Gerissen: Thriller (German Edition)
London.
»Hi.«
»Hi, Ivy. Wie geht’s dir?«
»Gut. Was möchtest du?«
»Ich habe zwei Neuigkeiten«, sagte Danny.
Ihr Herz begriff rascher als der Rest, begann schnell zu schlagen.
»Deine Story gefällt Whit«, sagte Danny.
Schneller und schneller. »Nein. Tut sie das?«
»So ist es«, bestätigte Danny. Er lächelte, sein Lächeln war nicht so breit wie das Dragans, aber seine Zähne waren perfekt.
»Ehrlich?«
»Ehrlich.«
»Bist du sicher?«
»›Ihr Blick auf das moderne Leben zeigt durchtriebene Situationskomik‹«, zitierte Danny.
»Das hat er gesagt?«
»Zitat Anfang, Zitat Ende.«
»Durchtriebene Situationskomik?«
»Wörtlich.«
»Aber ist das gut oder schlecht?«
»Gut!«
»Vielleicht ist es eine Ablehnung.«
»Es ist keine Ablehnung.«
»Woher weißt du das?«
»Ich kenne ihn.«
»Situationskomik«, sagte Ivy. »Wie in diesen Filmen aus den Dreißigern.«
»Ja?«
»Leoparden küsst man nicht.«
»Den kenn ich nicht«, sagte Danny. Da der Bezug auf diese Filme Danny vermutlich entgangen war, konnte er Whit womöglich komplett missverstanden haben. Sie blickte Danny in die Augen, versuchte zu erkennen, ob sie seiner Interpretation trauen konnte.
»Was soll dieser Blick?«, fragte Danny. »Du machst mir Angst.«
»Wo hat dieses Gespräch stattgefunden?«, wollte Ivy wissen.
»Welches Gespräch?«
»Um Himmels willen, das mit Whit.«
»Auf dem Squashcourt. Wir –«
In diesem Moment sprang die Tür auf, und die schwulen Kegler von Boerum Hill strömten herein, ungefähr ein Dutzend von ihnen in ihren Mannschaftsjacken aus rosa Satin. Unvermittelt drehten alle ein bisschen auf, wie es manchmal im Verlaine’s geschah. Alabama-Boy hielt eine leere Bierflasche über seinen Kopf, ein amüsantes Studentensignal für eine weitere Runde. Bruce, der mit brutaler Gewalt zwei Martinis schüttelte, warf ihr einen Blick zu.
»Ich muss weiter«, sagte Ivy.
»Wann hast du Feierabend?«, fragte Danny.
»In einer Stunde.«
»Was hältst du von Essengehen?«
Ivy zögerte.
»Willst du nicht dein Kreuzverhör zu Ende führen?«, fragte Danny.
Ivy lachte.
Sie trafen sich im River Café und setzten sich an einen Fenstertisch. Draußen glitt ein Lastkahn vorbei, eine schwarze Silhouette bis auf das Gesicht des Bootsführers, grün im Schimmer der Instrumente, und einen Matrosen, der am Heck im Schein einer Taschenlampe ein Buch las.
»Warst du hier schon mal?«, fragte Danny.
»Weit über meinem Preisniveau«, erwiderte Ivy. »Ich wusste gar nicht, dass du Squash spielst.«
Der Champagner traf ein. Der Korken knallte mit einer vielversprechenden kleinen Explosion. Ivy bestellte Ente spezial.
»Eine ausgezeichnete Wahl«, gratulierte der Kellner.
»Danke«, sagte Ivy.
Es war schön hier. Ivys an diesem Abend ruhelose und gierige Phantasie wollte zu Vignetten ihres Lebens als Ivy, der Bestseller-Autorin, vorauseilen. Sie bezähmte sie, so gut sie es vermochte.
»Ich bemühe mich, ungefähr einmal pro Woche auf den Platz zu kommen«, sagte Danny.
»Mit Whit?«
»Das war das erste Mal«, sagte Danny. »Er spielt nicht besonders gut – hat überhaupt kein Gefühl dafür.«
»Wie seid ihr auf ›Höhlenmann‹ gekommen?«
»›Höhlenmann‹?«
»Der Titel der Story.«
»Ach, genau«, sagte Danny, während er ihr Glas nachfüllte, das bereits leer war. »Ich habe ihn gefragt, ob er sie schon gelesen hat.«
»Und?«
»Was ich schon erzählt habe«, erwiderte Danny. »Diese Sache mit durchtriebener Situationskomik.«
»Was hat er noch gesagt?«, bohrte Ivy.
»Das war alles.«
»Nichts darüber, wann er sich melden will?«
»Bestimmt bald. Entspann dich.«
Ivy entspannte sich. Ja, warum nicht? Es tat gut, sich zu entspannen.
Danny erzählte eine witzige Geschichte von einem kürzlichen Flug nach Taipeh, einem gestressten Flugbegleiter und einer Schmusetarantel auf freiem Fuß in der ersten Klasse. Die Ente – ja, tatsächlich eine ausgezeichnete Wahl – kam und wurde abserviert. Ebenso eine weitere Flasche Champagner.
»Hast du schon mal daran gedacht, Romane zu schreiben?«, fragte Danny.
»Natürlich.«
»Irgendwelche Ideen?«
»Ich hatte eine«, sagte Ivy.
»Ich bin ganz Ohr«, versicherte Danny und schenkte nach.
»Sie ist nicht ausgereift.«
»Ich werde das berücksichtigen.«
Ivy hatte noch nie jemandem davon erzählt, nicht mal Joel. Aber … aber wenn die Dinge für sie wirklich liefen, warum nicht? Warum zum Teufel sollte sie sich zurückhalten? Sie
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