German Angst
Kapiert?«
»Ich hab plötzlich Angst gekriegt«, sagte sie leise.
»Für Angst ist es zu spät und Schluss!«
Sein Handy klingelte. »Wahrscheinlich wieder der Herbert, seine Alte muss schon eine Stunde früher ins Krankenhaus. Der würd ich schon zeigen, wie… Hallo?«
Er verstummte und hörte zu. Dann kratzte er sich mit dem Apparat am Ohr, hörte wieder zu und sagte:
»Hundedreck!«
Für die Spurenanalytiker des Ermittlungsdienstes handelte es sich bei dem roten Fahrzeug, das Maja am Tag der Entführung vor Natalia Horns Haus gesehen hatte, mit hoher Wahrscheinlichkeit um einen Nissan Primera. Das hatte die Auswertung der Reifenspuren und die physikalische Untersuchung einiger Lacksplitter ergeben, die die Fahnder am Gartentor entdeckt hatten. Offenbar wies der Wagen eine Roststelle auf, wo der Lack abblätterte.
»Die Kollegen klappern die Händler ab«, sagte Funkel, »und ich hab die Kollegen von der Streife angewiesen, die Augen offen zu halten.«
Er gab Florian Nolte zwei Kopien des Phantombildes.
»Sie fangen am Hauptbahnhof an und fahren anschließend zu den beiden Zentralen der Taxigesellschaften. Und denken Sie dran, wir suchen einen Zeugen, keinen Verdächtigen! Achten Sie genau auf die Reaktionen der Leute! Sie nehmen den Kollegen Krust mit und arbeiten so schnell wie möglich und so gewissenhaft wie nötig. Sie finden was!«
»Okay«, sagte Nolte und verabschiedete sich. Drei Zimmer weiter wartete Andy Krust schon auf ihn.
»Wir zwei mal wieder«, sagte Krust zur Begrüßung.
»Beeilung«, sagte Nolte. Er dachte nichts anderes als: Wie häng ich den Typen für eine Minute ab, verdammt! Die Taxis stehen unten praktisch vor der Tür und wenn gleich der erste Fahrer den Kerl erkennt? Kauft dieses Arschloch eine Schreibmaschine, die ein Sammlerstück ist, so beknackt muss man erst mal sein!
Sie gingen die Treppe hinunter.
In seinem Büro besprach Funkel mit Thon und Weber die Möglichkeiten, den Maulwurf zu enttarnen. Funkel hoffte immer noch, dass Sadlows Verschwinden andere Gründe hatte.
Aber es war eine brüchige Hoffnung und er glaubte auch nicht wirklich daran. Bisher, in fast fünfunddreißig Dienstjahren, hatte er nie auch nur in Erwägung gezogen, einen Judas als Kollegen zu haben. Natürlich drangen manchmal Informationen nach außen, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt waren. Doch das waren immer Bagatellen, ein Beamter wollte sich wichtig machen oder hatte einen besonders guten Draht zu einem bestimmten Journalisten, kein Anlass jedenfalls, um eine Fahndung gefährdet zu sehen. Diesmal, dachte Funkel, geht es um ein Todesurteil, nicht nur für einen Menschen, sondern für eine ganze Institution, für das Dezernat 11 und die Polizei insgesamt. Wenn sie den Verräter nicht rechtzeitig entdeckten, würden die Leute sie kreuzigen, und sie hätten Recht damit.
»Wir überprüfen die Mitgliedschaft in rechtsradikalen Parteien und Gruppierungen«, sagte Funkel. »Ich weiß, wie dünn das Eis ist, wir haben keine andere Wahl. Und wir machen eine Liste mit Namen von Kollegen, die wir definitiv ausschließen.«
»Da weigere ich mich«, sagte Thon. »Wir waren uns einig, dass wir alle Kollegen gleich behandeln.«
»Ich bin für die Liste«, sagte Weber entschlossen.
»Wir haben keine Zeit, Volker«, sagte Funkel. Er nahm ein Blatt Papier und einen Kugelschreiber und setzte sich an den Fenstertisch. »Fang an, Paul!«
Zwei Stockwerke tiefer traten Nolte und Krust aus dem Gebäude auf die Bayerstraße.
Nolte hielt seinen Kollegen am Arm fest: »Ich muss meine Freundin anrufen, die hat heut Geburtstag, das hab ich vergessen, Mann!«
»Das ist schlecht«, sagte Krust.
»Wart schnell, dauert nur eine Minute!« Nolte riss die Tür einer Telefonzelle auf, zog sie von innen zu und suchte hastig nach seiner Telefonkarte. Krust wunderte sich kurz, warum Florian nicht sein Handy benutzte, aber dann betrachtete er das Phantombild und überlegte, ob er den Mann vielleicht schon einmal gesehen hatte.
Nolte hatte das Telefongespräch beendet, tat aber so, als würde er weitersprechen. Er stand mit dem Rücken zur Tür und verdeckte den Apparat. Jede Minute kann wertvoll sein, hatte Rossi gesagt, also wartete er ab.
»So sieht es aus und Sie haben einen Fehler gemacht, Herr Scholze«, sagte Rossi ins Telefon. »Ich dachte, ich kann mich hundertprozentig auf Sie verlassen, aber das war ein Irrtum. Ihre Dummheit kann unsere Aktion zunichte machen, verstehen Sie das? Und das Blöde für
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