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Gerechte Engel

Gerechte Engel

Titel: Gerechte Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Stanton
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ihm, Ihr Vater sei vor ein paar Monaten gestorben und habe den Brief an Sie weitergegeben.«
    Dent machte ein finsteres Gesicht. »Das würde er mir nicht abkaufen. Er ist zwar vierundneunzig, aber er war schließlich mal Cop. Er wird sofort wissen, dass ich den Brief geschrieben habe.«
    »Meine Großmutter hat fast ihr ganzes Leben lang Tagebuch geführt. Ich habe eine leere Seite herausgerissen. Das Papier ist alt.« Sie holte ein Blatt aus dem Umschlag und strich es auf ihrem Knie glatt. Es war dickes Hadernpapier mit einem Stich ins Gelbe, wie er sich erst im Laufe der Jahre einstellt. Dent nahm das Papier in die Hand und rieb mit dem Daumen darüber, während Bree fortfuhr: »Franklin hat mir all seine Effekten hinterlassen, darunter auch einen Füllfederhalter. Wenn Sie den benutzen, wird auch die Schrift alt aussehen. Es könnte wirklich klappen, Dent. Ein Versuch kann jedenfalls nicht schaden. Ich geh schon mal vor zur Rezeption, um mich zu erkundigen, ob er uns heute überhaupt empfangen kann. Denken Sie inzwischen darüber nach, was Sie schreiben wollen.« Sie legte den Füllfederhalter auf das Armaturenbrett, stieg aus und ging zum Gebäude.
    Die Tür war, wie sie dankbar registrierte, behindertengerecht. Sie drückte auf einen roten Knopf. Nachdem sich die Tür automatisch geöffnet hatte, trat Bree in ein mit Teppichboden ausgelegtes Foyer, in dessen Mitte sich ein kleines Empfangscenter befand. Hinter dem Tresen stand eine Frau mittleren Alters, die lächelnd aufblickte, als Bree hereingehopst kam. »Soll ich Ihnen behilflich sein?«
    »Danke, geht schon.« Bree blieb stehen, um die Umgebung in Augenschein zu nehmen. Rechts und links zweigte jeweils ein Korridor vom Foyer ab. Kleine, in die Wand eingelassene Messingschildchen gaben die Zimmernummern an. Es roch schwach nach Essen, Desinfektionsmitteln und verunreinigtem Bettzeug. Auf einer kleinen Kommode an der Wand stand eine große Schale mit künstlichen Blumen. Hinter dem Empfangscenter führte eine große Glastür zu einem weitläufigen Raum mit Glasdach, der mit Pflanzen und Fernsehgeräten ausgestattet und voller alter Menschen in Rollstühlen war.
    »Sind Sie eine Verwandte von einem unserer Alten? Waren Sie schon mal bei uns?« Die Empfangsdame war höflich-zurückhaltend. An ihrem weißen Blazer steckte ein Namensschildchen: Florence Bagley. »Oder wollen Sie bei uns einchecken?«, fragte sie grinsend, indem sie einen Blick auf Brees Krücken warf.
    »So weit ist es noch nicht. Ich bin gekommen, um Robert Kowalski zu besuchen.« Bree holte eine Visitenkarte aus ihrem Tragebeutel und reichte sie der Empfangsdame.
    »Brianna Beaufort. Natürlich! Wusste doch, dass ich Sie kenne. Ich hab Sie im Fernsehen gesehen. Hatte was mit diesem reichen Typ zu tun, der sich in New York umgebracht hat.«
    »Mr. O’Rourke. Das waren meine fünfzehn Minuten Ruhm, die jetzt aber glücklicherweise hinter mir liegen. Ich bin mit einem …« Sie geriet ins Stocken. Allmählich kam sie zu dem Schluss, dass das größte Problem, das ihre Angelus-Street-Fälle ihr bereiteten, darin bestand, dass sie gewöhnlichen Sterblichen dauernd etwas vorschwindeln musste. Wenn es irgendwo in der Sphäre eine Waage gab, auf der ihre guten und ihre schlechten Taten gewogen wurden, dann sank die Schale mit ihren Missetaten gerade gewaltig nach unten. »Ich bin mit einem Klienten hier, der gerade den Nachlass seines Vaters ordnet. Sein Besuch hängt mit einem älteren Fall zusammen, an dem ich zurzeit arbeite. Ich hoffe, Mr. Kowalski kann uns irgendwie weiterhelfen.« Sie hörte, wie die Eingangstür hinter ihr geöffnet und dann wieder geschlossen wurde. »Dies ist Mr. William Dent, der im Auftrag seines Vaters hier ist. Mr. Dent, das ist Mrs. Bagley.«
    »Wir möchten Bobby Lee besuchen«, sagte Dent. Bree bemerkte, dass der Umschlag mit dem Blatt aus dem Tagebuch ihrer Großmutter in seiner Brusttasche steckte. »Mein Vater hatte einen Brief für ihn.«
    »Er wird sich sicher über Ihren Besuch freuen.« Mrs. Bagley nahm ein Schlüsselbund aus der Schreibtischschublade und führte sie den Korridor entlang, an dem die Zimmer 115 bis 215 lagen. »Zuletzt hat ihn eine hübsche junge Farbige besucht.«
    Wieso geben Sie dieser Frau wegen ihrer Ausdrucksweise nicht auch eins auf den Deckel?
    »Verschwinden Sie aus meinem Kopf, Dent.«
    Mrs. Bagley drehte sich um. »Wie bitte?«
    »Sorry. Ich komm immer noch nicht ganz mit den Krücken zurecht.«
    »Das geht vielen unserer Insassen

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