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Gerettet von deiner Liebe

Gerettet von deiner Liebe

Titel: Gerettet von deiner Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CARLA KELLY
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lag sie im Bett und dachte daran, wie interessant es wäre, Mr. Trevenen zu porträtieren.
    Er hatte strahlend grüne Augen, ein markant geschnittenes Gesicht, und wenn er aufmerksam zuhörte, lag eine Spannung in seinen Zügen, die ihr Malerauge faszinierte.
    Manchmal wirkte er allerdings seltsam abwesend und schien einen Punkt in der Ferne zu fixieren. Seine sonderbare Unaufmerksamkeit dauerte jedoch nie lange.
    Hör auf, an ihn zu denken, und schlaf endlich, befahl sie sich.
    Und sie wäre eingeschlafen, hätte sie nicht draußen im Korridor jemanden rumoren gehört. Dann vernahm sie einen Fluch, wie er in Alderson House nicht üblich war.
    Rasch schlüpfte sie in ihren Morgenmantel, eilte auf den Flur und sah James im Nachthemd zur Treppe starren, die Lippen zu einem schmalen Strich aufeinandergepresst. Er schien nicht zu bemerken, dass die Vase auf dem niedrigen Tisch gefährlich schwankte. Mit einem Satz rettete sie das Gefäß vor dem Sturz und verhinderte einen Höllenlärm, der das ganze Haus geweckt hätte.
    Erst da nahm er Notiz von ihr und brachte ein schuldbewusstes Lächeln zustande.
    „Brauchen Sie etwas?“, fragte sie.
    „Ehm … ja … ja“, stammelte er, und sie hatte den Eindruck, er suche nach einer Ausrede.
    Sie entsann sich, wie er sich Essen in die Tasche steckte, wenn er sich unbeobachtet glaubte.„Haben Sie Hunger, Mr. Trevenen? Wir können gerne in die Küche gehen.“
    Er stürzte sich förmlich auf ihren Vorschlag. „Ja, gerne. Nachts überfällt mich immer … grässlicher Hunger.“
    Sie wusste, dass er damit etwas anderes meinte, ohne zu ahnen, was es sein mochte.
    Erst jetzt wurde er sich seines dünnen Nachthemds bewusst, das ihm kaum bis zu den Knien reichte. „Ich ziehe mir rasch etwas an“, sagte er.
    Sie bemerkte sein Zögern, ehe er sein Zimmer betrat.
    Und ich stehe hier im offenen Morgenmantel, dachte sie mit leiser Belustigung und knöpfte ihn bis oben zu, als James wieder erschien und das Nachthemd in die Hosen stopfte. Er war barfuss, und Susannah hatte den Eindruck, er trage nicht gerne Pantoffeln.
    „Sind Sie mit nackten Füßen auf Dattelpalmen geklettert?“
    „Kokospalmen“, verbesserte er sie lächelnd. „Ein Geschick, mit dem man in London nicht groß Furore machen kann, fürchte ich. Sir Percival würde niemals empfehlen, auf einen Baum zu klettern.“
    „Gewiss nicht“, stimmte sie zu. „In der Stadt ist es auch nicht nötig, Bäume zu erklimmen. Kommen Sie, wir gehen nach unten.“
    Im Flur des Dienstbotentrakts brannte Licht. „Wenn wir ganz leise sind, finden wir Essen in der Speisekammer, ohne Chumley zu wecken.“
    „Mrs. Park, kann ich Ihnen helfen?“
    Sie seufzte. In der offenen Tür seines Zimmers stand der Butler und wirkte auch in Nachthemd und Morgenrock ausgesprochen würdevoll. „Ich wollte Sie nicht stören, Chumley“, entschuldigte sie sich. „Mr. Trevenen ist hungrig. Ich denke, Brot und Käse werden genügen.“
    Der Butler verneigte sich ungerührt, als habe sie darum gebeten, den Tee auf der Veranda zu servieren. In der Küche lud er die Besucher mit einer höflichen Geste ein, am blank gescheuerten Tisch Platz zu nehmen. „Setzen Sie sich. Ich kann Ihnen köstliches Zimtbrot anbieten. Leider ist nur noch ein halber Laib übrig.“
    „Besser als nichts“, meinte James.
    „Chumley bestreicht Ihnen gern ein paar Scheiben mit Butter“, sagte Susannah.
    James schüttelte den Kopf. „Nicht nötig. Wenn ich noch etwas Käse haben könnte, wäre ich zufrieden. Und …“ Er stockte verlegen.
    „Chumley, wenn Sie dafür sorgen, dass immer ein Imbiss in Mr. Trevenens Zimmer steht, dann muss er nicht nachts um drei durchs Haus geistern“, sagte Susannah.
    Schnell nickte James. „Ja. Es müsste nur etwas Essbares im Zimmer sein für …“
    „Für Sie?“, fragte Susannah. „Kein Grund, verlegen zu sein. Ich musste nie etwas entbehren und kann mir nicht vorstellen, was es heißt, ständig Hunger zu leiden.“ Trotzdem hatte sie das Gefühl, dass noch mehr dahintersteckte. Chumley summte leise in der Speisekammer, während er den Imbiss vorbereitete. Dies wäre vielleicht der geeignete Augenblick, um ihre Situation zu erklären. Doch als sie zum Sprechen ansetzte, erschien der Butler mit einem Tablett, auf dem Brot und Käse lagen.
    „Haben Sie sonst noch einen Wunsch, Sir?“, fragte Chumley.
    „Nein, vielen Dank.“
    James nahm dem Butler das Tablett ab. „Ich bin überwältigt von Ihrer Güte.“ Er nickte Susannah zu.

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