrte die beiden an. »Sie vertreten die Armguard-Versicherungsgesellschaft?«
»Man hat uns engagiert.« Beazley nahm die Karte wieder an sich. »Wir sind im Auftrag des armen Mr. Mercury hier.«
»Dem der Unfall unendlich leidtut …«
»… der aber in keiner Weise für Ihre Verletzungen haftbar ist.«
Bree humpelte zum Tor. »Vergessen Sie’s. Ich habe nicht die Absicht, Mercury zu verklagen. Verschwinden Sie.«
»Glauben Sie, sie meint es ernst, Caldecott?«
»Schon möglich, Beazley, schon möglich.«
»Das tu ich«, stellte Bree energisch fest. »Ich habe gar kein Interesse daran, Mr. Mercury zu verklagen.« Sie erreichte das Tor. Dent stand mit geballten Fäusten da. »Mr. Dent«, sagte Bree. »Mir fällt gerade ein, wie gekonnt Sie neulich bei B. Matthew’s Sammi-Rose Waterman hinauskomplimentiert haben. Sehen Sie sich in der Lage, mir noch einmal einen solchen Dienst zu erweisen?«
Dent zog sein Sportsakko aus und hängte es über den Zaun. »Bin gern bereit, es zu versuchen.«
»Aber wer wird denn gleich so gereizt sein?«, sagte Caldecott.
»Wir schicken Ihnen eine Verzichtserklärung zur Unterschrift zu«, teilte Beazley ihr mit.
»Vergessen Sie nicht, sie von Zeugen unterschreiben und notariell beglaubigen zu lassen«, fügte Caldecott hinzu. »Verabschieden Sie sich, Beazley. Halten Sie sich zurück, Dent!«
Im nächsten Moment waren beide verschwunden. Nur Caldecotts höhnisches Kichern hing noch in der Luft.
»Sie sind weg«, sagte Dent.
»Wurde auch Zeit. Danke für Ihre Hilfe. Die beiden können ganz schön nerven.« Bree mühte sich durch das Tor. »Lassen Sie uns zur Bay Street fahren.«
Dent nahm sein Sportsakko vom Zaun und zog es langsam wieder an. Bree hatte noch nie jemanden gesehen, der derart erschöpft wirkte. »Sie kennen diese zwei Typen?«
»Leider. Es sind Anwälte der Gegenseite. Bisher musste ich mich schon drei Mal vor Gericht mit ihnen auseinandersetzen.«
Dent schien Schwierigkeiten zu haben, sich zu konzentrieren. »Ach ja? Und wie sieht Ihre Erfolgsbilanz aus?«
»Bei diesen beiden Knallköpfen?« Bree lächelte. »Bisher recht gut. Aber ich bin mir überhaupt nicht sicher, ob ich diesen Fall auch gewinne.« Sie blieb stehen und lehnte sich gegen ihr Auto. Dent öffnete ihr die Beifahrertür. Sie drehte sich um, ließ sich rückwärts auf den Sitz nieder und zog ihre Beine nach. Dent nahm auf dem Fahrersitz Platz und fuhr los, wobei er weniger Geschick an den Tag legte als sonst. Bree musterte ihn kurz. Sie wusste nicht, ob sie zur Sprache bringen sollte, dass er entlassen worden war. Er sah furchtbar aus, war unrasiert. Er hatte dunkle Ringe unter den Augen, und die Falten in seinem Gesicht wirkten ausgeprägter als sonst. Sie würde mit EB besprechen, ob sie ihn nicht als Fahrer anheuern konnten. Sie hatte zwar nicht die Absicht, Phillip Mercury zu verklagen, aber zumindest konnte ihr seine
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