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Gerissen: Thriller (German Edition)

Gerissen: Thriller (German Edition)

Titel: Gerissen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Abrahams
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Rasch eilte er umher, stocherte mit dem Strahl in der Dunkelheit; die Seiten des Anlegers entlang, zwischen den Felsen am Flussufer, im Gebüsch am Straßenrand. Er watete sogar in den Fluss und richtete den Strahl auf das Wasser am Ende des Anlegers. Dann blieb er einen Moment mit zur Seite geneigtem Kopf stehen – diese bärenhafte Neigung in Richtung der Weide.
    Harrow lief den Anleger hoch zum Fuß des Baums. Er richtete das Licht hierhin und dorthin, den Stamm hinauf, in das Geäst, wieder zurück. Der Strahl verharrte. Er lachte, sehr leise. Versteckte sich Mandrell hier? Ivy trat näher. Alles, was sie sah, war ein längliches Loch im Stamm in ungefähr drei Metern Höhe, groß, aber nicht groß genug, um einen Mann zu verbergen.
    In stummer Frage hob Ivy die Hände mit nach außen gekehrten Handflächen. Harrow schaltete die Lampe aus, zauste ihr die Haare, flüsterte: »Dieser Frankie.«
    »Was?«, fragte sie, so leise sie konnte.
    »Ich erzähl’s dir später.« Er gab ihr die Taschenlampe. »Richte sie auf Frankie, mehr musst du nicht tun.«
    »Wohin gehst du?«
    Er beugte sich dicht zu ihr, seine Lippen streiften ihr Ohr, erzeugten so lautes Rauschen in ihrem Kopf, dass sie ihn kaum verstand: »Ich will ihn nicht abschrecken. Ich bin ganz in der Nähe. Alles ist cool.«
    Lautlos entfernte er sich und verschwand.

    Ivy stand unter der Weide, die Taschenlampe ausgeschaltet. Hier war es passiert, ebenfalls nachts – Betty Ann traf Frank, fuhr mit dem Seesack voller gestohlenem Geld davon. Sie konnte es vor sich sehen. Der Fluss hatte vermutlich genauso geklungen: saugende Geräusche am Ufer, ein Gurgeln in der Mitte des Stroms.
    Ivy lauschte auf andere Geräusche – ein Auto, Schritte, das Rascheln von Kleidung – und hörte nichts außer dem Fluss. Sie übte ihren Satz. Zeig mir das Geld. Einfach zu merken. Und danach? Harrow würde erscheinen. Mandrell würde Betty Anns Aufenthaltsort enthüllen. Er würde ihn so oder so preisgeben, vermutlich waren Schläge unumgänglich. Ivy war darauf gefasst, doch Harrows Erscheinen würde Mandrell einen Schock versetzen, ihn wahrscheinlich derart erschrecken, dass er seine Informationen ziemlich schnell ausspuckte. Er würde nur flüchten wollen, zurück zum Les Girls und dem Leben von Jake McCord.
    Und das wäre es dann. Hätten sie am Ende wirklich das Geld? Ivy wollte es nicht, aber Harrow? Vielleicht lief es auf eine Art Gleichung hinaus, darauf, einen Ausgleich für sieben verlorene Jahre zu finden. Hundert Riesen schienen ein bisschen mickrig, wenn man es auf diese Weise betrachtete, aber wie viel Geld konnte –
    Was war das? Hatte sie etwas gehört, ein Auto vielleicht? Ivy spähte die Straße hinab, sah nichts. Sie drehte sich zum Wald, wartete auf das Schimmern von Scheinwerfern zwischen den Bäumen, aber nichts geschah. Ebenso das Geräusch – sie hörte es nicht mehr. Nur den Fluss, der am Ufer schmatzte und weiter draußen gurgelte … und nun ein weiteres Geräusch produzierte, ein leises Wellenschlagen. Ivy drehte sich um und starrte aufs Wasser.
    Ein Boot nahm in der Dunkelheit Gestalt an, glitt heran, bewegte sich kaum, als es gegen den Anleger stieß, schwang zur Seite, kam schaukelnd zum Halt. Ein großes offenes Motorboot, vielleicht sechs Meter lang, und niemand an Bord außer einem einzelnen Mann an der Steuerkonsole. Er ergriff eine Leine, kletterte über die Bordwand und vertäute das Boot an einer Klampe an der Seite des Anlegers.
    Dann sah er auf und erstarrte. Er hatte gute Augen, wenn er sie hier sehen konnte. Alles vorhandene Licht wurde von seinem platinblonden Haar reflektiert: Frank Mandrell.
    »Du bist früh«, sagte er.
    Eine einfach zu merkende Zeile: Zeig mir das Geld. Ivy öffnete den Mund, um sie aufzusagen, aber das war nicht das, was herauskam. Stattdessen sagte sie: »Wo ist Betty Ann?«
    »Hä?«, erwiderte er.
    Ivy hatte bis dahin die Taschenlampe völlig vergessen, obwohl sie sie in der Hand hielt. Sie schaltete sie ein.
    »He«, rief Mandrell und schirmte sein Gesicht ab. Er trug einen vollständigen Satz Schlechtwetterkleidung, als rechnete er mit einem Sturm.
    »Wo ist sie?«, wiederholte Ivy. »Das ist alles, was ich wissen will.«
    Er kam den Anleger herauf. »Warum?«, fragte er.
    Ivy wich einen oder zwei Schritte zurück.
    »Und nimm den verdammten Scheiß aus meinem Gesicht«, befahl er.
    Ivy senkte den Lichtkegel ein wenig, richtete ihn auf seine Brust. »Sie hat sich hier mit dir getroffen und ist mit

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