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German Angst

German Angst

Titel: German Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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Kugelschreiber aus der Tasche.
    »Wo waren Sie am Tag der Sonnenfinsternis zwischen acht Uhr morgens und nachmittags gegen drei?«, fragte er Rossi.
    »In der Arbeit. Wollen Sie das überprüfen? Warum?«
    »Routine.«
    »Natürlich.« Er nannte die Adresse der Filiale und fügte hinzu:
    »Ich werd Ihnen sagen, warum Frau Ries meinen Namen verschwiegen hat. Ich habs ihr verboten. Als wir uns kennen lernten, lief gerade meine Scheidung und ich wollt nicht, dass jemand erfährt, ich hab eine neue Frau. Und unser Verhältnis ist immer noch… eher geheim, weil… Der Anwalt meiner Exfrau ist hinter mir her, es geht um Geld, das sie verlangt… Ich finde es besser, wenn niemand was von uns weiß, verstehen Sie das?«
    »Frau Horn wusste es?«, fragte Süden.
    »Nein«, sagte Rossi, »ich habe mich als Bankkunde von Frau Ries gemeldet, wie einige andere vor mir ja auch. Sie hatte… sie hat keine Ahnung, dass wir… zusammen sind, Frau Ries und ich…«
    Süden sah die beiden an: ein Paar, das nicht eingespielt ist, die Frau im vorauseilenden Gehorsam, der Mann, der abwiegelt. Was hält sie zusammen? Sex, er kommt, um mit ihr zu schlafen, sie rechnet nicht mit ihm, aber sie lügt für ihn…
    »Die Privatangelegenheiten Ihres Liebhabers sind Ihnen wichtiger als das Schicksal Ihrer alten Bekannten«, sagte er.
    »Nein«, sagte sie schnell, »das ist nicht wahr…« Süden verabschiedete sich.
    Kaum hatte er die Wohnung verlassen, traf Helga der erste Schlag mitten ins Gesicht.

4   16. August, 14.29 Uhr
    W oher er plötzlich den Bügel hatte, begriff sie nicht, und als der Bügel auf ihrem Hinterkopf zerbrach, rieb sie bloß leicht mit der Hand über die Stelle, obwohl der Schmerz ihr beinah den Kopf sprengte. Rossi prügelte und schrie immer weiter.
    »Du saudumme Kuh! Du Schlampe! Warum hast du nicht ordentlich geantwortet? Warum hast du den Polizisten angelogen, du verblödete Kuh?«
    »Ich wollt nicht, ich wollt nicht«, stammelte sie. Sie brachte die Arme nicht hoch, sie war zu langsam, immer wenn sie sie heben wollte, knallte schon seine Hand auf ihren Kopf, auf ihr Ohr, auf ihre Nase. Sie blutete und sah das Blut auf den Teppich tropfen, ganz deutlich sah sie es aus ihrem Gesicht tropfen, Tropfen für Tropfen, und dann knallte sie mit dem Kopf gegen den Schrank, gegen die unterste Schublade, denn sie kroch nur noch über den Boden, während Rossi den Gürtel aus der Hose zog und ihn auf ihren Rücken schnalzen ließ, dass sie glaubte zu zerbrechen.
    »Wegen dir hab ich die Polizei am Hals, weißt du, was das bedeutet?«
    »Nein«, wimmerte sie, »nein, was… du hast gesagt, ich soll…«
    »Was hab ich gesagt?«, schrie er und peitschte sie mit dem Gürtel. Sie bekam kaum noch Luft zwischen den Schlägen, sie hörte es pfeifen und dann klatschte der Ledergurt auf ihren Nacken, auf ihre Hände, die sie schräg nach oben hielt, sinnlos schräg nach oben.
    »Du hast gesagt, ich soll nichts sagen…« Sie keuchte und schmeckte Blut im Mund, metallisch schmeckte es, metallisch und warm.
    »Du verdammte Schlampe!«, schrie er auf sie hinunter. Sie duckte sich, kroch auf allen Vieren am Schrank entlang wie an einer schützenden Mauer, aber es war keine schützende Mauer, die Schläge zischten weiter auf sie herab und ihre Bluse war zerrissen und ihr Rock rutschte runter und sie schämte sich, aber die Schmerzen waren stärker als die Scham. »Wenn du alles versaut hast, bring ich dich um! Ich prügel dich tot, hast du das verstanden? Hast du das verstanden! «
    »Ja«, sagte sie leise, »bitte aufhören, hör auf, ich weiß doch gar nicht, was los ist, was ist denn los…«
    »Du weißt nichts, aber du lügst die Polizei an, du Nutte!«
    Zwischen den Schlägen vergingen keine fünf Sekunden, Helga Ries krümmte und wand sich, schleppte sich auf dem Bauch durchs Zimmer, immer im Kreis, um Rossis Beine herum, die sich mitdrehten, sie sah die Hosen schlackern, die Hosen schlackern, dachte sie verwirrt und dann traf der Gürtel sie mitten auf dem Kopf und er drückte ihr Gesicht auf den Teppich und die Berührung war wie ein Aufprall, sie dachte, ihre Nase würde brechen, und sie rollte sich schnell zur Seite, versteckte den Kopf unter einem Stuhl und zog die Beine an, die sie nicht mehr spürte.
    Dann war es still. Sie lauschte. Zaghaft horchte sie unter dem Stuhl, ob Schritte zu hören waren oder ob ein Sirren in der Luft lag. Alles, was sie hörte, war ein Rasseln, und das kam aus ihrem Mund, von irgendwo aus ihrem Mund.

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